Radioarchiv

 Memories aus 20 Jahren RADIOJournal

Seit 18 Jahren
Alternative im Äther

Das nichtkommerzielle, unabhängige, selbstverwaltete und manchmal problematische alternative Radio Z feierte unlängst seinen 18. Geburtstag. Am
3. Dezember 1987 ging Radio Z zusammen mit den späteren Großen Radio F, Radio Gong, Charivari und N1 auf Sendung, und war damit eines der ersten Privatprogramme Bayerns. Man wollte eine Gegenöffentlichkeit zu den musik-basierten anderen Sendern darstellen. Noch mehr wollte man aber Gegenöffentlichkeit für die schaffen, die aus eigener Perspektive zu wenig in den anderen Medien vorkommen. Dass Radio Z, das sich die Frequenz mit anderen Anbietern teilte, mit hölzerner Moderation und thematischer Provokation die Durchhörbarkeit der Frequenz störte, war Teil des Programms.

Längst Legende sind die Auseinandersetzungen über den Fliederfunk der Schwulenbewegung, der schließlich 14-tägig donnerstags um 23.00 Uhr mitten im Programm eines anderen Anbieters ausgestrahlt wurde. Tatsächlich stellte der Frequenzpartner CMS-Radio am 30. Juni 1988 den Betrieb mit Hinweis auf das unerträgliche Umfeld ein. 

Aus vier Stunden Sendezeit auf der Frequenz 95,8 MHz sind inzwischen zwölf geworden, eine eigene Webseite begleitet das Programm. Eine erste große Programmerweiterung kam 1989, nachdem der erste Mitnutzer die Frequenz unter Hinweis auf Radio Z seine Sendezeiten aufgegeben hatte. Seit 2000 teilt man sich die Frequenz hälftig mit Radio Aladin (Ammendorf) und sendet von 14.00 bis 2.00 Uhr nachts.

Auseinandersetzungen mit der Landesmedienzentrale waren an der Tagesordnung, wegen Aufrufen zu Hausbesetzungen und Verunglimpfungen der Kirche beispielsweise. Spitzen gegen die „Welle Don Camillo“, die 1989 bis 1990 freitags, samstags und sonntags um 22.00 Uhr die Frequenz übernahm, waren an der Tagesordnung. Mit dem eigenen alternativen Image und dem Negativbild eines erzkonservativ-katholischen Bayern konnte man aber immer wieder auch bundesweite Unterstützung mobilisieren. Aber nicht nur wegen Grenzüberschreitungen im Programm stand Bayerns erster selbstverwalteter Sender häufig vor dem Aus, auch Geldnöte und hausgemachtes Chaos sorgten für bewegte Jahre.

1500 Mitglieder tragen das Programm, das täglich vom Kopernikusplatz 12 aus über den Äther geht, mit einem Jahresbeitrag von 64 Euro. Wenngleich Radio Z sich auch als Werbeträger anbietet, lebt man fast ausschließlich vom Engagement seiner Mitglieder. Sie ermöglichen eine Vielfalt von Sendungen: von der HipHop-Show bis zum israelisch-deutschen Magazin »Tacheles«, von der Sendung für Behinderte über die Strafzeit für Knastis bis zu Magazinen für Schwule, Lesben, Kinder und Senioren. In »Z International« gibt es Programme mit Anteilen in Französisch, Kurdisch, Italienisch, Rumänisch, Russisch und anderen Sprachen. 

Anfangs sendete man aus engsten Räumlichkeiten in der Hinteren Ledergasse. Mittlerweile wirken die heutigen Räume am Kopernikusplatz geradezu luxuriös. Auch wenn bei jeder Lizenzerneuerung das Gerangel wieder groß ist, gehört Radio Z längst zu den Etablierten. Der Sender, selber Nürnberger Kulturpreisträger, vergibt jährlich den alternativen Medienpreis und wurde für einige Mitarbeiter zum Sprungbrett in andere Karrieren. 

Dr. Hansjörg Biener
www.radio-z.net

Aus RADIOJournal 2/2006