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RIP MAL - Erinnerungen
an Mal Sondock

Das Jingle war Programm: „Weil er Deutsch nicht reden kann, schleppt er noch mehr Platten an“.  Der Mann mit dem Radebrechen als Markenzeichen war für die Entwicklung des Popradios in Deutschland bahnbrechend. Fast 20 Jahre lang prägte der texanische DJ  Mal Sondock die Rock- und Beatsendungen des WDR von Mitte der Sechziger bis Mitte der Achtziger Jahre. Seine Musikauswahl machte ihn zum Guru für das, was die Generation der Hippies und Spät-Hippies zu hören hatte. Seine Art, populäre Musik zu präsentieren, hat spätere Generationen von Radiomachern wesentlich beeinflusst. Mal Sondock ist am 9. Juni, einen  Monat vor seinem 75. Geburtstag, nach schwerer Krankheit in Köln gestorben.

Mal Sondock war ein für junge Leute wohltuender Fremdkörper im damals noch von Schulfunk, Landfunk, Frauenfunk und Symphoniekonzerten beherrschten Programm des WDR. Er hatte immer die neuesten Hits vor allem aus England in seinen Musikshows, meist sogar noch früher als der Britische Soldatensender BFBS. Er habe den Sendebetreuern der Plattenfirmen ständig auf die Füße getreten, ihn viel früher als andere zu bedienen, sagte Sondock einmal in einem Interview. Er habe hier in Nordrhein-Westfalen schließlich Konkurrenz vom BFBS, bläute er den Firmenvertretern ein. Entsprechend standen bei Sondocks Shows die Hit-Adepten zuhause „Pausetaste bei Fuß“ an ihren Tonbandgeräten, um die neuesten Charthits aus Britannien und USA mitschneiden und stolz bei der nächsten Party präsentieren zu können.

Viel Musik und wenig germano-amerikanisches  Kauderwelsch waren Stilmittel von Mals Sendungen »Diskothek-Bummel«, »Diskothek im WDR« und schließlich »Mal Sondocks Hitparade«. Für ebenso schicke wie sinnfreie Sentenzen wie „Wir machen weiter mit sounds-abounce“ verehrten ihn seine Fans - und waren ebenso irritiert, als Sondock auf Geheiß der Chefetage 1984 die WDR-Wellen zu verlassen hatte. Ein Zwangsabschied, den er nie verwunden hat, erzählte er später immer gerne. Er habe abends während seiner Popshows mehr Hörer auf WDR 2 gehabt , als manche Sendung im Tagesprogramm.

Als junger Radio-DJ kam Sondock in den Fünfziger Jahren nach Europa, um die GIs zunächst über den US-Soldatensender AFN München mit den Hits aus der Heimat zu beschallen. Während seiner Münchner Zeit soll es auch gewesen sein, dass er außerhalb des Senders Tanzveranstaltungen organisierte, bei denen aber keine Bands spielten, sondern erstmals nur Platten aufgelegt wurden. Mit diesen, von ihm gemanagten „Record-Hops“ sei er eigentlich der Vater der Diskothek hier in Deutschland gewesen, hat er sich häufig gerühmt.

Dann hielt es ihn wie die  AFN-Kollegen Bill Ramsey, Rick de Lisle oder Charlie Hickman nicht mehr alleine in der kleinen US-Kommune in Deutschland. Er wollte ins deutsche Radio. Denn das, was der britische Kollege Chris „Pumpernickel“ Howland geschafft hatte, meinte Sondock auch zu können. Prompt bewarb er sich beim WDR als Urlaubsvertretung für Mr. Pumpernickel. Und wurde genommen.

Sehr bald entwickelte er seine eigene Personality, seine eigenen Gimmicks. So entstand in der Live-Sendung »Diskothek im WDR« das legendäre Spielchen „Hit oder Niete“. Sondock hatte nach dem Vorbild der BBC-Sendung »Jukebox-Jury« einige seiner tanzwütigen Gäste ausgewählt, die die brandneuesten Platten nach ihrem Hitpotential zu bewerten hatten. Innovativ dabei die Nutzung von Geräuscheffekten wie Klingeln und Schnarren, wenn akustisch deutlich gemacht werden musste, dass der Daumen bei der neuesten Scheibe von den Rubettes nach oben oder unten gegangen war.

Ludwig Schieffer
Foto: © WDR
www.mal-sondock.de

Aus RADIOJournal 6/2009