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Special Broadcasting Service - Ethnisches Radio in Australien

Die australische Bevölkerung deutschsprachiger Herkunft, die sich aus Deutschen, Österreichern und Deutschschweizern zusammensetzt, wuchs in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg drastisch an. Es gab bereits frühere Einwanderungswellen, die die deutschsprachigen Immigranten zu einer der größten Gruppen nicht englisch sprechender Herkunft werden ließen. Ihre Gegenwart ist bereits in den frühesten Tagen der Kolonisation belegt. 

Da die deutschsprachigen Siedler eine bedeutende Rolle im Aufbau der Landwirtschaft und Maschinenindustrie in Australien gespielt haben, ist diese Gruppe nun weitaus besser in die australische Gesellschaft integriert als die meisten anderen Einwanderergemeinden.

Heute ist die Mehrheit der deutschsprachigen Fachkräfte und Gewerbetreibenden, die während der letzten Einwanderungswellen in den sechziger und siebziger Jahren in Australien eintrafen, kaum vom Rest der australischen Gesellschaft zu unterscheiden. Über die Jahre hinweg wurde die Aufrechterhaltung ihrer kulturellen Identität immer schwieriger, da die Nachkommen der zweiten und dritten Generation völlig assimiliert wurden, was auch für andere Sprachgruppen zutrifft. Die Einbeziehung magazinartiger deutsch­englischer Rundfunksendungen trägt diesem Trend Rechnung.

Deshalb wurde von der australischen Bundesregierung das Radioprojekt - Ethnic Australia ins Leben gerufen. Die Existenz wird damit begründet, dass Australien ein multi­kulturelles Land ist und bleiben soll. 1975 gab es erste Sendungen durch Ehrenamtliche auf experimenteller Basis. Zunächst über 2EA in Sydney und 3EA in Melbourne mit vier Programmstunden täglich in acht Sprachen.

Heute ist SBS Radio Australias nationales multikulturelles und multilinguales Radio­Network. Es wird in 68 Sprachen gesendet, mehr als jede andere Rundfunkstation in der Welt. Im Jahre 1980 begann SBS Television und startete zunächst in Sydney und Melbourne, nach und nach auch in anderen Städten und Regionen Australiens. SBS Television erreicht 17,5 Millionen Zuschauer und SBS Radio Millionen von Australier unterschiedlicher Kultur und Nationalität.

SBS Radio sendet heute mehr als 650 Programmstunden wöchentlich über Radio Melbourne 1 und 2, Radio Sydney 1 und 2 sowie über das National Radio Network. Gesendet wird auf Mittelwelle und UKW in Melbourne und Sydney sowie in großen Städten im ganzen Land. Das deutschsprachige Programm ist größenmäßig auf Platz 3, also etwa so umfangreich wie die Programme für die griechische und italienische Zielgruppe.

Es gibt jeweils einstündige Programme, die nach Größe der Sprachengruppe entweder täglich ausgestrahlt werden oder bei kleinen Sprachengruppen nur einmal in der Woche zu hören sind. Die Hauptsprachen ­ einschließlich Englisch ­ werden sogar zweimal pro Tag und an sieben Tagen in der Woche gesendet. Dazu gehört auch Deutsch.

Alle Programme beginnen mit Nachrichten. Dann folgt eine Mixtur aus Berichten, Sport, Talks, Meldungen aus den deutschen Gemeinden und deutsche Musik. Das deutschsprachige Programm von SBS Radio erlaubt den Ansatz, traditionelle, folkloristische, wie auch zeitgenössische und kulturelle Themen und Entwicklungen in variabler Kombination zu behandeln. Außerdem gibt es magazinartige Sendungen mit Aktualitäten auf Deutsch und Englisch. Sie sind jeweils am Sonntag und Montag zu hören und tragen den Titel »Let's go deutsch«.

Um auch umfassend aus Deutschland, Österreich und der Schweiz berichten zu können, liefern sowohl die Deutsche Welle, als auch SRI, der ORF, SWR und nicht zuletzt die IADM (Assoziation deutschsprachiger Medien) mit Sitz in Köln Beiträge zum deutschsprachigen Programm. Daneben gibt es noch australische Korrespondenten in Adelaide, Darwin, Brisbane, der Goldküste, Hobart und Perth.

Die Programme werden von gelernten Moderatoren und Journalisten zusammengestellt. Sie sind an der australischen Film, TV- und Radioschule ausgebildet worden. Durch ihre Aufnahme in den Öffentlichen Dienst haben sie eine Festanstellung.

Das deutschsprachige Team ist besonders stolz auf seine Verbundenheit mit einem Pionier des ethnischen Rundfunks in Australien: Walter Schäuble. Er war einer der ersten Koordinatoren des deutschsprachigen Programms in den siebziger Jahren. Gerda Louch, die derzeitige Leiterin des deutschen Programms in Melbourne, arbeitete mit ihm mehr als fünf Jahre lang, bis er 1986 starb.

Zu seinem Angedenken wurde die Walter Schäuble Stiftung ins Leben gerufen, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, ethnische Journalisten und Medienschaffende in ihrer professionellen Ausbildung zu unterstützen.

Hans Werner Lange
Fotos: © SBS Radio
www.sbs.com.au

Aus RADIOJournal 9/2000

• Auf der Website kann die deutschsprachige Sendung mit dem »Australien Journal« in RealAudio angehört werden und ist auch als Podcast abrufbar.