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»Deine Arbeit muss dir Spaß machen - nur dann wird sie gut!« Hans Rosenthal: Star der Unterhaltung (1925 bis 1987)

„Es war kurz nach Kriegsende - im Mai 1945. Ich hatte gehört, der Berliner Rundfunk macht wieder auf, und ging hin. Vor dem Gebäude in der Masurenallee stand ein russischer Soldat: ‚Was du wollen?’ – ‚Raboti - raboti’.“ Der Soldat nickte, öffnete die Tür, und Hans Rosenthal war dort, wo er unbedingt hin wollte. Zwar nur in der Materialausgabe, aber doch - beim Rundfunk!

„Ich hatte mir Radio ein wenig anders vorgestellt“, klagte Hans kurze Zeit später seinem Chef. „Also gut - ich stecke Sie in den Zeitfunk - als Mädchen für alles!“. Und dann kam Hans der Zufall zu Hilfe: Es sollte das erste Hörspiel gemacht werden - Nathan der Weise. Die 144 Seiten Manuskript - fertig bearbeitet mit sämtlichen Strichen und Markierungen vom Regisseur Hannes Küppers lagen vor. Allerdings nur einmal. Sechszehn hätte man gebraucht. Es gab noch keine Vervielfältigungsmaschinen, und am nächsten Morgen war der Studiotermin. Überhaupt nicht zu schaffen - die Produktion sollte abgesagt werden. Hans hörte davon und ging zum Regisseur: „Ich mach’ Ihnen das, in drei Stunden ist alles fertig“. - „Ich weiß zwar nicht, wie Sie das anstellen wollen - aber gut - nachher kann ich den Termin immer noch absagen“.

Hans schnappte sich das Manuskript, ging von Büro zu Büro, von Schreibkraft zu Schreibkraft: „Wären Sie so nett und würden dies für mich abtippen - zwei mal sieben Durchschläge... Es müsste aber sofort sein...“. So verteilte er das Manuskript 3-seitenweise, sammelte es später wieder ein, und nach drei Stunden lagen alle 16 Manuskripte auf dem Schreibtisch des Regisseurs. Am nächsten Morgen begann pünktlich die Produktion. Mit Hans Rosenthal – als Regieassistent.

Bald entstanden auch die ersten Unterhaltungssendungen. Künstler, Sprecher, Autoren und Programm-Macher, die nicht belastet waren, die politisch eine weiße Weste hatten, klopften bei Intendant Mahle an: Pelz von Felinau, Ivo Veit, Theodor Mühlen ... Mühlen wurde Chef der geplanten Abteilung Unterhaltung. Dann gab es bald den ersten »Bunten Abend«: „Hier spricht Berlin. Aus dem großen Sendesaal des Funkhauses übertragen wir ein Konzert. Es spielt das Orchester der Städtischen Oper Berlin. Durch das Programm führt Viktor de Kowa. Aufnahmeleitung: Hans Rosenthal.“

Quiz-Ideen am laufenden Band

„Meine ersten Kontakte zum RIAS begannen 1947“, erzählte Hans oft. „In der Abteilung, in der ich in der Masurenallee arbeitete - Theodor Mühlen war nicht nur mein Chef, auch mein Freund -, da saß auch Ivo Veit. Der ging als erster rüber zum RIAS. Als dann auch Theodor Mühlen wegging, kündigte ich ebenfalls. Nicht zuletzt aus politischen Gründen. Mehr und mehr missfiel uns, wie sich die Sowjets demokratischen Rundfunk im Nachkriegs-Berlin vorstellten.“

Die Amerikaner hatten Unmengen an Schallplatten mitgebracht, und ständig gab es Nachschub. Nicht nur Musik, auch komplette Musicals - in sendefertige Portionen zerteilt. Folklore, Jazz, alles, was Amerika zu bieten hatte. Und Quiz-Ideen am laufenden Band.

