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Das Beste aus 20 Jahren RADIOJournal

Vorgestellt: RDP Portugal

Portugal, das westlichste Land des europäischen Kontinents, beginnt erst jetzt durch die Mitgliedschaft in der Europäischen Union einen Schritt in die Zukunft zu setzen. Rund 18 Milliarden ECU werden aus der EG bis 1999 nach Portugal fließen. Ausländische Investoren - wie Ford und VW - nutzen den Standort Portugal wegen der billigen Arbeitskräfte.

Für den sonnenhungrigen Mitteleuropäer ist Portugal durchaus ein Begriff mit seinen Sandstränden an der Algarve, dem berühmten Portwein und dem Fado-Gesang. Zu einem Museum der besonderen Art zählt die Kulturhauptstadt Europas, die auf sieben Hügeln erbaute Hauptstadt Lissabon mit rund 830.000 Einwohnern.

Zum Glück ist Lissabon kein Freilichtmuseum mit Besichtigungszeiten. Es ist immer offen und der Eintritt ist frei. Diese Stadt der Gassen, Ecken und Treppen muss man zu Fuß oder mit der Straßenbahn "Eléctrico 28" erkunden, denn gerade Kleinigkeiten lassen Lissabon zum großen Erlebnis werden. Nennen wir nur einige: den Torre de Belém, das Denkmal der Entdeckungen mit Heinrich dem Seefahrer, die Brücke über den Tejo, den 1901 von Eiffel erbauten Fahrstuhl "Santa Justa" und der alten Seilbahn "Elevador da Glória". Lissabon ist aber auch Heimat von zwei Radiostationen, die wir täglich auf Kurzwelle hören können. Zuerst die katholische Radiostation "Radio Renascenca" und "Radiodifusão Portuguesa" (RDP).

Schöne QSL-Karte von 1969 (Empfangsbestätigung für 6025 kHz)

Besuch im Funkhaus

Anfang der 90iger Jahre ist Radio Portugal International aus dem alten Funkhaus in der Rua das Quelhas in ein neues Domizil mit Studio-Komplex umgezogen. In der Rua das Quelhas befand sich nur die Verwaltung und die Redaktion. Hier wurden die Sendungen vorbereitet und später ging es zu einer Garage, die als Studio hergerichtet war. Bis Ende September 1988 wurde auch hier das deutsche Programm produziert.

Unweit des Botanischen Gartens, im Stadtteil Bairro Alto, befindet sich nun der Sitz von RDP International. Genauer gesagt - in der Rua S. Marcal 1. Hinter den alten rotbaungestrichenen Mauern vermutet man kein Funkhaus. Vor dem Eingang steht ein Wagen von Radio Portugal und ein Bronzeschild mit der Aufschrift RDP International weist aber darauf hin. Durch eine Glastür, die sich automatisch öffnet, betrete ich das moderne Foyer. Eine Klimaanlage sorgt für angenehme Temperaturen. Draußen waren es 26 Grad im September.

Ein silbergrauer Himmel mit den fünf Erdteilen wölbt sich über dem Schreibtisch der Empfangsdame. nach wenigen Minuten begrüßt mich Frau Pavla Tarnaa, Leiterin der Hörerpost-Abteilung. Sie erzählt: "...insgesamt arbeiten heute [1995] 77 Mitarbeiter für RDP, davon übersetzen die portugiesischen Meldungen vier Mitarbeiter in Englisch und Französisch. Wir alle bedauern, nach 28 Jahren den Deutschen-, Italienischen- und Esperanto-Dienst im September 1988 aus finanziellen Gründen zu streichen. Vielleicht besteht in absehbarer Zeit die Aufnahme einer wöchentlichen deutschen Sendung - wie etwa aus Madrid - auch bei uns. Dies können wir natürlich nur durch viele Zuschriften der deutschen Hörer erreichen".

Damals wurde der Auslandsdienst unter dem portugiesischen Diktator Salazar gegründet und die Hauptaufgabe bestand aus Propagandasendungen und einem Hörerclub, der aber heute nicht mehr existiert. 1914 begann der Rundfunk in Portugal mit Rundfunk-Amateurclubs und erst im Mai 1932 ging über einen 20 Kilowatt-Mittelwellensender in Barcarena ein Signal von RDP in den Äther. 1938 wurde auch über einen 10 Kilowatt-Kurzwellensender in Portugiesisch nach Europa, Brasilien und Nordamerika ausgestrahlt. 1954 wurde das neue Kurzwellenzentrum mit 100 Kilowatt-Sendern in Pegoes eröffnet.

Im Obergeschoss des Funkhauses befindet sich die Zentralredaktion in einem Großraumbüro. Hier werden alle Meldungen über Computer-Terminals bearbeitet und auch den Fremdsprachendiensten übergeben. Die englische Redaktion besteht aus zwei Männern. Es sind der Kanadier Barry Gardner und der Amerikaner John Cherry. Teils wird das Programm auch von einer Sprecherin dargeboten.

Die Sendungen werden auf Band vorproduziert und von Montag bis Freitag zweimal ausgestrahlt. Sie besehen aus 20 Minuten Nachrichten aus Portugal und Weltmeldungen mit Landesbezug. Sport und Wetter schließen sich an. Danach folgt ein zehn Minuten-Programm mit Musik, Briefmarken-Börse, Tourismus und Hörerbriefkasten je nach Wochentag. Insgesamt ein informatives Programm vom westlichsten Nachbarn. Im Bild: QSL-Karte (Empfangsbestätigung) von 1982 für DX-Club-Mitglieder.

In den Studios

Producer Hermenegizoo Gomes zeigt mir im Kellergeschoss den modernen Studio-Komplex. In einem Kreis sind die modernen Studios eingerichtet. Davon gibt es sieben mit moderner Technik. Alle sind als Selbstfahrerstudios mit Mischpult, Bandmaschinen und CD-Desk ausgestattet. Ein Studio ist täglich 24 Stunden on air. Hier wird ein portugiesisches Programm für die Cap Verden, San Tomé, Guiné-Bissau und Moçambique produziert. Es wird per Satellit zu den dortigen Rundfunksendern auf FM überspielt.

Ein weiteres Hauptstudio steht für den Sport bereit. Fußball mit Benfica Lissabon und Porto hat auch Vorrang vor Ausstrahlung der Fremdsprachensendungen. So hört man öfters zur Englisch-Sendezeit den Portugiesischen Sportreporter.

Alle Sendungen werden vom Hauptschaltraum des Inlandsfunk in der Ave. Duarte Pacheco 5 per Kennung abgerufen und dann per Leitung zum Sendezentrum Pegoes, etwa 80 Kilometer östlich von Lissabon, transportiert. Hier stehen sechs 100 und ein 300 Kilowatt-Sender. Als Antennen dienen eine Vorhangantenne, Rhombus- und vertikal-logarithmische Antennen. Einige Sendungen werden aber auch über Radio Trans Europe in Sines ausgestrahlt.

Peter Schneider
Fotos: © Peter Schneider
www.rtp.pt

Aus RADIOJournal 11/1995

• Nachdem der Deutsche Dienst aus Lissabon schon vor Jahren weggespart worden war, hat RDP am 31. März 1998 nun auch die Sendungen in Englisch und Französisch eingestellt. (RADIOJournal 5/1998)