RTL Radio Luxemburg
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Kein Tag ohne
»The Great Two-Oh-Eight«...

Norbert aus Freiburg erinnert sich:

Mich erwischte das Radiofieber 1967 - damals war ich sieben Jahre alt und stellte zum ersten Mal den Skalenzeiger des Siemens-Röhrensupers meiner Eltern auf die Mittelwelle
1440 kHz. Was derzeit in der deutschen Rundfunklandschaft
an Pop-Musik geboten wurde, fand ich mehr als spärlich. Unser Ortssender Südwestfunk 1. Programm brachte am Samstagabend mal eine Stunde »Stars und Hits« mit Walter Krause. An andere Pop-Sendungen kann ich mich nicht erinnern. SWF 3 kam ja erst einige Jahre später. Und immer eine Woche auf diese Hitparade zu warten, dauerte mir einfach zu lange. An ein Tonbandgerät war finanziell nicht zu denken, Schallplatten konnte ich mir als „Dreikäsehoch“ ebenfalls keine leisten. Doch nun war eine Alternative mit den magischen drei Buchstaben gefunden: RTL. Der Mittelwellensender in Marnach hatte damals noch 600 Kilowatt Leistung und wurde ein Jahr später auf sagenhafte 1200 Kilowatt erhöht.

Selbst im Urlaub brauchte ich nicht auf die fröhlichen Wellen
zu verzichten. Mein Vater hatte in seinem 64er-VW-Käfer einen „Blaupunkt Frankfurt“ (mit den fetten schwarzen Tasten, die wie ein Gebiss aussahen). Dieser Autosuper war kurzwellentauglich - ja, er hatte sogar ein gespreiztes
49-m-Band. Als besonderes Schmankerl war auf der recht kleinen KW-Skala ein „L“ zu sehen, welches das Auffinden von Radio Luxemburg zu meinem Glück sehr erleichterte. Auch die Empfänger-Industrie erkannte wohl immer mehr die Beliebtheit dieses Senders.

Mir gefiel der lockere Moderationsstil aller Sprecher von Radio Luxemburg, dieses „auf du und du“ mit den Hörern, offen und ungezwungen. Da wurde auch öfter mal gelacht und geblödelt. Nicht zu vergleichen mit den biederen, lehrerhaften Ansagen der öffentlich-rechtlichen „Anstalten“, welche dem Hörer absolut keine Verbundenheit vermittelten. Und auch das Musikprogramm von Radio Luxemburg kam gut rüber - für mich zwar nicht unbedingt die deutschen Schlagerschnulzen (die waren eher was für meine Eltern), es wurde auch einiges an aktuellem Pop gespielt.

Gegen Mitte der 70er-Jahre zog mich das englische Programm RTL 208 immer mehr in seinen Bann. Dort war alles noch flotter, peppiger. Man hatte das Gefühl, die DJs stehen dauernd unter Hochspannung. Geile Personalityshows, super Jingles, wie man es nur von Offshorestations der Piratenszene gewohnt war. Als die Discowelle einsetzte und Anfang der 80er die »Top 40 Disco Show« ablief, gab es für mich fast keinen Tag mehr ohne „The Great Two-Oh-Eight“. Disco, Soul und Funk wurde my favourite music und blieb es bis zum heutigen Tag. Ich klebte buchstäblich am Lautsprecher meines Kofferradios, wenn sonntagabends die Disco Show kam. Der typische Mittelwellensound am Abend mit seinem Fading, Überlagerungspfeifen etc. gab dem Ganzen ein unbeschreibliches Flair, das ich nicht mit Worten erklären kann. Es ging einfach durch und durch. (Die heutige, junge Generation kann das bestimmt nicht mehr nachvollziehen, im Zeitalter der lupenreinen digitalen Audiotechnik - sie hält uns sicher für ewiggestrige Spinner). 

Anyway - für mich stand immer mehr fest: Ich will nicht nur Radio hören, sondern MACHEN. Mit knapp 22 Jahren baute ich mir einen 10 Watt-FM-Sender mit einer guten Antenne unterm Dach. Dazu ein kleines Mischpult, eine Revox A-77, zwei Disco-Plattenspieler, das Mikrofon. Mir war klar, dass ich mich gesetzmäßig strafbar machte, aber das steigerte meine Motivation noch mehr, der Reiz des Verbotenen. Ich unterhielt zu unterschiedlichen Zeiten meine Nachbarschaft mit Disco, Soul und Funk, dazwischen selbstgebastelte Jingles und meine ersten Moderationsversuche. Meine Stimme und die Musik kamen immer mehr an, erwischt wurde ich nie!

