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Radio Tonga:  „The call of the Friendly Islands“

Das Königreich Tonga umfasst eine Fläche von zirka 699 Quadratkilometer mit rund 100.000 Einwohnern und liegt im Süden des Stillen Ozeans. Es besteht aus der Inselgruppe Vava’u im Norden, der Nomuka-Gruppe, der Ha’apai-Gruppe und der Hauptinsel Tongatapu im Süden, insgesamt etwa 200 Vulkan- und Koralleninseln. Davon sind zirka 40 bewohnt. Nur ein Teil des Staatsgebietes ist festes Land. Die Bevölkerung setzt sich zu 98 Prozent aus Polynesiern, Europäern und Mischlingen zusammen. Der Großteil der Einwohner gehört der Tonganischen wesleyanischen (christlichen) Kirche an, deren Oberhaupt der König ist. 

Obwohl die Bevölkerung sich weitläufig verteilt, hat das Land eine einheitliche Sprache mit nur kleinen lokalen Variationen. Gesprochen wird Tonga und Englisch. Tonga ist das einzige Land in der Südsee das nicht von Europäern kolonialisiert wurde. Hierher gibt es noch keine Pauschalreisen, obwohl der Tourismus an Bedeutung gewinnt und durch britische und australische Entwicklungshilfe gefördert wird. Tonga befindet sich etwa 775 Kilometer von Fidschi und 3200 Kilometer von Sydney in Australien entfernt. Die Inseln liegen halbwegs zwischen Hawaii und Neuseeland.

Der König wird Tu’i Tonga genannt und genießt großen Respekt in der Bevölkerung. Die ersten europäischen Besucher kamen aus den Niederlanden. Ihre Schiffe liefen 1616 die Inseln an. Tongatapu wurde 1643 durch A. J. Tasman entdeckt. Ende des 18. Jahrhunderts kamen die ersten Missionare. Eine neue Verfassung trat 1875 mit der konstitutionellen Monarchie in Kraft. Damals arbeitete Shirley Baker von der Wesley-Church sehr eng mit dem König zusammen und gründete vier Jahre später die Free Wesley Church. König George starb 1893 mit 96 Jahren und sein Enkel George Tupou II übernahm den Thron. Von 1899 bis 1970 war Tonga britisches Protektorat. Am 4. Juni 1970 (Nationalfeiertag) erhielt das Land die volle staatliche Souveränität im Rahmen des Commonwealth. Als die westlichen Staaten wenig Interesse an Tonga zeigten, nahm der heutige König, Tupou IV, 1976 diplomatische Beziehungen zur Sowjetunion auf. Schnell eröffneten dann auch die USA, Neuseeland und Australien ihre Botschaften.

In den 90er Jahren betrieben die Mormonen einen großen Aufbau im Land und errichteten auch eine Universität. Überall sind verschiedene Kirchen zu finden. In jedem Dorf gibt es mindestens fünf, in der Hauptstadt mehr als 25. Der Einfluss der Kirche hat dazu geführt, dass Busse und Taxis am Sonntag nur mit einer besonderen Genehmigung fahren dürfen. Kein Laden ist am Sonntag offen, mit einer Ausnahme: Vor einigen Jahren wurde die Insel von einem Orkan heimgesucht. Die Bäcker durften dann am Sonntag ihren Laden offen halten, um die Bevölkerung mit Brot zu versorgen. Das ist bis heute so geblieben, obwohl es keine formelle Erlaubnis gibt.

Tonga bewegt sich jährlich zehn Zentimeter in Richtung Samoa. Es ist die größte Bewegung der Erde. Die Hauptstadt Nuku’alofa auf der Hauptinsel Tongatapu ist auf Korallen gebaut, hier gibt es keinen Stein. Der Königspalast ist eher eine größere Villa aus Holz und befindet sich in der Nachbarschaft von einem Fußballplatz wo jeden Sonntag gespielt wird. Überall laufen Hunde, Hühner und Schweine herum, auch in der Hauptstadt. Tonga hat eine eigene Zeitzone - 13 Stunden vor GMT. Die Insel Tongatapu umfasst 260 Quadratkilometer, das entspricht etwa einem Drittel des Landes.

Radio Tonga auf Mittelwelle für alle Inseln

Zwischen dem Hafen und dem Funkhaus von Radio Tonga ist fast ein Viertel der Fläche von Antennen abgedeckt. Hier sind die Tonga Telecom und Cable & Wireless zu Hause. Kurzwellensendungen werden nicht mehr ausgestrahlt.