Eine Unterhaltungsabteilung hatte der RIAS noch nicht. Es gab den Autor und Regisseur Werner Oehlschläger. Er kam vom NWDR-Studio am Heidelberger Platz. Und - es gab einen Mann, der dann später als Fernseh-„Kommissar“ berühmt werden sollte - Eric Ode. So setzte man sich zusammen und sichtete das Material aus Amerika. Ein Versuch, das was da brauchbar war, umzuschreiben, zu adaptieren, auf deutsche Verhältnisse zu übertragen. Und so entstand manche Sendung nach US-Vorbild. Werner Oelschläger sollte zum Beispiel eine Quiz-Sendung konzipieren - mit Ivo Veit als Spielmeister. Er besprach sich mit Hans - der machte später auch die Aufnahmeleitung - und aus „People are funny“ wurde »Mach mit“. Eine der ersten sehr erfolgreichen Serien. Im Bild: "Da ist man sprachlos" (1968).

Dieses Rezept funktionierte leider nicht immer. Als man wieder mal ein neues Quiz ausprobieren wollte, unter dem Titel „Ich weiß was“, in Amerika als „twenty questions“ ein Renner, gab der Moderator entnervt auf. Es war alles schief gegangen, was nur schief gehen konnte. Hans Rosenthal überarbeitete das Konzept komplett, ging zu seinem Programmdirektor und trug seine Fassung vor. „Also gut“, sagte Eberhard Schütz, „schief gehen kann nicht viel, wir senden ja nicht live. Machen Sie mal eine Aufnahme. Die führen Sie mir dann vor“. 

Gesagt getan. Nach einigen Tagen führte Hans vor und hatte von nun an seine erste große eigene Quiz-Reihe. Sogar einen neuen Titel erfand er: »Wer fragt - gewinnt“. Über 300 Folgen sollte es geben.

Modenschau im Hörfunk

Die Abteilung Unterhaltung setzte von Anfang an auf Popularität. Inge Siegel und Ernst Verch organisierten Matineen und öffentliche Veranstaltungen. Sie mieteten das „Metropol“ am Nollendorfplatz und machten den „Titania-Palast“ oder die „Berliner Waldbühne“ zu Außenstudios. Hans Rosenthal war oft mit dabei: „Ich nutzte jede Gelegenheit, um zu lernen, um weiterzukommen. Die »RIAS-Kaffeetafel«, »Mach mit« und nicht zuletzt »Günter Neumann und seine Insulaner«.“ Und so begann eine Karriere, die zu den ganz großen im deutschen Rundfunk und später auch im Fernsehen werden sollte.

Vor einem RIAS-Mikro saß Hans zum ersten Mal bei »Mach mit«: „Ich durfte die An- und Absage sprechen. 1946 hatte ich im Berliner Rundfunk eine Prüfung absolviert und war seitdem stolzer Besitzer eines Sprecherausweises. Ohne den durfte man gar nicht ans Mikrofon: ‚Für kleinste Aufgaben geeignet’.“ Für »Mach mit« konnte Hans auch eigene Ideen liefern. Die Serie war sehr beliebt. In einer Zeit, in der es von allem sehr wenig gab, bekamen die Sieger Torten, Fresskörbe etc. Hans machte den Vorschlag, die Preise von Mannequins - nach jeder Runde in neuen Kleidern - überreichen zu lassen. Für das Publikum im Saal eine Augenweide und willkommene Abwechslung zwischen den Quiz-Runden, für die Hörer zuhause quasi eine verkappte Modenschau im Hörfunk. Und für ein Berliner Modehaus eine kostenlose Werbung. Im Bild: Günter Neumann und Hans Rosenthal (1967).

Erfolgreichste Sendereihe der 50er Jahre

Bei »Günter Neumann und seine Insulaner« war Hans von Anfang an dabei. Die erste Sendung - im Dezember 1948 - war im Grunde nur als Reklame gedacht für die Zeitschrift „Der Insulaner“. Die lief leider nicht so, wie sie sollte. Günter Neumann war Mitherausgeber. „Günter, wir helfen dir ein wenig...“ bot Werner Oehlschläger an: „Wir machen ein, zwei Funksendungen, dann sind die Insulaner bekannt...“ Ergebnis: Die Zeitschrift ging ein, die Rundfunksendung hatte Folgen - über 150 wurden es. Die ersten Insulaner-Sendungen wurden im Studio produziert - ohne Publikum. Später kam Oehlschläger auf die Idee: „Wir sollten die Insulaner als öffentliche Veranstaltung machen“. Es wurde eine der wohl erfolgreichsten Sendereihen der 50er Jahre. Und - worauf die Beteiligten natürlich alle ein wenig stolz waren - sämtliche großen deutschen Sender übernahmen diese RIAS-Produktion. Bei den „Insulanern“ war Hans viele Jahre Aufnahmeleiter.

