Best of Story
Das Beste aus 20 Jahren RADIOJournal

»Sie hören die Stimme der Hoffnung« - Aus der Arbeit des adventistischen Medienzentrums

Günther Machel ist seit fünf Jahren Geschäftsführer der Stimme der Hoffnung (SDH). Er leitet die Geschicke des - wenn man so will - ältesten deutschen Privatsenders, der seit 1948 christliche Sendungen in deutscher Sprache produziert. Doch nicht nur die adventistische Radioarbeit ist in Darmstadt-Eberstadt beheimatet, sondern auch eine Blindenhörbücherei, ein Cassetten- und Videoversand, ein Bibelstudien-Institut und erste kleine Einrichtungen für einen Fernsehdienst der Kirche. „Rund 20 Personen arbeiten in den verschiedenen Abteilungen hier im Haus”, sagt Günther Machel. Es war ursprünglich ein Wohnhaus und aufgrund der Expansion der Tätigkeiten platzt es heute stellenweise  aus den Nähten.

Von zentraler Bedeutung ist natürlich der Hörfunk. Günther Machel erzählt von den Anfängen der Arbeit, als nach dem zweiten Weltkrieg deutschsprachige Sendungen als Ableger des US-amerikanischen Radiomissionswerkes „Voice of Prophecy” gegründet wurden. Sendezeit wurde bei Radio Luxemburg angemietet. Der damalige Sprecher, Max Busch, musste zur Aufnahme der Sendungen nach Paris fahren, da hierzulande kein Studio zur Verfügung stand.

Drei Männer, die die ersten sechszehn Jahre der Stimme der Hoffnung prägten: Max Busch (zweiter von rechts), Erwin Berner (dritter von rechts) und Oswald Bremer (links).

Anfang der siebziger Jahre entdeckten die Adventisten die Kurzwelle für sich: Sines in Portugal, Andorra, Italien, Russland und die Slowakei waren die Staaten, von denen aus Adventist World Radio (AWR), der weltweit tätige Radiozweig der Kirche, und die Stimme der Hoffnung als nationaler Partner ihre Programme abstrahlten.

Die Stimme der Hoffnung ist ein eingetragener Verein, der von der Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten, so die genaue Bezeichnung der Kirche, getragen wird. Die Organisationsstruktur der Gemeinschaft fasst mehrere Ortsgemeinden zu „Vereinigungen” zusammen, diese wiederum zu „Verbänden”, von denen es in Deutschland zwei gibt: einen Verband für Süddeutschland und einen für Norddeutschland. Alle Verbände in Europa sind in Kontinentalen Arbeitsgemeinschaften, 'Divisionen' genannt, zusammengeschlossen. Das Darmstädter Medienzentrum ist nun direkt der Division für Mittel­, Süd­ und Osteuropa mit Sitz in Bern verantwortlich, da es für den gesamten deutschsprachigen Raum zuständig ist. Für die Arbeit steht ein Jahresbudget von ein bis zwei  Millionen Euro zur Verfügung, die weitgehend durch freiwillige Spenden und der einmal im Jahr stattfindenden Kollekte am „Tag der Stimme der Hoffnung”  erwirtschaftet werden.

Redakteur Hartmut Wolf bei der Produktion einer Sendung.

