Rundfunk in Südtirol
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Fotos: © Archiv Reiner Palma

Geschichte des Rundfunks in Südtirol:
RADIO TELENORD

Sendestart: 10. Oktober 1977
Sendeschluss: August 1987

Sitz: Sparkassenstraße 11, 39012 Meran
Rennweg 23, 39012 Meran

Eigentürmer / Inhaber:
Oktober 1977 bis 1983: Tulio Guiglia
1983 bis 1987: Alessandro Guiglia und Federico Guiglia

Radio Telenord aus Meran war das “radio del vichingo” (Radio des Wikingers). Als offizielles Gründungsdatum gilt der 10. Oktober 1977. Das Studio befand sich damals in der Sparkassenstraße in Meran.

Gegründet wurde Radio Telenord durch Tulio Guiglia. Guiglia war in Mantua geboren, jedoch bereits im Jahr 1952 nach Montevideo in Uruguay ausgewandert.

In Montevideo gestaltete er hobbymäßig bei Radio Clarin die Sendung »Radioitalia«, ein Radioprogramm welches für in Uruguay lebende Italiener produziert wurde. Im Jahr 1973 übersiedelte Tulio Guiglia von Uruguay zurück in sein Geburtsland Italien und gründete bereits vier Jahre nach der Rückkehr RADIO TELENORD als Einzelbetrieb - von Beginn an mit Unterstützung seiner beiden Söhne Alessandro und Federico sowie einer Reihe freiwilliger Mitarbeiter.

Ab 1983 wurden die Söhne Gesellschafter des Senders, nachdem Tulio Guiglia am 7. November 1982 verstorben war.

Die Bezeichnung “Telenord” bezog sich zum einen auf den Sitz des Senders im Norden Italiens, zum anderen aber auch auf einen geplanten Einstieg in das Fernsehgeschäft. Dieser konnte aber niemals verwirklicht werden.

Zum Start wurde ausschließlich mit einer Antennenanlage auf dem Haus des Sendesitzes gearbeitet, der einen Empfang des Radios von Meran bis Bozen ermöglichte.

Nach ungefähr einem Jahr wurde auf der Hochmuth ein Umsetzer aufgestellt. Er garantierte eine bessere Klangqualität. Bis zum Sendeschluss blieb der Umsetzer auf dem Hochmuth der einzige, der von RADIO TELE-NORD betrieben wurde. Die Sendeleistung war von An-fang bis zum Sendeschluss immer 200 Watt.

Das Programmschema bei RADIO TELENORD war wie bei den meisten Radiopionieren breit angelegt und an den unterschiedlichsten Ziel-gruppen orientiert. Gesendet wurden Rock, Pop, Disco, italienische Volksmusik, Klassik, Jazz, Schlager, Country und afrokubanische Musik.

Eine Besonderheit im Programm von Radio Telenord waren Sendungen über Psychologie, Drogenabhängigkeit, Parapsychologie und Medizin (“11 medico curante”) und Phamazie.

Als einziges deutschsprachiges Programmelement wurde zeitweise die österreichische Hitparade gesendet.

Von Beginn der Sendetätigkeit an bis zum Schluss wurde zweimal am Tag ein Nachrichtenblock gesendet. In den ersten Monaten war es für den Sender schwierig, Werbung zu verkaufen. Danach gab es einen regelrechten Boom, der aber wegen der aufkommenden Konkurrenz bald abklang. In den 80iger Jahren hatte der Sender laut Guiglia gegenüber neuen Konkurrenten den Vorteil, eine mehrjährige Präsenz auf dem Markt aufzuweisen, die sich positiv auf den Werbeabsatz auswirkte.

Schon nach wenigen Jahren erwiesen sich die Räumlichkeiten in der Sparkassenstraße als den Anforderungen der Betreiber nicht mehr entsprechend, und so erfolgte im Jahr 1981 der Umzug auf den Rennweg in die Aristongalerie.

Ab Januar 1980 gab RADIO TELENORD auch eine monatliche Zeitschrift “Il Vichingo” (“Der Wikinger”) heraus. Nach dreizehn Ausgaben wurde jedoch die Herausgabe der Zeitschrift wieder eingestellt.

RADIO TELENORD hatte den Ruf, politisch nicht unabhängig zu sein. Der Sender hatte sich des Rufes erwehren müssen, der rechtsgerichteten Partei MSI (Movimento Sociale Italiano), dem Vorläufer der Alleanza Nazionale, nahezustehen, Tatsächlich hatte Tullo Guigla 1974 bei den Gemeinderatswahlen in Meran für den MSI kandidiert, wurde aber nicht gewählt.

Im August 1987 wurde nach fast zehn Jahren der Sendebetrieb eingestellt, weil die Betreiber des Sendens überdrüssig geworden waren.

Die Sendeanlagen und die Frequenzen wurden durch das ebenfalls seinerzeit in Meran beheimatete weitere italienischsprachige Radio Maia übernommen.

Reiner Palma
Aus RADIOJournal 8-9/2016