„Obwohl ich bereits Regie führte, Sendungen leitete und moderierte, die Aufnahmeleitung für diese Reihe wollte ich keinesfalls abgeben. Von Günter Neumann habe ich bei jeder Produktion gelernt. Als Werner Oehlschläger später in Pension ging, übernahm ich die Regie.“

Hans Rosenthal kämpfte seinen täglichen Kampf gegen die Uhr. Er hatte es immer eilig. Trotzdem - er verstand es meisterhaft, einem Gesprächspartner zu vermitteln, gerade für ihn hätte er alle Zeit der Welt.

Spaß muss sein (1984)

Alles musste immer dalli dalli gehen

Hans sparte woanders. Vielleicht mit ein Grund, weshalb sämtliche Sendungen Kürzel bekamen, die seine Mannschaft aus dem FF beherrschte: SMS - »Spaß muss sein«, AGA - »Allein gegen alle«, FRAMS - »Frag mich was«, - KS - »Klingendes Sonntagsrätsel«, WER FRÄCHT - »Wer fragt, gewinnt«, und DIMS - »Da ist man sprachlos«. Alles musste immer dalli dalli gehen - obwohl - das war noch nicht erfunden.

„Als damals »Wer fragt, gewinnt« lief, gut lief, wollte ich noch ein zweites Bein im Hörfunk haben.“ - Hans sprach den Autor Curth Flatow an, ob er sich eine Sendung vorstellen könne ... „kabarettistisch ... aktuell - nicht zu bösartig ... mit Chansons und Liedern“. Hans hatte Glück, Flatow sagte ja. Und wie viele Sendungen, die Hans aus der Taufe hob, erwachte auch »Die Rückblende« zum Serienleben. Die ersten Folgen schrieb Curth Flatow allein, später übernahm Horst Pillau. Im Laufe der Jahre kamen auch andere Autoren hinzu, es entwickelte sich ein quasi festes Team.

Mit Horst Pillau verband Hans eine lebenslange Freundschaft. Horst kam im Sommer 1948 zum RIAS, zu Werner Oehlschläger. „Hans, draußen steht ein Junge mit seinem Manuskript. Er ist zwar noch Oberschüler, aber sein Text gefällt mir ganz gut. Sie wollten doch schon immer mal Regie führen. Setzen Sie sich doch mit dem zusammen.“ Horst Pillau traf auf den damals 23-jährigen Aufnahmeleiter Rosenthal. Und es begann eine Zusammenarbeit, die ein Leben lang andauern sollte. Und Hunderte von Sendungen ... später auch im Fernsehen, zum Beispiel »Dalli Dalli«.

Hans wollte immer Qualität

Eines schönen Tages - Hans war inzwischen Abteilungsleiter der RIAS-Unterhaltung - bekam er Besuch aus Hamburg. Henri Regnier vom NDR kam eigens nach Berlin: „Hans, wir suchen eine kabarettistische Sendung fürs Fernsehen. Nicht zu bissig und ohne dass Klagen kommen oder gar Prozesse ... Könnten Sie sich vorstellen, die RIAS-Rückblende als Fernsehsendung zu machen?“ Hans konnte. Kritisch-witzige Songs zu Ereignissen des Monats, Szenen und Sketche. Erst stand das Buch, dann flog Horst Kintscher - später Nachfolger von Hans als Chef - nach Hamburg und suchte aus dem Tagesschau-Archiv das passende Bildmaterial. Zwei Jahre lief »Die Rückblende« im Fernsehen.

Hans war immer ein besessener Arbeiter. Und - er wollte immer Qualität. Gut oder mittelmäßig gab es für ihn nicht. Es musste immer sehr gut sein oder hervorragend. Das war nur möglich mit einem eingespielten, auf ihn persönlich eingeschworenen Team. Man war nicht beim RIAS angestellt, sondern bei ihm - so kam es einem oft vor. „Wenn da was nicht klappt, ich reiße dir persönlich den Kopf ab...“ Ich höre ihn noch heute. Lange Jahre habe ich mit Hans eng zusammen gearbeitet, ihm auch zugearbeitet, und vieles von dem, was ich gelernt habe, habe ich von ihm gelernt: „Deine Arbeit muss dir Spaß machen - nur dann wird sie gut.“

"Ich will nicht wissen, wie es nicht geht!"