Die Dachorganisation der adventistischen Radioarbeit ist Adventist World Radio (AWR); dessen europäische Zentrale befindet sich in London. AWR ist für die Abwicklung aller internationaler Radioausstrahlungen zuständig und verhandelt mit den jeweiligen Sendebetreibern. Für die Programminhalte der Kurzwellen- und Satellitensendungen ist ein dreiköpfiges Team verantwortlich. Es besteht [1998] aus Werner Renz, Hartmut Wolf und Friedemann Mahlhus. Letzterer war vor seinem Dienst in Darmstadt lange Jahre Leiter der „Friedensauer Bild- und Tonstelle”, in der die Medienarbeit der Gemeinschaft in der DDR getan wurde. Die Redakteure erstellen eine halbe Sendestunde am Tag. Zielgruppe der Sendungen und deren Inhalte seien nicht in erster Linie die Adventisten. Günther Machel dazu: „Die Stimme der Hoffnung will auf den Markt, wir wollen, dass möglichst jeder uns hört.” Dabei verstehe man sich nicht als dezidiert adventistischer, sondern als christlicher Programmanbieter. In der Gesellschaft habe das Wissen um die gemeinsame christliche Lehre stark abgenommen. Deshalb sollen die Programme so gestaltet sein, dass sie sich an die nicht-christlichen Hörer richten. Ihnen will man christliche Sichtweisen zu den Problemen unserer Zeit vermitteln, ihnen Ratschäge zur Erhaltung der Gesundheit geben und vieles mehr. Auch gehe es nicht um die Lehrmeinungen, die die Adventisten von den Volkskirchen und den anderen Freikirchen unterscheidet, wie zum Beispiel die Heiligung des Sabbats, also des Samstages. „Was soll ein Arbeitsloser, für den jeder Tag ein 'Ruhetag' ist, von einer Sendung zu diesem Thema halten?” bringt es Geschäftsführer Machel auf den Punkt.

Mit einem rollenden Video­,  Kassetten­ und CD-Shop ist Ralf Brunotte
auf Veranstaltungen anzutreffen.

Auf seinem Schreibtisch findet Werner Renz heute zwei Briefe, die auf eine seiner Sendungen eingegangen sind. Etwa 20 Prozent seiner Arbeit, so schätzt er, besteht aus der „Nachbearbeitung” der Radioprogramme, also aus der Hörer-Korrespondenz, letztendlich aus individueller Seelsorge. In den Zuschriften geht es oftmals „um's Eingemachte”, um sehr private Probleme der Hörer, um Fragen nach Partnerschaft und Sexualität etwa, die es zu beantworten gilt.

Ein anderes Redaktionsteam ist für die SDH-Sendungen auf UKW zuständig. Mit dem „Medienpolitischen Urknall” im Jahre 1984 erweiterten die Adventisten ihr Betätigungsfeld in Richtung der „neuen”, privaten Medien. So war man als Anbieter auf einem der Kabel-Hörfunkkanäle des Pilotprojekts Ludwigshafen mit von der Partie. Im Laufe der Zeit gründeten sich in verschiedenen Bundesländern Radioteams und Initiativgruppen, die vor Ort die adventistische Radioarbeit aufbauten. Heute sind es rund 20 Gruppen, die allesamt unabhängig sind, jedoch von Darmstadt aus unterstützt werden. Somit können beispielsweise Hörer in verschiedenen Städten Nordrhein-Westfalens adventistische Programme im Bürgerfunk hören, in anderen Regionen nutzt man die Möglichkeiten, die die Offenen Kanäle oder der Nichtkommerzielle Lokalfunk bietet, in Nürnberg hat man ein eingenständiges sonntägliches Magazin namens „Pray 92,9” auf UKW. Außerdem beliefert die Darmstädter Zentrale das christliche Radio Paradiso in Berlin mit Beiträgen und Programmblöcken. Weitere UKW-Programme laufen auch in Österreich, Frankreich und Italien.

