Radioarchiv

 Memories aus 20 Jahren RADIOJournal

Schöne Reklame für mdr FIGARO auf einer Straßenbahn in Dresden
Foto: © Dirk Halbedl

Das ist eben Radio!

Neulich, es war auf einer Familienfeier, raunte mein Onkel seiner Tochter zu: „Ich hab’ übrigens Deine Cassette von Bodo Bach wiedergefunden. Hinter dem Schrank hat sie gelegen.” Was bei meiner Cousine lautstarke Begeisterung auslöst. Tagelang habe sie danach gesucht, Ehemann, Kinder und Kollegen mobilisiert. Jetzt lehnt sie sich bequem zurück und gibt die neueste Bach-Story zum besten:

„Beim ersten Schnee rief der doch tatsächlich bei der Volksbank an und hat gefragt, ob die heute noch jemanden vorbeischicken. ‘Warum?’ fragte die Bankerin. ‘Ei, weil Sie immer mit ‘Wir machen den Weg frei?’ werben.’” Allgemeines Gelächter ist die Folge. Jeder erinnert sich nun an einen Nonsens-Anruf aus irgendeinem Radioprogramm, Namen wie Bach oder Knallinger fallen, Sender wie FFH, RPR oder SWF3 kommen ins Spiel.

Dabei sei die Comedy von Bodo Bach dann am besten, wenn sie ohne Vorwarnung im Radioprogramm auftaucht, so die Auffassung der Mehrheit. Ein Cassettenmitschnitt oder die diversen CD-Veröffentlichungen hingegen nur lauwarme Aufgüsse.

Mein Einwand, es handele sich beim Verulken von Firmen, Behörden, Dienstleistern um eine uralte Masche, lässt man nicht gelten. Vergeblich hole ich den Buchautor Winfried Bornemann aus der Versenkung, der vor bald zwanzig Jahren seine ersten „Briefmacken” herausgegeben hat. Unter seiner Nonsens-Korrespondenz waren damals schon Highlights wie die Anfrage beim Finanzamt, ob eine Samenspende steuerlich absetzbar sei, oder die in Ost-Berlin vorgetragene Bitte um Auskunft, wieviel Zinsen das Marx’sche Kapital denn inzwischen erzielt habe.

Nein, im Radio müsse man das hören, entgegnen mir meine Cousine und ihre argumentativen Mitstreiter. „Warum im Radio?” - „Na, weil ... weil man das unmittelbar hören kann. Da ruft einer an, meldet sich noch umständlich, und dann ist es spannend zu hören, wie die Leute am Telefon auf den Quatsch reagieren. Viele fallen ja drauf rein! Und wir sitzen im Büro vor’m Lautsprecher und lachen uns kaputt ... Das ist für mich eben Radio!”

Thomas Völkner
Aus RADIOJournal 1/1999