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Julia Siegel: »Jetzt hab’ ich mich
selbst aus dem Tritt gebracht...«

„...Wo das Bügeleisen fast wie von alleine über das Brett gleitet…” haucht eine beruhigende Frauenstimme ins Mikrofon und ihr sanfter Ton vermischt sich langsam mit den ersten Takten des soften Hits „Everytime We Touch“ von Maggie Reilly.  „RTL RADIO, die besten Hits aller Zeiten“. Entspannen, Stress abbauen, Relaxen, mal richtig durchpowern... Wenn Julia Siegel auf Sendung ist, werden eine Menge Emotionen transportiert. Mit herzerfrischender Natürlichkeit gibt sie dem Hitformat des Musiksenders den Personal-Touch einer Wellness-Oase fürs Gemüt. Songs, die ans Herz gehen - „für alle, die jetzt ein bisschen Wärme vertragen können“ oder der absolute Kracher „zum Wahnsinns in die Puschen kommen“ - selbst dem unbehaglichsten Wetter kann Julia noch ein paar brauchbare Energien abgewinnen und holt für die Hörer einfach „die Sonne in die Ohren“ mit dem Klasse Hit von Sam Cooke „Wonderful World“. Mit ihrer wandlungsfähigen Stimme findet die charmante Moderatorin für jede Klang-Situation die passenden Worte: „...Und jetzt redet nur eine, beziehungsweise singt“: Celine Dion - A New Day Has Come! Und wenn sie in Action mal den falschen Knopf drückt - Julia bleibt cool und erklärt ganz locker: „Ich bin blond, eine Frau und darf das!“ So wird jede kleine Panne zum Programm-Highlight.

Im Gespräch gibt sich die schlagfertige Blondine dann eher zurückhaltend. Sie möchte nichts an die große Glocke hängen, was nicht unbedingt gesagt werden muss. Aber mit einem schelmischen Lachen und der Frage: „Soll ich nicht gleich meine Memoiren schreiben?“ ist das Eis gebrochen und Julia verrät mir dann doch einige interessante Details aus ihrer spannenden Biografie.

Schon in der Schule fiel Julias Showtalent positiv auf und so fand sie sich als junges Mädchen unverhofft auf der Bühne eines bedeutenden Sport-Events wieder und moderierte mit klopfendem Herzen aber wie ein Profi die Veranstaltung. Doch obwohl in ihrer Heimatstadt Köln eine der größten Rundfunkanstalten Deutschlands zu Hause ist, blieb ihre Sprachbegabung zunächst unentdeckt und Julia entwickelte „ein kleines und bescheidenes Talent“ in einem radiofernen aber durchaus anverwandten Beruf. „Die ganze Familie besteht aus Künstlern“, erzählt Julia „bis auf meinen Bruder, der arbeitet beim Fernsehen. Meine Mutter ist freischaffende Malerin und Keramikerin in Köln, und da mein Vater und mein Opa Grafiker waren, lag es für mich nahe auch Grafik beziehungsweise Kommunikationsdesign zu studieren. Nach der Schule habe ich in einer kleinen Agentur in Köln gearbeitet. Aber wie das bei jungen Menschen manchmal so ist, hat man irgendwann keine Lust mehr zu malochen und will stattdessen dann doch wieder zur ‚Schule’. Wie es der Zufall will hat es mich an die Mosel nach Trier verschlagen.“

Folglich schon mal in die Nähe von RTL RADIO. Zunächst noch ohne Vorahnung was die Zukunft bringen würde, jobbte Julia ein Jahr in der ältesten Stadt Deutschlands mit der Porta Nigra, den anspruchsvollen Boutiquen, Szene-Shops, Einkaufstempeln, gemütlichen Cafés, Universität und Fachhochschule, um schließlich mit dem Grafikstudium loszulegen. „Und das war dann auch das erste Mal in meinem Leben, dass ich etwas nicht zu Ende gebracht habe. Nach dem Vordiplom dachte ich: Nee, das is’ es nicht! Also war ich zumindest konsequent genug, um das Studium hinzuschmeißen.“

Eine kluge Entscheidung, denn nun war der Weg frei in Richtung Luxemburg. Freunde, die bei RTL arbeiteten, boten Julia an ein Praktikum im Sender zu machen. Wieder durch irgendeinen Zufall landete sie dabei schon nach kurzer Zeit („Ganz so doof kann ich nicht gewesen sein!“) bei Jochen Pützenbacher im Studio und lernte die Technik. Der stets gut gelaunte Starmoderator mit der markanten sexy-voice war seinerzeit Unterhaltungschef von RTL RADIO. Immer locker und lustig begeisterte er seine Fans vor den Lautsprechern. Komische Situationen waren praktisch vorprogrammiert. „Damals habe ich Jochen die Sendung gefahren“, erinnert sich Julia an eine schöne Geschichte mit dem beliebten Kollegen. „Wir brachten uns abwechselnd Überraschungseier mit, haben die wie kleine Kinder gefuttert und zusammengebaut. Ein Ding sah so dermaßen blöd aus, dass wir fast zusammengebrochen sind vor Lachen. Problem war nur, dass Jochen einen Break hatte und aus der Lachnummer nicht mehr raus kam. Also machte ich ihm das Mikro auf und er versuchte zu erklären was los ist. Nur wurde dadurch alles noch viel schlimmer - denn, wenn man sich zusammenreißen muss, geht gar nichts mehr.“

