Radioarchiv

 Memories aus 20 Jahren RADIOJournal

»SchwarzWeiß« ist bunt wie die Musik
Das besondere Musikmagazin in hr1
feiert Geburtstag

Es war in seiner Art einzigartig, wurde von kompetenten Enthusiasten gemacht und hatte eine treue Fan-Gemeinde: Das Radio-Musikjournal »Schwarzweiß - Musik in Farbe«, täglich zwischen 19.10 und 21.00 Uhr im Informationsradio hr1 zu hören, feierte am 3. Juni 2001 seinen fünften Geburtstag. Gemeinsam mit anderen Sendungen, darunter die anspruchsvolle Wortsendung »Der Tag« (montags bis freitags 18.10 bis 19.00 Uhr), wurde das Musikmagazin im Juni 1996 im Rahmen einer Programmreform bei hr1 aus der Taufe gehoben. 

Die Vielfalt der Musikrichtungen, die in »Schwarzweiß« behandelt wurden, ist so unbegrenzt wie die Musiklandschaft bunt ist. Ob Blues oder Chanson, Techno oder Country, Avantgarde, Soul, Rock oder Weltmusik - „Schwarzweiß“ machte vor nichts Halt. Mark Knopfler, Al Jarreau, Phil Collins, Curtis Mayfield - die Liste der Stars, die Schwarzweiß-Redakteure exklusiv interviewt haben, ist lang. Immer spannend waren die Sendungen mit Künstlern, die im Studio zu Gast sind. „Einmal hatten wir Noa da, eine israelische Sängerin“, erinnert sich Redaktionsleiter Manfred Staiger. „Obwohl es gar nicht abgesprochen war, fing sie plötzlich an zu singen, und die Atmosphäre wurde ganz eigentümlich, dicht und anrührend. Dem Moderator, das war Volker Rebell, und den Hörern wurde klar: Wir reden hier nicht nur über Musik, sondern der Patient lebt und spricht mit uns in seiner Sprache.“

In »hr1-Schwarzweiß« stellten Moderatorinnen und Moderatoren wie Daniella Baumeister, Dagmar Fulle, Klaus Walter, Volker Rebell oder Werner Laibusch Labels vor, die sich auf eine bestimmte Musikrichtung spezialisiert haben, und präsentierten Themensendungen, ob zu „Frühlingsgefühlen“, „Rhythmus“ oder zu einem Instrument wie der Mundharmonika. Künstlerporträts aus Anlass von Geburtstagen oder CD-Veröffentlichungen fanden ihren Platz im Programm genauso wie musikalische Länder- oder Städtetouren. Zum Repertoire gehörten außerdem CD-Tipps, Konzertvorschauen und alles, was der Interessierte über die aktuelle internationale Musikszene wissen muss. Meistens „bauten“ die Moderatoren, unterstützt von der Redaktion, ihre Sendungen selbst und konnten ihr Thema daher besonders glaubwürdig vermitteln.

Mit der Musikszene hatte sich in den vergangenen Jahren auch die Sendung verändert. Genauso, wie sich der gesamte Musikbereich immer weiter verästelt, ist auch die Themenpalette von »Schwarzweiß« größer geworden. Und: Während die Redaktion zu Anfang eher vorsichtig war und auf - anspruchsvollen - Mainstream setzte, ist sie heute mutiger geworden und dringt, ermuntert durch Hörer-Reaktionen, zuweilen auch in die äußeren Randbereiche vor.

Eine Sendung für Spezialisten wollte »Schwarzweiß« aber auf keinen Fall sein, vielmehr ein Angebot für alle, die Musik mögen und sich gerne auch einmal Unbekanntes und Ungewohntes näher bringen lassen. »Schwarzweiß« hob Musik aus ihrer Funktion als „Begleitgeräusch“ heraus, nahm die Hörer mit auf spannende Entdeckungsreisen, erklärte Musik und Musiker, kurz: »Schwarzweiß« maß der Musik die Stellung bei, die sie in der Gesellschaft hatte. Immerhin beläuft sich allein in Deutschland die Zahl der verkauften Tonträger auf rund 250 Millionen im Jahr. 

Manfred Staiger nennt drei Gründe, warum man abends um kurz nach sieben »Schwarzweiß« einschalten sollte: „Weil die musikalische Landschaft so vielfältig ist, dass es sich lohnt, diese Vielfalt auch bewusst wahrzunehmen, weil die Vielfalt aber so unübersichtlich ist, dass ich oft jemanden brauche, der Schneisen schlägt, auswählt und meinen Blick mal hierhin, mal dorthin lenkt, und weil »Schwarzweiß« immer wieder überraschende Verknüpfungen herstellt - und damit einfach Spaß macht.“

Foto: © hr

Aus RADIOJournal 6/2001

Dagmar Fulle moderierte »SchwarzWeiß – Musik in Farbe« in hr1. Die Radiofrau schreibt über ihre Mitwirkung an der mittlerweile eingestellten hr1-Kult-Sendung: „Die bei weitem beste, kreativste und musikjournalistisch interessanteste Zeit meines Berufslebens sind die Jahre 1996 bis 2004. Ich gehöre zu dem Team, das am 3. Juni 1996 die Sendung ‚Schwarzweiß - Musik in Farbe‘ in hr1 aus der Taufe hebt. Acht Jahre lang bieten wir interessierten Hörerinnen und Hörern alles, wirklich alles, was jenseits gängiger Chartskost an Musik zu haben ist. Blues und Jazz, Rock und Pop, Folk und Country, Chansons und Flamenco, Singer/Songwriter, Elektronikfrickler und Weltmusiker von Afrika bis in die Südsee, Historisches aus den Archiven der Musikgeschichte … und und und … auch jede Menge Studiogäste, die ihre Musik live spielen. Als Schwarzweiß 2004 abgeschafft wird, erhebt sich ein Sturm des Protestes. Mehr als 6000 Menschen fordern mit ihren Unterschriften die Erhaltung ,einer der besten Musiksendungen Deutschlands‘. Vergeblich.“