Rundfunk in Südtirol
Infopage

Dreisprachiges Programm in den Dolomiten - Radio Gherdëina sendet für die Ladiner

Wer durch das Zentrum von St. Ulrich geht, jenem Ort, wo der legendäre Bergsteiger Luis Trenker zu Hause war und seine letzte Ruhe fand, kann das Lokalradio gar nicht verfehlen. Eine Werbeschrift an einem Balkongeländer in der via Rezia 116 weist gut sichtbar den Weg zum einzigen dreisprachigen Programm in Südtirol. Radio Gherdëina Dolomites wurde im Jahr 1979 von Ivo Walpoth, Arno Mahlknecht und Oswald Rifesser ins Leben gerufen und ist seit 1991 im Besitz der Familie Franz Rabanser aus St. Ulrich, die, zusammen mit vielen fleißigen Mitarbeitern, den Sender mit Begeisterung betreibt.

Gesendet wird in ladinischer, deutscher und italienischer Sprache. „Unser Einzugsgebiet sind alle ladinischen Täler (Gröden, Gadertal, Fassatal, Buchenstein, Colle S. Luzia und Cortina d’Ampezzo), das gesamte Pustertal, das Eisacktal, Bozen und Unterland, Meran und Umgebung sowie das Schlerngebiet“, erklärt Thomas Rabanser, der Sohn der Besitzerfamilie, den wir als einzigen Mitarbeiter bei unserem spontanen Besuch im Studio antreffen. Er ist gerade auf Sendung, nimmt sich aber dennoch sofort die Zeit, geduldig und auskunftsfreudig über das einzigartige Radio Gherdëina, Radio Gardena oder Radio Gröden zu berichten.

Die Mitarbeiter unterhalten die Hörer täglich live mit aktuellen Informationen aus Kultur, Politik, Wirtschaft und Sport. Unterhaltungssendungen mit Gewinnspielen und Quizen gehören ebenso dazu wie die schönsten Hits aus der internationalen und ladinischen Musikszene. Zehn Minuten vor der vollen Stunde werden die aktuellen Nachrichten des »Südtirol Journals« aus der Nachrichtenagentur RMI in Bozen übernommen. Zur Kernmannschaft gehören neben Familie Rabanser und dem erwähnten Gründer Ivo Walpoth, der noch heute als Techniker dabei ist, Armin Moroder, Egon Vinatzer und Martina Rier. Es gibt zweieinhalb feste Stellen beim Sender, darüber hinaus kann auf 15 freie Mitarbeiter zurückgegriffen werden. „Unser Alleinstellungsmerkmal ist die ladinische Sprache, in der fast 70 Prozent unserer Sendungen gestaltet werden“, erklärt Thomas Rabanser zwischen zwei Höreranrufen im Studio.

Zwischen 20.000 und 25.000 Ladiner gibt es in Südtirol, die praktisch alle Stammhörer des Senders sind, der insgesamt rund 40.000 Hörer erreicht. Auch Sondersendungen, etwa zum Ski-Weltcup, sind fester Bestandteil des Programms, das sich durch lokale Werbung refinanzieren kann. „Gerade für kleine Kaufleute und ladinische Firmen sind wir konkurrenzlos günstig und bieten eine Zielgruppe ohne große Streuverluste“, bringt Thomas Rabanser die Vorteile auf den Punkt. Besonders stolz ist er darauf, dass Radio Gherdëina zudem alle zehn UKW-Umsetzer selbst betreut, hier also auf keine Fremdfirmen angewiesen ist. In Deutschland noch immer undenkbar, in Südtirol schon längst geübte Praxis, die obendrein viel Geld spart.

„Wir legen Wert auf Sprache, Ereignisse und Kultur“, fasst Thomas Rabanser die Schwerpunkte des Senders zusammen. Viele Informationen kommen über Pressemitteilungen, aber auch elektronische Post von Hörern hat stark zugenommen. Der Sendecomputer mit der Musik ist bereits digital - die Sendeabwicklung erfolgt mit Win-Media - der Rest der Technik funktioniert noch in bewährter analoger Art und Weise. Live gesendet wird von 6.30 Uhr bis 19.00 Uhr. „Bei Interviews richten wir uns nach den Gesprächspartnern. Es gibt viele Leute - vom Pfarrer bis zum Spitzenpolitiker - die gern ins Studio kommen. Wir gehen aber auch vor Ort und zeichnen dort auf“, erklärt Thomas Rabanser. Er verweist zugleich darauf, dass Radio Gherdëina alle Altersgruppen abdecken möchte, was nicht nur den Moderatoren und Redakteuren große Freiheiten einräumt. Auch die musikalische Bandbreite ist vielfältig und reicht von Poptiteln über Klassik bis hin zur Volksmusik.

Das Tagesprogramm hat drei Moderatoren. Morgens und am Vormittag wird live gesendet, am Nachmittag wiederum zwischen 13.00 und 15.00 beziehungsweise 16.00 und 19.00 Uhr. In der Stunde zwischen 15.00 und 16.00 Uhr sind die Sendungen der freien Mitarbeiter zu hören. Erwähnenswert findet Thomas Rabanser die große Resonanz, die Radio Gherdëina hervorruft. „Wir stehen in ständigem Kontakt mit unseren Hörern, besonders die Kleinanzeigen im Nachmittagsprogramm erfreuen sich reger Beliebtheit“, erklärt der engagierte Radiomacher während bereits wieder das Telefon klingelt. Auch über das Internet sind viele Hörer dabei.

Dass es den Sender nach gut 30 Jahren noch immer gibt, kann nicht hoch genug bewertet werden. Nach diversen Eigentümerwechseln verstummte das Programm zweimal, aber seit 1991 ist es mit der Familie Rabanser in ein stabiles und wirtschaftlich gesundes Fahrwasser gekommen. „Wir arbeiten mit schlanken Strukturen. Unsere Hauptausgaben sind Strom- und Personalkosten. So hoffen wir, dass es noch viele Jahre möglich sein wird, Radio Gherdëina erfolgreich zu betreiben“, wünscht sich Thomas Rabanser bei unserer Verabschiedung.

Stefan Förster
Fotos: © Uwe Förster
www.radiogardena.it  

Aus RADIOJournal 4/2010


»... Unser Alleinstellungs-merkmal ist die ladinische Sprache,
in der fast 70 Prozent unserer Sendungen gestaltet werden ... Wir legen Wert auf Sprache, Ereignisse und Kultur ... Es gibt viele Leute - vom Pfarrer bis zum Spitzenpolitiker -
die gern ins Studio kommen. Wir gehen aber auch vor Ort und zeichnen dort auf ... Unsere Hauptausgaben sind Strom- und Personalkosten. So hoffen wir, dass es noch viele Jahre möglich sein wird, Radio Gherdëina erfolgreich zu betreiben...«




Hinweis auf Sender
und Frequenz an der Hausfassade von Radio Gherdëina in St. Ulrich



Thomas Rabanser im Studio



Studioeinrichtung



Radio Gherdëina
sendet digital




Großes Musikarchiv