Für Julia Siegel bleibt Jochen Pützenbacher „der Größte“ und ein „toller Typ“, dem sie einiges an Erfahrung abgucken konnte. Denn so einfach wie sich der erste Höreindruck für einen Laien darstellt, ist der Moderatorenberuf dann doch nicht. „Von Jochen habe ich gelernt viele Dinge einfach locker zu nehmen und zu sehen. Zum Beispiel, wenn der Computer abstürzt oder ich mich am Pult mal verdrücke. Auch wenn es nicht immer leicht ist, einen Fehler wirklich entspannt hinzunehmen“, gesteht Julia, und mit etwas Wehmut fügt sie hinzu: „Dann ging Jochen in Rente. Mann, war das schade!“ Ihr herzhafter Schlusssatz ist die kurz gefasste Laudatio für einen Showmaster, der das Radio fernab jeder Routine geprägt und belebt hat. Das ist nun fast zwölf Jahre her. Heute trainiert Jochen den Nachwuchs und Julia zollt dem Meister Respekt, in dem sie sich auf ihre ureigene Art selbst zur Radiopersönlichkeit entwickelt. Julias Mikrofon-„Premiere“ gestaltete sich wieder als einer der ganz großen Zufälle. Sie war einfach zur rechten Zeit am rechten Ort. Ein nachhaltiges Erlebnis, an das sie mit einem Kribbeln im Bauch zurückdenkt, so als wäre es gerade erst passiert: „Mein Chef, Holger Richter, hatte damals die Morningshow übernommen, und als seine Co-Moderatorin krank wurde, musste ich ran. Auf meinem Anrufbeantworter fand ich die Nachricht, dass ich Tags darauf kommen müsse, um die Technik zu übernehmen. Habe mir dabei nicht wirklich was gedacht. Als ich dann mit Cheffe um halb sechs am nächsten Morgen im Studio saß, eröffnete er mir: ‚Du machst jetzt mit. Mir ist das allein zu langweilig’! - da ist mir das Herz in die Hose gerutscht.“

Das erste Mal vorm Mikrofon. Jeder, der diese Situation einmal in seiner Moderatoren-Laufbahn erlebt hat, kennt das Gefühl von totaler Anspannung und am liebsten im Erdboden versinken. „Meine Stimme war etwa zwei Oktaven höher als normal. Und jedes Mal, wenn ich was sagen sollte, wäre ich am liebsten gestorben.“ - „Aber, du lebst noch!“ - „Ja, und ich bin heute froh darüber, dass Holger mir diese Chance gegeben hat! So kam dann eins zum anderen.“

Ein Jahr später lernte Julia ihren Mann kennen. Dann erblickte Söhnchen Max das Licht der Welt und sie konnte nur noch am Wochenende und an Feiertagen arbeiten. „Da blieb das Familienleben etwas auf der Strecke, aber dafür haben Vater und Sohn ein äußerst gutes Verhältnis zueinander. Und das war es wert“, sagt Julia. Als sie Max in der Kita gut aufgehoben wusste, fuhr sie wieder nach Luxemburg und moderierte die Tagesstrecke von 10 bis 15 Uhr.

Auch wenn das Mikro für Julia Siegel nicht das Geilste auf der Welt ist, hat sie nach über elf Jahren bei RTL RADIO noch viel Freude an ihrem Job und ist dankbar für die Anerkennung und  Bestätigung, die sie tagtäglich durch ihre Arbeit erfährt. „Manchmal kommt es mir so vor, als wären seit meiner ersten ‚Zwangs-Sendung’ Jahrhunderte vergangen. Andererseits habe ich hin und wieder das Gefühl, als wäre es erst gestern gewesen. Aber jeder der mal angefangen hat weiß, was das für ein seltsames Gefühl ist, wenn plötzlich das rote Licht angeht und es kein Zurück mehr gibt. Mittlerweile ist es für mich ganz normal ‘On Air’ zu sein. Aber ich habe seit dieser Zeit viel gelernt und das tue ich auch jetzt noch.“

Anita Pospieschil
Fotos: © Julia Siegel / RTL RADIO

Aus RADIOJournal 12/2007



... und wenn sie in Action mal den falschen Knopf drückt - Julia bleibt cool und erklärt ganz locker: »Ich bin blond, eine Frau und darf das!« So wird jede kleine Panne zum Programm-Highlight.



Julia und Sohn Max vor dem modernen RTL Funkhaus auf dem Luxemburger Kirchberg



»... Jeder der mal angefangen hat weiß, was das für ein seltsames Gefühl ist, wenn plötzlich das rote Licht angeht und es kein Zurück mehr gibt«.



Julia im Studio von RTL RADIO am Bedienpult vom Musikcomputer.



»... Damals habe ich Jochen die Sendung gefahren ... Von ihm habe ich gelernt viele Dinge einfach locker
zu nehmen und zu sehen«.




Julia und Max bei einem Heimspiel des 1. FC Köln. Max ist für Julia das Wichtigste im Leben. Deshalb liest Mama mit ihrer schönen Stimme dem kleinen Nachwuchskicker auch regelmäßig eine Gute-Nacht-Geschichte vor.



• Julia Siegel
war bis 30. Juni 2015
im Tagesprogramm
von 10.00 bis 15.00 Uhr
zu hören. Sie ist jetzt in der Luxemburger Lokalredaktion tätig (Wetter, Verkehr...).


Julias Mutter ist freischaffende Malerin in Köln: www.crischa.net