Best of Story
Das Beste aus 20 Jahren RADIOJournal

Mit 10.000 Watt auf Sendung -
Raggae für die ganze Karibik

Die Anreise war beschwerlich: Düsseldorf - Paris, dann in den nächsten Flieger. Acht Stunden bis Guadeloupe und noch einmal umsteigen in eine kleine, sehr altertümlich anmutende deHaveland Otter, sicher mehr als 20 Jahre auf dem Buckel, aber was soll es. Die übrigen Passagiere an Bord versuchen es ja schließlich auch. Bereits nach 20 Minuten, der Pilot legt gerade die Zeitschrift aus der Hand, erhebt sich ein Eiland aus dem Meer, das an eine große Echse erinnert. Tiefe Furchen durchziehen die hohen Berge, aus allen Ecken quillt Wasser. Insgesamt 300 Flüsse und Bäche entspringen hier. Die Insel misst nur 46 km in der Länge und 25 km in der Breite. Auf ihr leben rund 73.000 Einwohner, davon sind 3.000 indianischer Abstammung.

Gemeint ist Dominica - »The Nature Island of the Caribbean«, nicht etwa die Dominikanische Republik. Gleichwohl liegt auch Dominica in der Karibik, zwischen den französischen Departements Martinique und Guadeloupe und gehört zu den Antillen, den kleinen. Im Gegensatz zu vielen Nachbarinseln ist Dominica unabhängig, Pauschaltouristen gibt es hier kaum, wenn man von den Tagesausflüglern der Kreuzfahrtschiffe einmal absieht. Die Wasserwelt und der dichte Urwald sind so gut wie unberührt. Die Vogelwelt mit rund 160 Arten auf einer derart kleinen Insel nahezu einmalig.

Auf einer Anhöhe der Hauptstadt Roseau steht die Radiostation von DBS »Dominica Broadcasting Service«. Insider behaupten, daß die Abkürzung für »Dominica’s Best Sound« steht, wie mir schon am Empfang versichert wird. DBS ist erst seit 1976 auf Sendung, vor der Unabhängigkeit von Großbritannien versorgte WESS and Radio Dominica die Insel mit Informationen und Musik. DBS gilt zwar heute noch als Staatssender, der Premierminister ist gleichzeitig Informationsminister und bestimmt den General-Manager der Radiostation. Von der Regierung oder dem Parlament erhält DBS jedoch keinerlei direkte Zuwendungen, auch wenn beide Gebäude unmittelbar gegenüberliegen.

Aufgrund der schwierigen Oberflächenstruktur des Inselstaates sendet DBS auf fünf FM-Frequenzen rund um die Uhr und schafft die vollständige Versorgung ihrer geschätzten 50.000 einheimischen Hörer nur mit einem 10 Kilowatt starken AM-Transmitter von Harris Int. aus den USA. Eine zweite, in den Bergen von Hillsborough gelegene Anlage liegt aus finanziellen Nöten auch weiterhin still. 

Von der starken Sendeanlage profitieren die auf den umliegenden Inseln, im Ausland arbeitenden Dominicaner und Empfangsspezialisten selbst in Europa. Empfangsberichte werden zwar nicht mit einer QSL-Karte beantwortet, dafür aber mit einem persönlichen Brief.

Bei der DBS arbeiten insgesamt 43 Personen (inklusive der Gärtnerin), drei Studios stehen zur Verfügung, wobei das technische Equipment noch überwiegend aus der Gründungszeit stammt. Für die Nachrichten wird auf die Caribbean News Agency, reuthers und die BBC zurückgegriffen. Ein 15minütiger Nachrichtenblock der BBC für die Karibik wird ohnedies vollständig übernommen.

Richtig emporschnellen tut die Einschaltquote bei der Ted Daley-Show »Drive Time« zwischen 15.30 und 18.00 Uhr Ortszeit. Ted Daley (im Bild oben) ist nämlich nicht irgendwer, sondern der Star D.J. von DBS. Ted Daley über sich selbst: „I put a lot of attention on the Caribbean and try to foster love thru the music”. Schade nur, dass der Betrieb auf AM 595 kHz um 3.00 UTC (= 5.00 MESZ) eingestellt wird und Empfangsmöglichkeiten ohnehin den Mittelwellenspezialisten vorbehalten bleiben.

Nils Gründel
Fotos: © Nils Gründel
www.dbcradio.net

Aus RADIOJournal 5/1998