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Abschied von einem großen Pionier
des deutschen Radios - Hermann Stümpert ist tot

Hermann Stümpert, der frühere Unterhaltungschef von SR 1 Europawelle Saar und einer der Pioniere des deutschen Pop-Radios, ist am Samstag, 1. Oktober 2005 plötzlich und unerwartet im Alter von 56 Jahren in seinem Haus in Stein an der Ostsee gestorben.

Hermann Stümpert hatte nach einem Volontariat bei der Pirmasenser Zeitung seine Rundfunklaufbahn 1974 als Jugendfunkredakteur beim Saarländischen Rundfunk (SR) begonnen. 1977 wurde er Leiter der Programmplanung, 1979 Chef der Unterhaltung von SR 1 Europawelle Saar, an deren wachsender Akzeptanz er maßgeblichen Anteil hatte. So war er auch der Gründer des jährlichen Schülerferienfestes. Beim SR formte Stümpert mit anderen Mitstreitern populäre Hörfunkideen, bevor den „Radiovisionär“ Mitte der 80er der Ruf aus Schleswig-Holstein erreichte, den ersten landesweiten deutschen Privatsender zu planen und zu führen.

Bis zum Sendestart am 1. Juli 1986 formte Hermann Stümpert ein junges Team zu einer „verschworenen Gemeinschaft...“ (Stümpert), die schon nach wenigen Wochen den öffentlich-rechtlichen Mitbewerbern den Rang in der Hörergunst abgelaufen hatte und schnell zum Vorbild für viele andere bundesdeutsche Privatsender wurde. In dieser Zeit entstand auch die Kampagne „Lieber NDR, Du musst jetzt ganz tapfer sein...“. Axel Hose, heutiger Geschäftsführer und Programmchef von R.SH, sagte zum Tode Stümperts: „Die Stimme des Nordens ist verstummt.“

Hermann Stümpert führte R.SH durch die Aufbruchphase des Privatfunks in Deutschland. Mit dem Fall der Mauer startete der Radiopionier weitere Projekte, immer verbunden mit neuen Ideen, neuen Techniken, neuen Horizonten. „Er war ein Berufener seines Metiers, der anpacken und mitreißen konnte. Wer ihn traf, wer mit ihm zusammen sein oder gar mit ihm zusammen arbeiten durfte, ließ sich schnell von seiner persönlichen Ausstrahlung gefangen nehmen...“, so Stephan Richter, Chefredakteur des sh:z und jahrelang zugleich Korrespondent für R.SH im politischen Bonn.

Hermann Stümpert hat in den vergangenen 20 Jahren entscheidende Weichen im privaten, aber auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gestellt. Er war Gesellschafter der Deutschen Radio Holding REGIOCAST, Gründungsprogrammchef zahlreicher Radiosender in Deutschland und seit Mitte der 90er Jahre als Berater, Macher oder/und auch als Gesellschafter neuer Stationen im In- und Ausland. Erwin Linnenbach, Sprecher der Geschäftsführung der REGIOCAST, bezeichnete den Tod Stümperts als „...großen Verlust für den gesamten deutschen Hörfunk“.

In Berlin schuf Hermann Stümpert das erste private Inforadio, zu seinen „Kindern“ gehören außerdem RADIO PSR, radio SAW, BB Radio, LandesWelle Thüringen, Radio Paradiso und Rockland Radio. Als Berater war er unter anderem auch für die Europawelle tätig. 

Parallel dazu schuf Stümpert in Stein an der Ostsee ein eigenes Ausbildungszentrum, schulte angehende Redakteure und Programmdirektoren gleichermaßen, bot als Medienagentur Beratung und Programmkonzeptionen an und reiste als vielgefragter Referent und Diskutant durch Deutschland und Europa. Hermann Stümpert galt als „Grandseigneur“ des Privatfunks in Deutschland. 

Ironie des Schicksals: Hermann Stümpert, verheiratet und Vater zweier Kinder, startete seine Rundfunkkarriere in Saarbrücken. Und in Saarbrücken hatte er auch seinen letzten öffentlichen Auftritt: Am 28. September referierte und diskutierte er auf Einladung der Landesmedienanstalt und des Saarländischen Journalistenverbandes über sein Buch „Ist das Radio noch zu retten?“. Dabei plädierte er für wieder mehr journalistische Inhalte und eine größere musikalische Vielfalt in den modernen Pop-Programmen.

In seinem neuen Buch befasst sich der Autor mit der Zukunftsperspektive des Hörfunks in Deutschland. In seinem streitlustigen Plädoyer für „ein populäres Radio“ schreibt Hermann Stümpert: „Wir brauchen es. Wir nutzen es. Wir verschwenden keinen Gedanken daran“.

Foto: © R.SH

Aus RADIOJournal 10/2005