Die klassische Arbeit auf Kurzwelle erfuhr im Jahr 1997 eine einschneidende Veränderung. Die Stimme der Hoffnung und Adventist World Radio beschlossen, die KW-Ausstrahlungen über den leistungsstarken Sender in der Slowakei einzustellen. Übrig blieb nur der kleine AWR-eigene Sender im norditalienischen Forlí, dessen Empfang hierzulande in der Regel eher mäßig war. Hintergründe für die Entscheidung waren die gestiegenen Preise für den slowakischen Sender und die Aussichten, in Argenta (Italien) eine eigene, leistungsstarke Station errichten zu können. Während letzteres Vorhaben erst in etwa zwei Jahren hätte verwirklicht werden können, beschloss man Europa über Satellit zu erreichen. Hierfür bot sich die Beteiligung am Programmbouquet von World Radio Network (WRN) in London an. Im Januar 1998 startete dieser Dienst, und seither waren zwei Halbstundenprogramme auf WRN Deutsch und zwei weitere in Englisch auf WRN 1 zu hören. Hinzu kam die Möglichkeit, via WRN im RealAudio-Verfahren auf der internationalen Datenautobahn präsent zu sein. Letzteres mit positiven Rückmeldungen: Günter Machel berichtete von Hörern aus Nordamerika und Australien, die sich schon für die gehörten Internet-Programme bedankt haben.

Im Zusammenhang mit der Kurzwelle gehen die Verantwortlichen in Darmstadt von einer Nische mit nicht mehr steigerbaren, gleichwohl aber festen Hörerzahlen aus. Natürlich habe die Reduzierung der KW-Sendungen auch negative Reaktionen seitens mancher DXer und KW-Hörer hervorgerufen. Diese Hörergruppe nimmt man sehr wohl ernst - so hält der SDH-Mitarbeiter Lothar Klepp die interessante Broschüre „Kurzwelle - nicht nur für DXer” bereit und beantwortet gerne Fragen zur Empfangstechnik. 

Erste Schritte zum Aufbau eines eigenen Fernsehdienstes wurden in Darmstadt am 6. Juni 1998 gemacht. An diesem Festtag zum 50-jährigen Jubiläum wurden der Gottesdienst und die nachmittägliche Feierstunde über den Satelliten „Intelsat K” an adventistische Gemeinden im gesamten deutschsprachigen Europa übertragen. Die Reaktionen seien durchweg positiv gewesen. „Wir haben die Anforderungen technisch und gestalterisch gut lösen können”, sagt Geschäftsführer Günther Machel. 

Beim Rundgang führt er die Videoschnittplätze vor; Kameras werden derweil von einigen Mitarbeitern auf ihre Tauglichkeit getestet. Ähnlich wie bei der Satellitenevangelisation „Pro Christ” will man zukünfitg weitere TV-Ausstrahlungen für einen geschlossenen Nutzerkeis durchführen. „Natürlich wollen wir die Radioarbeit, die wir seit 50 Jahren betreiben, auf keinen Fall aufgeben oder auch nur vernachlässigen.” Mit diesem Bekenntnis zum Radio ist die Einladung zum Hören der Sendungen verbunden.

