Radioarchiv

 Memories aus 20 Jahren RADIOJournal

Erfolg im Lokalen -
Radio Cottbus

Als Stephan Schwenk und Olaf Hopp sich vor drei Jahren um die Lizenz eines Lokalradios im südbrandenburgischen 110.000 Einwohner-Städtchen Cottbus bewarben, wurden sie in der Medienbranche vielerorts belächelt. Aber wie heißt es in einem bekannten Sprichwort: „Wer zuletzt lacht, lacht am besten“. Und Hopp und Schwenk haben - gemeinsam mit Radio Cottbus-Geschäftsführerin Juliane Adam - allen Grund zum Lachen. Bereits im zweiten Jahr seines Bestehens schrieb der kleine Sender schwarze Zahlen, Ende 2005 sollen bereits alle Anlaufverluste getilgt sein. „Die Menschen begreifen Radio Cottbus als ihr Lokalradio, das ihre Informationen bringt, sie vor Ort unterhält und das von Menschen aus der Region gemacht wird“, bringt Juliane Adam die Erfolgsphilosophie des jungen Senders auf den Punkt. 

Über 30 Leute arbeiten mittlerweile bei Radio Cottbus, das seinen Sitz am wunderbar sanierten Schlosskirchplatz im Zentrum der Lausitz-Metropole hat. Da die regionale Verankerung wichtig war, kamen viele Mitarbeiter über ein Casting neu zum Medium Radio. Nach einer entsprechenden Schulung und dem genauen Studium der Abläufe im Sender haben sich alle schnell in das Team gefunden, dem neben drei Mitarbeitern des früheren Radio Power 4 in der Uckermark auch drei ehemalige Praktikanten angehören, die übernommen worden sind. Mittlerweile ist auch die erste Auszubildende an Bord. Einige der Radio Cottbus-Macher kamen aus völlig anderen Berufen, einer war Bäcker, ein anderer - der heutige Musikchef - Profi-Turner. Zwei Mitarbeiter kümmern sich ausschließlich um die Werbung. „Mit Kalt-Akquise haben wir die besten Erfahrungen gemacht. Hier kann man doch keinem Mittelständler mit Tausender-Kontakt-Preisen oder ähnlichem Fachvokabular kommen, hier muss man die Leute ganz direkt von den Vorteilen der Radiowerbung überzeugen“, ist sich die Chefin Juliane Adam sicher.

„In einer Stadt, in der quasi jeder jeden kennt, ist der Erfolg auch direkt messbar. Hier wird der Handwerksmeister am nächsten Tag auf seinen Spot direkt angesprochen“, weiß Adam aus eigener Erfahrung. Früher schickte sie häufig Mitarbeiter zu Empfängen und Veranstaltungen von Kunden, heute bestehen die Einladenden schon darauf, die Chefin des erfolgreichen Lokalradios persönlich begrüßen zu können. 

Im Programm finden vielfältige Kooperationen (ob mit dem örtlichen Kaufhof oder dem Tierpark) und Aktionen (ob zum „Tag des Butterbrots“ oder mit dem „Afrika Safari Club“) statt, zur halben Stunde gibt es Cottbus-, Deutschland- und Weltnachrichten. Die lokalen Infos werden selbst produziert, die überregionale Inhalte von der BLR bezogen. „Musikalisch leisten wir uns die breiteste Rotation der hier empfangbaren Sender, müssen auch nicht ständige Researches machen“, erzählt Juliane Adam. „Wir spielen wirkliche Hits und berücksichtigen daneben auch andere Zielgruppen mit musikalischen Spezialsendungen.“ Eine davon, die Rockshow »Rock On«, die seit dem 7. Oktober zu hören ist, moderiert die frühere Spreeradio-Moderatorin und -Pressesprecherin gleich selbst. Ebenso ist sie jede zweite Woche am Nachmittag bei Radio Cottbus zu hören. 

Ihre größte Fangemeinde erhielt die hübsche Senderchefin aber im Frühjahr durch eine ganz andere Aktion. Für die Plakatkampagnen „Radio Cottbus - mehr muss man nicht anhaben“ auf denen ein Mann und eine Frau jeweils nur mit einem Radio bedeckt, aber ansonsten unbekleidet zu sehen sind, wurde schnell ein männliches, aber kein geeignetes weibliches Modell gefunden. Also schlug der mit ihr befreundete Fotograf Juliane Adam vor, diesen Part doch gleich selbst zu übernehmen. Durch Styling derart verändert erkannten sie zunächst auch enge Freunde nicht auf den Plakaten, die über die ganze Stadt Cottbus verteilt hingen. Durch einen dummen Zufall kam schließlich doch heraus, wer dort auf den Abbildungen für Radio Cottbus posierte: Die BILD-Zeitung machte den Anfang und brachte damit eine Medienlawine ins Rollen, der sich etliche Tageszeitungen wie die Berliner Morgenpost oder der Kurier, die SuperIllu, die großen Nachrichtenjournale Spiegel, Stern und Focus oder die Regional- und Boulevardmagazine großer Privatsender anschlossen. 

„Zu Anfang war mir der Medienrummel gar nicht recht, hatte ich doch Angst, die Seriosität des Senders oder auch von mir als Geschäftsführerin könnte darunter leiden“, erzählt Juliane Adam. „Aber rückblickend - nachdem kein Bericht unter die Gürtellinie ging und alles ordentlich abgelaufen ist - bin ich über den bundesweiten Bekanntheitsgrad unseres kleinen Senders, der sonst nie den Sprung ins Fernsehen oder die überregionale Presse geschafft hätte, sogar froh.“ 

Stefan Förster
Fotos: © Radio Cottbus
www.radiocottbus.de

Aus RADIOJournal 12/2004