RNI Memories
Erinnerungen
von Hans Knot

RNI Memories (Teil 13)
Die Wagen in den Kampf
von Hans Knot

Einige britische Seesender verfügten schon in den 60er Jahren über eigene Auto-Rennställe, mit denen sie an verschiedenen Rennen auf diversen Strecken in England teilnehmen konnten. Anfang der 70er Jahre fand dieses Phänomen auch auf der niederländischen Seite der Nordsee Nachahmer: Sowohl die Seesender Radio Veronica und Radio Caroline als auch Radio Nordsee International wurden in diesem Sport aktiv. Radio Veronica sponserte außerdem das Eishockeyteam HIJS aus Den Haag und den (schon zur damaligen Zeit im Profifußball tätigen) Fußballverein Volendam. Hierdurch hatten die Sportvereine nicht nur einen Sponsor, sondern, da ihre Aktivitäten ausführlich in den Radioprogrammen besprochen wurden, auch noch eine gut laufende PR-Maschine. Wie also sah das aus rund um die Auto-Rennställe der Radiosender...? 

Anfang 1973 konnte man über den niederländischen RNI-Service zum ersten Mal die Reklame für das Radio Nordsee Datsun Racing Team hören. Während des Zuhörens gingen meine Gedanken sofort in die Mitte der 60er Jahre zurück, als Radio London und Radio Caroline über ihre eigenen Racing Teams verfügten. Vor allem das Team von Radio London brillierte regelmäßig auf der Rennbahn von Brands Hatch. Auf dem Sender selbst lief ein Programm über diesen schnellen Sport. Der bekannte Rennfahrer Sterling Moss moderierte auf Radio London nämlich das Programm »Racing with Moss«, in dem er allerlei Neuigkeiten über die Rennfahrerei zum Besten gab. 

Radio Nordsee folgte dem guten Beispiel und präsentierte am Donnerstag, dem 5. April 1973, offiziell das Radio Nordsee Datsun Racing Team. Zufällig hatte ich einiger Wochen zuvor die Möglichkeit gehabt, einen der zukünftigen Rennwagen in Augenschein zu nehmen. Dabei handelte es sich um den Datsun Sunny von Rob van der Dong, der vor der ehemaligen Garage seines Vaters am Stationsweg im Groninger Haren geparkt war. Anfang 1973 kam ich dort häufiger vorbei, wenn ich auf dem Wege von Groningen nach Naarden war, wo ich regelmäßig die prächtige Niederlassung De Boeren Hofstede besuchte. Dort waren nämlich die Studios von Radio Nordsee an Land angesiedelt.

Genauso zufällig war ich auch bei der groß aufgemachten Präsentation des Racing Teams anwesend. Die öffentliche Aufmerksamkeit war groß, denn mit der Erweiterung des bereits seit einigen Monaten bestehenden Teams gehörte das Team van Datsun urplötzlich zu den größten Rennställen der Niederlande. Durch die Erweiterung bestand das Team aus drei Rennfahrzeugen, drei Rallyeautos und zwei Rallyecross-Wagen. Man war nicht eher auf den niederländischen Rennstrecken aktiv gewesen, obwohl die verschiedenen Rennfahrer bereits die nötige Erfahrungen auf dem Gebiet des Rallyefahrens (London-Mexiko Race, Safari Race und TAP-Rallye) gesammelt hatten. Aber darüber später mehr.

Natürlich lagen dem Unternehmen auch kommerzielle Interessen zu Grunde. Der japanische Autofabrikant Datsun hatte 1973 innerhalb der niederländischen Autobranche einen kleinen Marktanteil von vier Prozent. Mit Hilfe der Gründung dieses neuen Teams wollte man auch ein wenig zeigen, dass der Konzern weltweit im Wachstum befindlich war. Die Anwesenheit der Marke auf den Rennbahnen, so die Idee, würde dies zum Ausdruck bringen können. Die Absicht bestand auch darin, dem Publikum zu zeigen, dass man mit den Autos von Datsun mehr tun kann als nur auf der Straße fahren. Man wollte beweisen, dass die Marke auch auf den Rennstrecken und Rallyetouren „ihren Mann stehen“ konnte.

Hinzu kam, dass der Niederländische Auto Verein (NAV) zu jenem Zeitpunkt den Betrieb der Rennstrecke von Zandvoort auf sich genommen hatte. In diesem Verein sah die niederländische Direktion des Datsun-Konzerns unter Leitung von Marketingmanager Waringa die Förderung des Rennsports verwirklicht. In den echten Datsun-Rennwagen, dem 240-Z, fuhren die Rennfahrer Rob Janssen und Hans Ernst. Sie traten in der Tourenwagenklasse 2 an, die zu diesem Zeitpunkt aus dem Gesichtspunkt der Publicity gesehen am attraktivsten war. Außerdem gab es den Datsun Cherry - man hört Ferry Maat diese Marke noch in seinen Reklamespots aussprechen - gefahren von Theo Koks.

Als Mit-Sponsoren hatte Datsun die Reifenfirma Dunlop und den Ölkonzern Castrol gewonnen, um das teure Unternehmen mit zu finanzieren. Dadurch wurde es zugleich möglich, ein besseres Team zusammenzustellen. Als Kopilot von Koks wurde André Jetten verpflichtet, der früher einmal niederländischer Meister gewesen war. Die beiden traten in der 1600 SS Klasse an, genauso wie ein anderes Datsun-Team, das der Gebrüder Bijvelds. Außerdem bestand das Team aus Hans Ernst und Rob van der Dong, die unter anderem beim Rallyecross aktiv waren, und aus Han Tjan und Dick Buwalda, die in einem Datsun 1200 Coupé die Siegerlorbeeren zu holen versuchen.

Der damals schon bekannte Hans Grimmelt fungierte als Teammanager. Dabei wurde er durch ein technisches Team, bestehend aus Henk van Zalingen, Gerrit van Zijderven und Rob Janssen, unterstützt. Bis zum Ende der Sendeaktivität von Radio Nordsee International am 31. August 1974 wurden mit großer Regelmäßigkeit verschiedene Wettbewerbe angekündigt. Wenn man allerdings die diversen Programmbänder heute wieder anhört, dann wird man nirgends die Resultate der Wettbewerbe zu hören bekommen. In diesem Punkt scheiterte Radio Nordsee deutlich!

Es drängt sich die Frage auf: War das Team nun eigentlich erfolgreich? Ein Telefongespräch mit Rob van der Dong brachte uns, 26 Jahre später, die Antwort: „Ohne weiteres. Durch das Racing Team wurde der Markenname Datsun deutlich bekannt, wodurch der Marktanteil stark wuchs. Nach dem Ende der Sendetätigkeit von Radio Nordsee International fiel das Team auseinander. Ich selber bin dann für das Racing Team, das durch Randstad Uitzendbureau gesponsert wurde, gefahren. Das war damals eine deutliche Positionsverbesserung. Hans Ernst ist in der Rennfahrerei aktiv geblieben und ist gegenwärtig Direktor der Rennbahn in Valkenswaard.“

Rob van der Dong kann auch nicht klagen, denn er steht heutzutage an der Spitze eines der größten Autowerkstattbetriebe im Norden der Niederlande.

Original-Titel: "De wagens in de strijd"
Fotos: © Archiv Hans Knot

Aus RADIOJournal 6/2004