Radioarchiv

 Memories aus 20 Jahren RADIOJournal

„Bramborske serbske radijo“
Sorbisch/Wendisches aus der Lausitz

Zweisprachige Ortsschilder in Sachsen und im Süden Brandenburgs deuten darauf hin: Im Gebiet zwischen Spreewald und den Lausitzer Bergen ist ein slawisches Volk heimisch. Rund 60.000 Sorben gibt es in Deutschland. Über Jahrhunderte hinweg haben sie ihre Sprache und Tradition bewahrt und gepflegt. Dieses kulturelle Erbe zu fördern und zu erhalten, ist ein besonderer Programmauftrag des ORB [heute rbb]. Speziell für die sorbisch-wendischen Hörer wird aus dem rbb-Studio Cottbus das „Bramborske serbske radijo“ gesendet. Und die Brandenburger Landesrundfunkanstalt strahlt mit „tuzyca“ auch ein sorbisches Fernsehmagazin aus.

Der sorbische Hörfunk hat eine längere Geschichte, er wurde am 22. März 1953 beim Rundfunk der DDR gegründet. Grundlage dafür war das Gesetz zur Wahrung der Rechte der sorbischen Bevölkerung ­ 1948 beschlossen vom Sächsischen Landtag und 1950 vom Landtag Brandenburg. Seit 1948 gab es aber auch schon mehr oder weniger regelmäßige Sendungen in sorbischer Sprache, ausgestrahlt von den Sendern Dresden und Leipzig in Obersorbisch und über den Sender Potsdam in Niedersorbisch.

Die Sendezeit von anfänglich 70 Minuten wöchentlich konnte im Laufe der Jahre erweitert werden. Heute strahlen der MDR und der rbb in der Woche 28 Stunden in sorbischer Sprache über UKW 100,4 MHz (MDR) und 93,4 MHz (rbb inforadio) aus.

Der sorbische Rundfunk hat einen Informations-, Kultur- und Bildungsauftrag dem sorbischen Volk gegenüber zu erfüllen. Durch die Neugliederung der Länder und die entstehenden neuen Rundfunkanstalten kam es zur Teilung des Sorbischen Hörfunks in ein Studio des MDR mit Sitz in Bautzen und eine Niedersorbische Redaktion des rbb im Studio Cottbus.

In den Sendungen werden weitestgehend sorbische Themen behandelt und solche, die sich auf das Leben der Sorben im zweisprachigen Gebiet der Lausitz auswirken oder mit ihnen im Zusammenhang stehen. Verpflichtet fühlt sich die Redaktion insbesondere der sorbischen Sprache, Geschichte, Literatur, dem humanistischen Erbe und gegenwärtigen Schaffen des sorbischen Volkes sowie auch volkskundlichen Themen. 

Die Genre-Vielfalt reicht vom Bericht, Interview, Porträt, der thematisch gestalteten Sendung über das Feature bis zum Hörspiel. Das Wort zum Tag an Sonn- und Feiertagen, Glückwunschsendungen und mindestens zwei sorbische Gottesdienstaufzeichnungen im Jahr sind ebenfalls Bestandteil des niedersorbischen Programms des rbb.

Der sorbische Hörfunk ist seit der Zeit seiner Gründung Eigenproduzent sorbischer Musik. Zirka 5000 Titel verschiedener Genres (Folklore, Tanz- und Unterhaltungsmusik, konzertante Musik, Choräle, Oratorien und andere) sind im Auftrag des Sorbischen Rundfunks auf Tonträger aufgezeichnet worden. Sie machen den größten Teil der ausgestrahlten Musik im sorbischen Rundfunk aus. Jährlich kommen zahlreiche Neuaufnahmen hinzu.

Seit 1995 ist der ORB [rbb] in Kooperation mit dem Cottbuser Konservatorium Veranstalter des Nachwuchskonzertes sorbischer Musik, das für die Suche und Förderung von musikalischen Talenten unentbehrlich geworden ist. 1997 gab der ORB die CD „Damdalija“ mit niedersorbischen Volksliedern heraus. Im Jahre 2001 folgte die CD-Edition „Naš dom ­ Daheim“ mit Pop-Musik der Niederlausitzer Sorben.

Unter dem Slogan „Das neue sorbische Lied“ schrieb der ORB auch 2000 den ersten Kompositionswettbewerb aus. Vorgegeben war die Besetzung für Bariton/Mezzosopran, Klavier und Violine sowie eine Auswahl von zehn Gedichten in niedersorbischer Sprache von Mato Kosyk, einem niedersorbischen Vertreter der sorbischen Musik. Sechzehn Beiträge aus dem In- und Ausland wurden eingereicht.

Nach dem Auftakt 2000 lud der ORB 2002 erneut junge Komponistinnen und Komponisten ein, sich an einem internationalen Wettbewerb „Das neue sorbische Lied“ zu beteiligen. Aus Versen der niedersorbischen Dichterin Mina Witkojc sollten Musikstücke für gemischten Kammerchor und Streichorchester entstehen. Zehn Gedichte standen zur Auswahl, acht junge Komponisten (bis 35 Jahre) haben ihre Werke eingereicht. Die Uraufführung fand am 22. März 2002 anlässlich des 50. Jahrestages des Sorbischen Hörfunks im Konservatorium Cottbus stattfinden. 

Marion Stensel
(Verantwortliche Redakteurin des sorbischen Hörfunkprogramms)
Foto: © rbb
www.rbb-online.de

Aus RADIOJournal 3/2003