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Illona Christen ist tot - Abschied von einer
Radio- und TV-Pionierin

Die prägendste Zeit ihres damals noch jungen Journalistenlebens erfuhr Ilona Christen ohne Zweifel auf dem Halberg. Hier, beim Saarländischen Rundfunk, war die quirlige und aufgeweckte Brünette zwischen 1969 und 1985 tätig gewesen. Zunächst machte sie eine Ausbildung als Cutterin und Bildmischerin, ehe sie 1976 den Sprung vor die Kamera wagte und Ansagerin beim Dritten Programm des SR wurde. Sie war auf dem Bildschirm in doppelter Hinsicht eine Sensation: Nicht nur, dass eine hübsche Frau statt vorgestanzte Ansagetexte zu verlesen frisch und fröhlich das Programm ankündigte, nein sie trug auch noch extravagante Brillen, was fortan zu ihrem Markenzeichen werden sollte.

Große Popularität erlangte Ilona Christen, die damals noch unter ihrem Mädchennamen Kleitz moderierte, ab 1976 bei der Europawelle Saar. Gemeinsam mit Manfred Sexauer und Jan Hofer gehörte sie zu den Aushängeschildern des Senders, der als deutsches Pendant zum erfolgreichen Radio Luxemburg konzipiert wurde und ebenfalls eine große Fangemeinde erreichte. Ihre bekanntesten Sendungen waren »Die Halbzeit« oder gemeinsam mit Musikpapst Sexauer »Die Spielbox«. Für den Saarländischen Rundfunk stand sie auch bei der Preisverleihung der „Goldenen Europa“ vor der Kamera.

Illona Christen1986 wechselte Christen zum ZDF und wurde hier Moderatorin des »Fernsehgartens«. Sie prägte mit der ihr eigenen Mischung aus intelligenter Unterhaltung, Wortwitz und Abenteuerlust den Sonntagvormittag im deutschen Fernsehen. Vielen Zuschauern noch in Erinnerung ist dabei der Tandem-Fallschirmsprung, den sie live während einer Sendung absolvierte. 1993 wechselte Ilona Christen zum Privatsender RTL und schrieb hier mit ihrer täglichen Talkshow, die ihren Namen trug, ebenfalls Fernsehgeschichte. Immerhin, und das muss man ihr zugute halten, versuchte sie auch im banalen Dailytalk lange den Spagat zwischen Qualität und Quote zu bewältigen. Dass ihr dies gerade zum Schluss nicht mehr so recht gelang, räumte Christen 1999 in einem Interview selbstkritisch ein: „Es geht inzwischen nicht mehr um Themen, sondern nur noch um Einschaltquoten. Die Sendungen werden noch etwas kontroverser, noch etwas gemeiner, fieser.“

Als sie sich ein Jahr später, zermürbt von sinkenden Zuschauerzahlen und desillusioniert von der Verflachung des Fernsehens, vom Bildschirm zurückzog, fiel deutlich spürbar eine Last von ihr ab. „Ohne Fernsehen bin ich glücklich und frei“, sagte Ilona Christen beim Rückzug ins Privatleben in ihrer Schweizer Wahlheimat.  Damals betonte sie, keine Interviews mehr geben zu wollen: „Die öffentliche Ilona Christen gibt es ab jetzt nicht mehr.“ Sie hielt sich konsequent daran. Keine albernen Homestories, keine „Was macht eigentlich…“-Portraits, keine Banalitäten in den bunten Blättern. Im Fernsehen sah sie nur noch Nachrichten und die hochwertigen Sendungen von arte, ihre Freizeit wusste die sensible Moderatorin sinnvoller zu nutzen. Dass Ilona Christen sich in ihrem Berufsleben nie schonte und dabei Raubbau an ihrer eigenen Gesundheit betrieb, wurde ihr jetzt zum Verhängnis. Nach Angaben ihres Ehemannes starb sie an einer Blutvergiftung in Folge eines Sturzes und weil ihrem Körper die notwendige Kraft zur Genesung fehlte.

Der Intendant des Saarländischen Rundfunks Fritz Raff sagte zum Tod der beliebten Moderatorin: „Ilona Christen war lange Jahre ein sympathisches Aushängeschild des Saarländischen Rundfunks. Für eine ihrer Arbeiten beim SR wurde sie mit dem Kurt-Magnus-Preis ausgezeichnet. Auch während ihrer Zeit beim ZDF und später bei RTL stand sie immer zu ihren Wurzeln auf dem Halberg. Ihr Publikum wird sie nicht vergessen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. Ilona Christen hat wie keine andere Frau ihrer Generation Radio- und Fernsehgeschichte geschrieben. Sie wurde nur 58 Jahre alt.

Stefan Förster
Fotos: © SR

Aus RADIOJournal 7/2009