Rundfunk in Südtirol
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Alles unter einem Dach - Funkhaus Südtirol vereinfacht Arbeitsabläufe deutlich

Der 16. Mai 2008 war ein Meilenstein für die Südtiroler Rundfunkszene: An diesem Tag nahm das damals modernste Funkhaus Europas in der Innsbrucker Straße in Bozen seinen Sendebetrieb auf. Seitdem sind hier die beiden Landessender Südtirol 1 (AC-Format), Radio Tirol (Schlager, Oldies, Evergreens) und die einzige Südtiroler Nachrichtenagentur RMI unter einem Dach vereint, die vorher auf drei verschiedene Standorte verteilt waren. „Die Hoffnung auf ein neues Funkhaus war all die Jahre da. Man hat zwar täglich miteinander telefoniert, aber das kann eine persönliche Abstimmung nicht ersetzen. Jetzt sieht man erst, wie gut verzahnt viele Abläufe ineinander übergreifen“, schwärmt Programmdirektor Heiner Feuer von den Vorzügen des modernen und freundlichen Funkhauses.

Heute koordinieren vier Tagessitzungen die Arbeit der beiden Radioprogramme und der Nachrichtenagentur. Um fünf Uhr in der Früh findet bereits eine Morgenkonferenz statt, um zehn Uhr ist die Hauptsitzung dran, an der Mitarbeiter aus allen Abteilungen teilnehmen. Hier wird ausgewertet, was am Morgen auf den Sendern zu hören war, festgelegt, was im weiteren Tagesprogramm Schwerpunkt sein soll und diskutiert, mit welchen Themen man die Hörer am darauffolgenden Tag am Radio halten will. Am Nachmittag findet eine weitere Konferenz statt, zudem gibt es eine Wochensitzung für die übergreifende Planung. Die räumliche Nähe vereinfacht auch den Austausch der Moderatoren. Ihre Vorbereitungsplätze liegen nebeneinander, die Studios ebenso. Auch die Nachrichtenleute sind jetzt ganz anders ins Programm eingebunden, da sie den Sendeablauf nun hautnah miterleben.

Die engere Abstimmung unter einem Dach der verschiedenen Formate macht sich insbesondere bemerkbar, wenn es darauf ankommt, auf außerordentliche Ereignisse schnell und kompetent zu reagieren. Etwa bei einem Unwetter oder einem prominenten Todesfall. Bewährungsprobe war hier das plötzliche Ableben des Bischofs Wilhelm Egger, der bei der Funkhauseinweihung noch mit auf den roten Knopf gedrückt hatte. Und die größte Zugkatastrophe des Landes war ein erneuter Beweis: Nur wenn alle Abteilungen eng miteinander verbunden sind, kann man vom Aktuellen Dienst, über die Moderation, der Musik bis hin zur Werbung sofort reagieren. „Wir waren nicht nur die ersten vor Ort“, berichtet Geschäftsführer Karl Kleinrubatscher, „sondern haben zwei Tage reines Sonderprogramm gefahren. Selbst Trailer mit Gewinnspielen oder Werbespots, die der Trauer im Land nicht entsprachen, wurden geschoben“.

Die Gesellschafter der im neuen Domizil vereinten Sender überschneiden sich zwar zum Teil, sind aber nicht deckungsgleich. Daher legen Kleinrubatscher und Feuer Wert darauf, dass es sich bei allen zu nutzenden Synergien immer noch um autarke Programme handelt, die selbstständig ihren Platz im engen Südtiroler Radiomarkt finden müssen. Das scheint auch zu gelingen. „Beide Formate ergänzen sich perfekt und sind nach einer Optimierung der Musik auch langfristig gut aufgestellt“, findet Heiner Feuer. Südtirol 1 wird von der Professionalität und der Anmutung her oft mit der österreichischen Pop- und Servicewelle Ö3 verglichen, die auch jenseits der Landesgrenze zu empfangen ist. Obwohl der Bozner Privatsender nicht 130 Mitarbeiter zur Verfügung hat wie der öffentlich-rechtliche Sender aus Wien, gleicht er doch dessen großes Manko aus - die regionale Kompetenz.

