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RADIO DONNERSBERG: Ein engagiertes, freches, bürgernahes Lokalprogramm

Wer im verträumten Residenzstädtchen Kirchheimbolanden am Donnersberg - gelegen zwischen Kaiserslautern und Mainz - den versteckten Eingang an der Seite des historischen Vorstadturms gefunden hat, durch ihn hindurch die Treppen hinaufsteigt, vorbei an einer Bierstube und einem Feinschmeckerlokal, erreicht auf gewundenen Wegen etwa zwölf Meter über der Straße die letzte Tür im Turm.

Auf einem Schild lacht ein mit Kopfhörer ausgestatteter Typ entgegen, mit einem Nagel auf einer Schallplatte kratzend. Hinter der Tür ist das Sendestudio für einen der kleinsten Radiosender der Nation. Radio Donnersberg versorgt die knapp 7.000 Einwohner zählende Kreisstadt Kirchheimbolanden über Breitbandkabelnetz mit einem lokalen Hörfunkprogramm.

Das Studio hinter den über einen Meter dicken Mauern aus vergangenen Jahrhunderten ist klein und vollgestopft mit allerhand technischem Gerät, das für die Sendungen benötigt wird. Kernstück ist ein hufeisenförmiges Pult, an dem entweder ein Techniker die Sendung für einen Moderator, der davor an einem runden Tisch sitzt und nicht selten Studiogäste interviewt, "fährt", oder ein Discjockey während der Moderation selbst Hand anlegt.

Fünf Stunden täglich sowie samstags und sonntags jeweils zwölf Stunden Programm kommen vorläufig aus dem Turm. Geplant ist ein 24-Stunden-Vollprogramm, wenn die Werbeeinkünfte das zulassen. Dazu wird es voraussichtlich erst reichen, wenn sämtliche Kabelnetze des Landkreises Donnersberg das Programm einspeisen.

Begonnen hat die lange Geschichte des derzeit 14-köpfigen Teams um den Trägervereinsvorsitzenden und Programmverantwortlichen Horst Frambach Anfang der 70er Jahre. Damals bemühte er sich um eine Anstellung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Vergebens, denn wie er heute weiß, hat man ohne Beziehungen nicht einmal die Chance, angehört zu werden. Der Frust von damals ließ ihn Gleichgesinnte um sich scharen, was 1983, als man hierzulande erstmals über privatrechtlichen Rundfunk nachdachte, dazu führte, dass die "Interessen-Gemeinschaft Radio Donnersberg e.V." gegründet wurde.

Fortan bemühten sich die Radiomacher vom Donnersberg, von Anfang an beim Privatfunk mitzumischen. 1983, als das Kabelpilotprojekt Ludwigshafen-Vorderpfalz aus der Taufe gehoben wurde, hatten die Donnersberger dafür eine Lizenz des Justizministeriums von Rheinland-Pfalz. Zwei Jahre später startete die erste freiabstrahlende Senderkette in Rheinland-Pfalz, "Radio 4". Auch hier gehörten sie einer der vier Anbietergemeinschaften an und gestalteten Programme. Aus den Werbeeinkünften dieser Zeit stammt die Ausrüstung im jetzigen Sendestudio in Kirchheimbolanden. Heute sendet auf "Radio 4" nur noch eine Anbietergemeinschaft, nämlich "Radio RPR". Auch hier ist Radio Donnersberg als Kommanditist vertreten.

Seit 13. Mai 1991 besitzt die Radiogruppe vom Donnersberg die Lizenz, ein eigenes Vollprogramm im Kabelnetz von Kirchheimbolanden ausstrahlen zu dürfen. Dass mit dem Programm noch nicht begonnen wurde, ist darauf zurückzuführen, dass die Genehmigung schneller war als der Aufbau der technischen Einrichtungen zwischen dem Sendestudio und der Kabeleinspeisung quer durch die Stadt. Doch lange kann es nicht mehr dauern, bis die Standleitung der Post geschaltet und der Anschluss der Stadtwerke als Kabelnetzbetreiber eingerichtet ist. Und dann geht es los.

Nach dem Willen des Vereins steht die lokale Berichterstattung im Vordergrund. Messlatte für die Programmauswahl und -Gestaltung ist der Hörer. Das beginnt bereits bei der Themenauswahl, nicht was die Behörden interessiert, soll gesendet werden, sondern das, was den Hörer am ehesten betrifft. Bei der Berichterstattung soll der Hörer so oft wie möglich zu Wort kommen: durch Umfragen beispielsweise auf der Straße und über Telefon, aber auch durch sogenannte "Offene Telefone". In der Sendung »Schaufenster Donnersberg« (täglich von 18.00 bis 20.00 Uhr) kann jeder über eine Rufnummer ins Studio anrufen und seine Meinung zu den Themen, der Berichterstattung usw. sagen. Er kann auch selbst Fragen an Studiogäste richten.

Diese Beeinflussbarkeit des Programms geht noch weiter. Ständig (auch schon jetzt vor dem Sendebeginn) finden Umfragen statt, welche Musikrichtung bei Radio Donnersberg vorherrschen soll. Auch können die Hörer zu bestimmten Zeiten selbst als Programmgestalter tätig werden, es gibt eine Menge Sendungen, an denen sie mitwirken oder sich beteiligen können; und sie können als Mitglieder im Trägerverein auch von vorneherein mitbestimmen.

Einfacher wäre es wahrscheinlich ohne diese Bürgernähe und Beeinflussbarkeit für die Redakteure und Moderatoren. Doch alle sind sich einig, die Mehrarbeit lohnt sich. Denn man muss als kleine Radiostation im Kabel schon etwas Besonderes bieten, um sich gegen die großen Sender durchzusetzen, nur lokale Berichterstattung genügt nicht. Deshalb ist engagiertes Arbeiten und ständiges kritisches Hinterfragen notwendig, auch wenn das freche Radio für Politik und Verwaltung oft ziemlich unbequem wird.

Doch das Interesse ist da, Radio Donnersberg zu seinem Stammsender zu machen. Schon jetzt zieht das Team von Festen zu Festen, vom Schulklassen zu Vereinsveranstaltungen, gestaltet selbst Veranstaltungen, und es wird überall interessiert empfangen.

Unser Bild zeigt hinter dem Technikerpult (von links): Karsten Keidel,
Horst Frambach, Judith Heßling, Hans Erhard Frieß und Uli Scheithe.

Fotos: © Radio Donnersberg

Aus Radio-Skala 7/1991

• Der Interessen-Gemeinschaft Radio Donnersberg wurde für zehn Jahre die Erlaubnis erteilt, im Raum Kirchheimbolanden über die UKW-Frequenz 97,1 MHz (20 Watt) ein lokales Radioprogramm zu verbreiten. Die tägliche Sendezeit wird vorerst während der Woche neun Stunden und am Wochenende 15 Stunden betragen. Finanziert wird das Programm durch Werbung. Der Verein ist unter hohem Engagement ehrenamtlicher Mitarbeiter seit langem im Rundfunkbereich tätig und veranstaltet bereits seit zwei Jahren ein lokales Hörfunkprogramm im Kabelnetz Kirchheimbolanden. (RADIOJournal 1/1994)

• Radio Donnersberg hat nach zehnjähriger Sendetätigkeit am 2. Januar 2003 den Betrieb eingestellt. Die Programme für das regionale Hörfunkprogramm wurden von vielen Freiwilligen produziert, die zum Teil auch eigenes Geld in das Projekt investiert haben. (RADIOJournal 2/2003)