Das staatliche Radio Tonga wurde 1961 gegründet und beschäftigt heute 62 Angestellte. Das kleine Funkhaus befindet sich am Rande der Hauptstadt. Hier wird ein laufendes Programm auf Mittelwelle 1017 kHz mit einer Sendeleistung von 10 Kilowatt ausgestrahlt, außerdem gibt es Testsendungen auf UKW. Der Sendemast steht eineinhalb Kilometer östlich von Nuku’alofa. Dieses Programm läuft zwischen sechs Uhr früh und Mitternacht. Die Sendungen sind sehr informativ. Sportnachrichten werden von Winston Zigaretten gesponsert. Nachrichten kommen von der BBC um sieben Uhr und von Radio Australia um acht Uhr. Um 8.40 Uhr wird eine fünfminütige Sendung in Tonganisch von Radio New Zealand International übernommen. Radio Tonga verwendet einen Kenwood R-5000-Receiver zum Empfang von Radio Australia auf 17795 kHz. Als Reserveempfänger steht ein Yaesu FRG-7700 zur Verfügung. Die BBC-News empfängt Radio Tonga via Satellit. Seit 4. Juli 2000 ist auch ein Fernsehkanal on air.

Radio Tonga hat ein AM-Studio mit dazu gehörendem Kontrollraum. Es gibt auch ein Aufnahmestudio mit einem großen Mischpult von Sony. Hier stehen auch ein Sony DAT-Spieler und ein Revox Tonbandgerät zur Verfügung. Unten im Rack befindet sich der UKW-Sender. Es ist ein Steuersender STD Modell TF(S)-20 mit der Endstufe PF-100 FM. Die Leistung soll etwa 100 Watt betragen. Die Reichweite beschränkt sich auf die Hauptinsel Tongatapu, weil nur eine Dachantenne verwendet wird. Die UKW-Sendungen mit fast ausschließlich Nonstop-Musik laufen zwischen 16.40 und 23 Uhr auf 90,0 MHz.

Einheimische Musik wird zwischen 15.00 und 16.30 Uhr gespielt. Bei meinem Besuch moderierte Elsa Fifita, die Technik wurde von Atunaisa Lokatui kontrolliert. Sendetechniker Iafi’tiom Filuu’n erzählte mir, dass der Mittelwellensender Tag und Nacht alle Inseln abdeckt. Deshalb hat er keine Lust den alten Kurzwellensender wieder flott zu machen. Mit dem Ein-Kilowatt-Sender wurde auf 5030 kHz gearbeitet.  

A3V The Millennium - Radio 2000 popular music 

A3V Radio 2000 ist die erste kommerzielle Radiostation auf Tonga. Als Funkhaus dient ein Bungalow mit Namen Kaipongipongi, der in der Vahaakolo Road gegenüber einer Kirche der Free Wesley Church in Naku’alofa steht. Das Haus und die Ausrüstung haben mich an Piratensender in Irland erinnert. Ein einziges Zimmer dient als Studio, Plattenarchiv und Senderaum. Die Station hat keine Playlist und spielt Musik der letzten 20 Jahre, unter anderem Rap und Reggae. Man sagte mir, auch einheimische Musik würde gespielt, doch davon habe ich nichts gehört. Im Archiv lagerten Platten der 80er und 90er. Radio 2000 hat ein Abonnement von Hitdisc der Firma T.M. Century, USA. In einem Schrank sind Alben gestapelt.

Nur acht Personen arbeiten beim Sender, der rund um die Uhr aktiv ist. Jeder Moderator ist fünf Stunden pro Tag on air. Nach einer Wunschsendung läuft Nonstopmusik während der Nacht. Es gibt kein Format bei der Musikauswahl und der Moderation. Da kein Produktionsstudio vorhanden ist, muss der Moderator von Zetteln die Werbebotschaften verlesen mit instrumentaler Musik im Hintergrund. Bei meinem Besuch war Nasie „on the air“. In dem Studio hat sie ein großes Mischpult, zwei Sony CD-Spieler, einen Technics Kassenspieler, ein Sansui CD-Spieler, einen Panasonic CD-Wechsler (für das Nachtprogramm) und einen Equalizer. In einem Regal steht ein Kassettenradio, um die Sendungen zu kontrollieren. Die Programme werden nicht aufgenommen. Der Sender arbeitet auf 90,1 MHz und ist selbst gebastelt. Die Endstufe wird von einem Küchenventilator gekühlt. Das Netzteil steht in einer Ecke und wird ebenfalls so gekühlt. Ich nehme an, die Sendeleistung beträgt 100 Watt. In der Nähe des Gartenzauns steht ein einfacher Sendemast. Es ist ein eisernes Rohr von etwa zwölf Metern Höhe mit einer Groundplane-Antenne. Damit wird die Hauptinsel abgedeckt. 