Als Südtirol 1 vor acht Jahren startete, sondierten die künftigen Macher zuvor über ein dreiviertel Jahr den Markt. Mittels Mappingstudien und Umfragen wurden die Möglichkeiten ausgelotet, ein neues Programm in einer möglichst großen Zielgruppe zu positionieren. Herausgekommen ist ein AC-Format für die 20- bis 50-Jährigen, das sich großer Beliebtheit erfreut. Eine gute Ergänzung stellt dazu Radio Tirol dar, das für die Kernzielgruppe der 30- bis 60-Jährigen sendet und ein Melodieformat fährt. Dass deutschsprachige Musik ankommt zeigt die Tatsache, dass der Schlageranteil in den letzten Jahren sogar noch erhöht wurde. Problematisch ist die Reichweitenmessung in Südtirol, da es keine vergleichbaren Instrumente wie die Media Analyse in Deutschland gibt. Die landesweiten italienischen Untersuchungen sind nachvollziehbar kaum zu gebrauchen. Interne Forschungen belegen jedoch, dass Südtirol 1 auf einen Weites-ten Hörerkreis von 160.000 Menschen kommt, während Radio Tirol 90.000 Leute erreicht. Bedenkt man, dass in Südtirol nur 500.000 Bewohner leben und davon nur zweidrittel Deutsche sind, erreichen die Programme aus dem Bozener Funkhaus jeden zweiten potenziellen Hörer.

Radio Tirol, das bereits 1977 gegründet wurde, bietet, der älteren Zielgruppe angepasst, mehr Wortanteil als Südtirol 1. Aber auch hier sind noch richtige Beiträge und Reportagen zu hören - in Deutschland mittlerweile im Privatfunk eine Seltenheit. Sogar ein aufwändig selbstproduziertes Hörspiel zum Südtiroler Landesgedenkjahr „1809“ trauten sich die beiden Sender ins Programm zu nehmen - mit Erfolg: Die CD zur 30-teiligen Serie war in wenigen Wochen ausverkauft! Freilich nutzt man auch in Bozen Synergien. „70 Prozent unserer im Funkhaus produzierten Beiträge laufen auf beiden Sendern, 30 Prozent sind individuell auf die Programme zugeschnitten“, erklärt Heiner Feuer. Er sieht auch keinen journalistischen Mehrwert darin, wenn zwei Redakteure zu ein und derselben Veranstaltung fahren und den Gästen die gleichen Fragen stellen.

Beide Sender stehen in einem nicht unerheblichen Wettbewerb mit anderen Veranstaltern. Ist es bei Südtirol 1 vor allem das erwähnte Ö3, das neben der neuen Antenne aus Lana zur Konkurrenz gehört, sind es bei Radio Tirol das aus Innsbruck sendende Ö2 Radio Tirol und die Schlagerwelle Radio 2000, die eine ähnliche Zielgruppe anpeilen. Der öffentlich-rechtliche Sender RAI Bozen sendet dagegen weniger massenattraktive Programme als anderswo, hat aber eine große Nachrichtenkompetenz, die die Funkhausgruppe nun schon seit einigen Jahren ganz bewusst mit der eigenen Nachrichtenagentur angreift.



Bei der Werbung sieht Karl Kleinrubatscher, verantwortlich für den komerziellen Erfolg der Unternehmen, hingegen noch Potenzial. „Im deutschsprachigen Radio gibt es in Südtirol fast nur lokale und regionale Werbung. Die großen Markenartikler kommen oftmals leider immer noch nicht auf die Idee, dass ein deutscher Werbespot hier wesentlich angebrachter ist als das italienische Pendant. Kein deutschsprachiger Südtiroler würde italienische Werbung einer deutschen Marke honorieren - im Gegenteil. Hinzu kommt, dass Südtirol bei vielen Werbeetats einfach als wichtiger Absatzmarkt für deutsche Produkte unterschätzt wird; dabei vergisst man allein die Millionen Nächtigungen deutscher Touristen alljährlich. Hier muss sich etwas ändern.“

Froh sind der Programmdirektor und Geschäftsführer - beide Hauptgesellschafter in allen Unternehmen - in jedem Fall über ihr neues Funkhaus. „Das hat dem Team einen richtigen Schub gegeben und uns sehr gute Rahmenbedingun-gen ermöglicht. Wenn ich heute manchmal in den alten Kellerstudios von Südtirol 1 bin, wo jetzt ein Elektrobetrieb ansässig ist, kommt es mir geradezu unwirklich vor, dass wir hier vor zwei Jahren noch gesendet haben.“

Stefan Förster
Fotos: © Funkhaus Südtirol
www.funkhaus.it

Aus RADIOJournal 3/2010




Eingang zum Funkhaus







Elefantenrunde zur Landtagswahl



Landeshauptmann Luis Durnwalder im Funkhaus



»Sonntagsfrühstück« mit Giorgio Moroder (Mitte); R. Prugger (links) und Heiner Feuer (rechts).



Heiner Feuer: Präsident
des Radioverbandes



Redaktion RMI Newstisch



Die Tiroler Haubenköche
(mit Heiner Feuer in der Mitte) sorgten für das Eröffnungscatering am
16. Mai 2008.





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