1969 überredete mich Hans Rosenthal sanft, aber unerbittlich, mein Studium an den Nagel zu hängen und bei ihm in der RIAS-Unterhaltung zu arbeiten. Eine Festanstellung erschien mir zunächst als ein so graufenhafter Gedanke, dass wir uns auf „freie Mitarbeit“ einigten - als Aufnahmeleiter, Autor, Sprecher, Regie und was sonst bei Gauklern noch so alles anfällt. Hemmungslos geklaut habe ich sein Motto: „Ich will nicht wissen, wie es nicht geht.“

Die Abteilung Unterhaltung residierte jahrelang nicht im RIAS-Funkhaus, sondern - drei Mal um die Ecke - in der Innsbrucker Straße. Dort saß die „Rosenthal-Mafia“, wie sie manchmal - hoffentlich nicht ernsthaft - genannt wurde: Jeder kannte jeden, jeder konnte sich auf jeden verlassen und Hans Rosenthal auf alle!

"Allein gegen Alle" (1977)

Horst Kintscher, Marlies Kahlfeldt, Ingrid Beyer, Roman Neymans, Reinhard Stein, Ulrich Urbanski - der harte Kern über etliche Jahre. Doch auch die vielen freien Mitarbeiter, die dort ein- und ausgingen, gehörten zur „Familie“. Und Hans behandelte sie auch so. 1975 schickte er eine Einladung: „Es lässt sich nicht länger verheimlichen, ich werde am 2. April 50! Da ich meinen Geburtstag nicht mit Verwandten feiern kann (es gibt zu wenige), möchte ich mit dem Kreis, mit dem ich praktisch die Hälfte meines Lebens verbringe, ein wenig zusammen sein. Ich würde mich freuen, Euch / Dich / Sie begrüßen zu können (Euch heißt: mit Anhang). Wir können das gleich mit einer »Spaß muss sein«-Sitzung verbinden. Ideen und Vorschläge sind herzlich willkommen.“ Es wurde richtig nett.

Radiorenner: »Allein gegen Alle«

Wie bei den „Insulanern“, die von der gesamten ARD übernommen wurden, versuchte es Hans auch mit anderen Sendungen. Und fast immer mit Erfolg. Sogar dreifach: Der RIAS wurde auch dort bekannt, wo man ihn nicht hören konnte, es war eine mehr als wirkungsvolle Berlin-Werbung, und Hans Rosenthal wurde so ziemlich schnell zu einem bundesweiten Radiobegriff. Große, teure Sendungen plante er gleich als Co-Produktionen. Mitte der 60er Jahre hatte der NDR das Konzept für eine Sendung gekauft. Ein in Frankreich erfundenes Spiel. Hans schaute sich das Exposé an, schrieb es um, änderte, schrieb es noch mal um und änderte noch mal, dann stand die Sendereihe. Sie sollte fünfzehn Jahre lang der absolute Radiorenner sein im deutschen Unterhaltungsprogramm: »Allein gegen Alle«.

Fast sämtliche ARD-Stationen haben sich daran beteiligt. 161 Live-Sendungen von jeweils fast zwei Stunden. Ohne eine einzige Panne. Im kürzester Zeit die bestmögliche Qualität abzuliefern - das schüttelt man nicht aus dem Ärmel. Recherche, Präzision und Sorgfalt auch in der kleinsten Kleinigkeit. „Es kann immer noch genug schief gehen“, war einer von Hans’ Standardsätzen. „Bereite bitte alles vor, was vorzubereiten ist“. Ich musste mir angewöhnen, für alles und jedes Checklisten anzulegen, und wenn ich dann mit meinen Listen ankam, fand er blitzschnell und zielsicher die zwei Punkte, die noch fehlten. Er war ein Mensch von geradezu erbarmungsloser Zuverlässigkeit. Und - weshalb so viele, mich eingeschlossen, noch heute von ihm schwärmen: Durch seine natürliche, offene Art baute er eine starke, persönliche Beziehung auf – im täglichen Umgang im Büro genauso wie zu seinen Quiz-Kandidaten.