Kleine Chronik 1948 bis 1998

  • 1948: Nach der Idee von H.M.S. Richards, dem Gründer der Voice of Prophecy in Amerika, beginnt die adventistische Radioarbeit in Deutschland. Max Busch wird erster Leiter der STIMME DER HOFFNUNG (SDH) in Berlin-Zehlendorf. Die Sendungen werden in Paris produziert und über Radio Luxemburg auf Langwelle ausgestrahlt. Aufgrund der Hörerreaktionen wird auch eine Bibelkorrespondenzschule (BKS) mit einem kostenlosen Bibelfernkurs eingerichtet.
  • 1956: In der DDR wird die Friedensauer Bild- und Tonstelle gegründet. Sie beliefert Gemeinden in der DDR, Tschechoslowakei, Polen und Afrika mit vertonten Bilderserien und Audiokassetten. Friedemann Mahlhus beginnt die Arbeit und übernimmt später die Leitung.
  • 1959: Umzug der SHD nach Darmstadt auf die Marienhöhe. Die Sendungen werden im eigenen Studio produziert.
  • 1960: Erwin Berner übernimmt die Leitung der STIMME DER HOFFNUNG. Oswald Bremer betreut die Hörer und die Teilnehmer der BKS (später Wilhelm Räcker).
  • 1964: Die von Tristan Böttcher gegründete adventistische Blindenhörbücherei wird in die SDH eingegliedert (verantwortlich: Stefan Woysch). In der DDR wird auch eine Blindenhörbücherei gegründet.
  • 1965: In der DDR werden die Friedensauer Bibellehrbriefe (FBL) von Wilhelm Czembor gegründet (spätere Leiter: Werner Schulz, Konrad Edel, Hartwig Lüpke).
  • 1966: Erwin Kilian wird Leiter der STIMME DER HOFFNUNG. Zwei Jahre später Umzug in die heutigen Büro- und Studioräume Am Elfengrund 66.
  • 1971: Erste Kurzwellen-Sendungen über Radio Transeuropa (Sines, Portugal). In der Adventkapelle Saarbrücken wird ein Tonstudio eingerichtet. Ein Übertragungswagen wird angeschafft. Es entstehen neue Bibellehrbriefe (Die Bibel spricht), sowie erstmals eigene Kassetten für den Verkauf. Die Aufgaben in der SDH werden umfangreicher, deshalb wird Heinz Hopf Leiter der Rundfunkabteilung mit Informationsblatt und der Blindenhörbücherei und Helmut Ehrle Leiter des Bibelfernunterrichtes und der Musikproduktionen. Die Auflage des Informationsblattes steigt in dieser Zeit von 36.500 auf über 100.000 Exemplare.
  • 1978: Arno Patzke übernimmt die Leitung der STIMME DER HOFFNUNG.
  • 1984: Erste Sendungen werden über private Rundfunkanstalten (UKW) gesendet.
  • 1987: Der neue Bibelfernkurs „Start ins Leben” (Impulse) erscheint und die BKS bekommt einen Namen: Internationales Bibelstudien-Institut (IBSI).
  • 1988: Die erste Blindenfreizeit der SDH findet in Freudenstadt statt. In verschiedenen Gemeinden werden Radiogruppen gegründet, die über UKW-Regionalfunk eigene Sendungen ausstrahlen.
  • 1990: Radio Moskau strahlt Kurzwellensendungen der SDH über die ehemaligen kommunistischen Sendeanlagen aus.
  • 1992: Die Bild- und Tonstelle der Blindenhördienst und der Bibelfernunterricht aus der DDR werden in die SDH Darmstadt eingegliedert.
  • 1993: Günther Machel wird Leiter der STIMME DER HOFFNUNG.
  • 1994: Video-Produktionen werden ein fester Bestandteil der Arbeit der SDH.
  • 1997: Die SDH wird Internet-Anbieter.
  • 1998: Erste Radiosendungen werden über Satellit ausgestrahlt. Der 6. Juni ist der Startschuss für die SDH für Live-Bild-Übertragungen per Satellit aus Deutschland.

Mit einer Festveranstaltung beging die adventistische STIMME DER HOFFNUNG in Darmstadt am 6. Juni 1998 ihr 50-jähriges Bestehen. Erstmals schloss man für diese Veranstaltung 150 Gemeinden über Satellitenfernsehen an das Geschehen an.

Thomas Völkner
Fotos: © Thomas Völkner; Stimme der Hoffnung
www.stimme-der-hoffnung.de

Aus RADIOJournal 9/1998

• Die deutschsprachige Halbstunden-Sendung kommt nicht mehr über World Radio Network (WRN). Aus Kostengründen wurde die Kurzwellenabstrahlung des deutschsprachigen Programms Ende März 2007 eingestellt. Stattdessen wurde das 24-stündige Radioprogramm von HOPE-Channel über Satellit und Internet ausgebaut. Programminformationen sind auf der Hope Channel-Webseite abrufbar. Hier gibt es auch einen Audio- und Videostream der Hörfunk- und TV-Sendungen: www.hopechannel.de

• Ein neues Medienzentrum in Alsbach-Hähnlein (Landkreis Darmstadt-Dieburg) wurde am 3. März 2007 eingeweiht.