Durch Zufall lernte ich ein paar Jahre später Frank Leonhardt (auch ein total Radioverrückter wie ich) kennen - dieser betrieb im südbadischen Offenburg einer der ersten privaten Sender in Deutschland, „RTO“ - Radio Telstar Offenburg. Bei dieser kleinen Station durfte ich mir meinen lang gehegten Wunschtraum erfüllen: Ich bekam zwei Stunden in der Woche, in denen ich live meine Lieblingsmusik legal über den Äther senden durfte (später bekam ich noch mehr Sendezeit). Bei diesem Sender arbeitete übrigens auch Patrick (damals noch unter seinem realen Namen „Detlef“) Lynen, vor seiner Karriere bei Radio Luxemburg und ein paar andere Leute, die heute ihren festen Platz beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben (Stephan Kaiser, Günter Laubis, Jochen Graf, Sebastian Bargon).

Mit Sicherheit wäre ich auch weitergekommen, wenn mir nicht das Schicksal einige Knüppel zwischen die Beine geworfen hätte - finanziell, gesundheitlich und familiär. Meine Haupttätigkeit war Tontechniker in einem eigenen, top ausgerüsteten Studio in Freiburg/Breisgau - Produktion von Rundfunk-Werbung für Privatsender, Rundfunk-Themen-Service. Diese Firma führte ich zusammen mit einem guten Freund. Anfang der 90er-Jahre führten drastische Veränderungen in der privaten Rundfunklandschaft zum wirtschaftlichen Crash, wir machten pleite...
 
Zum Abschluss noch ein paar Worte zum Programm von RTL RADIO ab 1990: Die Oldie-Schiene bis 2002 fand ich persönlich nicht schlecht, Martina Straten ­ mittlerweile seit acht Jahren dabei ­ halte ich für eine sehr kompetente und schlagfertige Moderatorin, die noch ein wenig Flair aus den Tagen in der Villa Louvigny (wo nun das luxemburgische Gesundheitsministerium sitzt...) rüberbringt. Ich schalte mich ab und zu mal in ihre Sendung »Martina am Morgen« ein.

Bild oben: Norbert (vierter von links) bei Radio Telstar Offenburg mit einem Teil der Crew am letzten Sendetag,
dem 31. Dezember 1992. Das Lächeln täuscht, die Stimmung war recht sentimental.

Aus RADIOJournal 8/2004


»... Selbst im Urlaub brauchte ich nicht auf die fröhlichen Wellen zu verzichten. Mein Vater hatte in seinem 64er-VW-Käfer einen „Blaupunkt Frankfurt“ (mit den fetten schwarzen Tasten, die wie ein Gebiss aussahen). Dieser Autosuper war kurzwellentauglich -
ja, er hatte sogar ein gespreiztes 49-m-Band. Als besonderes Schmankerl war auf der recht kleinen KW-Skala ein „L“ zu sehen, welches das Auffinden von Radio Luxemburg zu meinem Glück sehr erleichterte...«




»... Gegen Mitte der 70er-Jahre zog mich das englische Programm RTL 208 immer mehr in seinen Bann. Dort war alles noch flotter, peppiger. Man hatte das Gefühl, die DJs stehen dauernd unter Hochspannung. Geile Personality-shows, super Jingles, wie man es nur von Offshorestations der Piratenszene gewohnt war. Als die Discowelle einsetzte und Anfang der 80er die »Top 40 Disco Show« ablief, gab es für mich fast keinen Tag mehr ohne „The Great Two-Oh-Eight“.«

  • Aircheck
    von RTL 208
     
    Opener für die Show von Benny Brown mit dem berühmten "Powerplay" -
    ein besonderer Titel, 
    der jede volle Stunde nach den News gespielt wurde (aufgenommen via
    Mittelwelle 1440 kHz).


Ich schalte mich ab und zu mal in ihre Sendung »Martina am Morgen« ein...



Norbert bei WDR 4

Fotos: © Norbert Armbruster