Wenn Hans jemanden zu sich auf die Bühne holte, dann stand da nicht nur ein Kandidat, es entstand eine Partnerschaft. Er vermittelte immer ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Und jeder wusste: Hier bin ich gut aufgehoben. Ich kenne keinen Menschen, der einen so stark motivieren konnte, alle Kraft und Energie in eine Sendung zu stecken. Funktioniert hat das, weil Hans ebenfalls so war. Man glaubte immer, die Sendung, die er jetzt gerade vorbereitete, ist die Sendung überhaupt! Und er saß manchmal an fünf gleichzeitig. Er konnte einen zu wahren Heldentaten anspornen.

Hans klärte und zeigte Zivilcourage

Hans war fast immer versöhnlich, er ging nie auf die Barrikaden. Außer - wenn was nicht klappte. Ich kann mich da gut an einige Fälle erinnern. Dann war es natürlich kein Ärger - auch wenn einige Tränen flossen-, dann war es eine „berufsfördernde Maßnahme“, wie er es nannte. Und wenn Gras darüber gewachsen war, vertrug man sich wieder und war etwas klüger. Allergisch reagierte Hans, wenn er hörte: Da geschieht irgendwo Unrecht. Egal, wem! Auch außerhalb seiner Abteilung. Eine Sekretärin irgendwo im Haus, die Schwierigkeiten hatte, ein Kollege am Fernschreiber, der Probleme bekam - Hans schaltete sich umgehend ein und legte sich an – mit wem auch immer. Egal ob Direktor oder Intendant - Hans klärte! Er hatte etwas, das man heute leider fast nur noch im Antiquitätenladen findet - Zivilcourage.

Ich kann mich noch gut erinnern, auf unseren Weihnachtsfeiern im Büro der Unterhaltung hat er jedes Mal versprochen, im nächsten Jahr kürzer zu treten. Und immer wieder - es blieb bei dem Versprechen. Unermüdlich trieb er uns zur Arbeit an, doch er selbst war der Vorarbeiter. Er zeigte einem immer, wie es geht: „Kriegst du’s hin ... oder muss Rosi es wieder machen?“ So was lässt man sich nicht fragen, und man kriegte es natürlich hin.

Wir sind ja so gut wie fertig

Beeindruckend war Hans Rosenthals Zeitmanagement: Wir hatten eine Produktion. Kaum war der letzte Satz auf Band, ungecuttet, ungemischt, da schoss Hans aus dem Studio, stürzte zu seinem Mantel, schnappte sich die Aktentasche und sagte: „Ich muss los!“

Ich war entsetzt und stand mit meinen Zetteln hilflos im Regieraum. Wir mussten die nächsten zwei Sendungen besprechen, inklusive sämtlicher Musiken. Aufnahme war drei Tage später. Ich raste also hinterher, die Listen in der Hand, und er brachte es tatsächlich fertig, mich mitzuschleppten in sämtliche Büros, in die er noch musste. Programmdirektion, Intendanz und noch sonst wo hin ­ ich weiß es nicht mehr. Während der Kurzbesprechungen, die er im Telegrammstil führte, war ich still und ergänzte meine Notizen nach den Angaben, die er mir, während wir über die Flure hetzten, gemacht hatte. Nach dem dritten Büro - ich war mit den Nerven völlig paterre - sagte Hans, natürlich die Ruhe selbst: „Komm jetzt mit runter, mein Junge. Wir können noch vorm Haus reden, während ich auf mein Taxi warte.“

Unten flogen mir fast die Zettel weg, ich schrieb aber krampfhaft weiter. Sein Wagen kam, ich geriet in Panik ­ es war noch etliches zu klären -, aber er stieg ein. Und jetzt ein typischer Hans. „Wir sind ja so gut wie fertig. Solltest du wirklich noch Fragen haben, ruf mich in vier Stunden in München an. Aber pünktlich um 19 Uhr. Ab 19.05 Uhr telefoniere ich mit dem ZDF.“

Ja, so war er!

Christian Bienert
Text aus dem Buch „RADIO-REMINISZENZEN“ ­ Erinnerungen an RIAS Berlin,
mit freundlicher Genehmigung des Vistas Verlages, Berlin. www.vistas.de 

Fotos: © Deutschlandradio

Aus RADIOJournal 6/2004