Christian Radio 93FM 

Der einzige UKW-Sender, der nicht unter 90 MHz zu finden ist, arbeitet auf 93,1. Dabei handelt es sich um den Missionssender Christian Radio 93FM mit der Senderkennung A3R. Der Sendemast steht hinter einem Haus an der Straße Hala Sou, die Leistung beträgt 200 Watt. In einer Hütte befindet sich die vollautomatische Sendestation. Die Programme bestehen fast nur aus Nonstop-Musik und werden in Stoke on Trent bei United Christian Broadcasters auf Videobänder aufgenommen. Die Kassetten haben eine Laufzeit von acht Stunden. Auf einem Tisch in der Sendestation befinden sich mehrere Sharp HiFi-Videorecorder und ein Schalter. Der Sender kann eine Woche arbeiten ohne Wiederholung oder Wartung. In einem Regal befindet sich ein italienischer UKW-Sender und ein Limiter. Der Sendemast scheint ursprünglich für Funkamateure gebaut worden zu sein. 

Christian Radio 93FM wird von dem Tongan Loni Akolo gemanagt, der bei Pacific Partners gelernt hat. Die Station in Nuku’alofa ist seit 1993 on air. Es werden auch Kurse und Seminare für die Inselbewohner angeboten. 

OBN - Oceania Broadcasting Network

In der Nähe der Auslandsvertretungen und der Nationalbank befindet sich der Fernsehsender OBN. Die Botschaft auf dessen Briefpapier lautet: „Serving God ... Serving His Majesty ... Serving Tonga“. Die christliche Station wurde 1991 gegründet. Inhaber ist Chris Racine. Sein Mitarbeiter Stephen Coyle wurde bei Calvary Chapel ausgebildet.

Die Fernsehstation besitzt ein modernes Haus und einen hohen Antennemast mit Warnblinkern. Außerdem gibt es zwei große Satellitenschüsseln. Sender und Empfänger sowie die weitere Ausrüstung sind in drei Containern eingebaut. OBN sendet zwischen sechs Uhr und Mitternacht an allen Werktagen. Sonntags ist man nur morgens von sechs bis neun und abends von 18.00 bis 23.00 Uhr on air. Grund dafür ist, dass die Bevölkerung mehrmals am Tag die Kirchen besucht. In der sendefreien Zeit werden die Anlagen gewartet. Etwa 70 Prozent der Einwohner können die Sendungen sehen. So viele haben Elektrizität und einen Fernseher.

Stephen Coyle findet es interessant auf Tonga zu arbeiten. Hier gibt es fast keine Sendebeschränkungen. Ursprünglich hat OBN auch eine eigene Nachrichtensendung produziert. Weil Radio Tonga nun auch ein Fernsehprogramm ausstrahlt, wurde sie eingestellt, um Doppelungen zu vermeiden. OBN strahlt immer noch Rugby von der Super Trophy in Australien aus. Auch viele Spielfilme mit christlicher Moral stehen auf dem Programmplan. Von Christian Broadcasting Network (CBN) in USA kommen Programme wie 700 Club, Another Life und Billy Graham Evangelisation.

Eigene Programme sind »Stars on Sunday«, »M’oni ‘ia Kalaisi« (In Christ we live), »Kalaisi ma’a Tonga« (Christ for Tonga), »I hono huafa« (In His Name), Gottesdienste von verschiedenen Kirchen, »Tonga Today« mit Videoreportage, »Tala’o Tonga« (Tonganische Kultur), die Talkshow »Check it out«, »Pole oe Kuonga« und »Makamaile ‘oe Seniluli«. TV Inter aus Schweden hat wegen Sendezeit angefragt, um seine Programme auszustrahlen.

OBN betreibt auch einen UKW-Sender in Pago Pago auf American Samoa. Früher hatte man sogar Interesse gezeigt, den Fernsehsender KGMB in Honolulu, Hawaii zu kaufen.

Karl-Erik Stridh
Fotos: © Karl-Erik Stridh

Aus RADIOJournal 4/2003