Radioarchiv

 Memories aus 20 Jahren RADIOJournal

Kulturwelle hr2 wird 50

„Mit Beginn des Winterprogramms am 15. Oktober 1950 wird der Hessische Rundfunk über seine UKW-Sender Feldberg und Kassel ein "Zweites Programm" ausstrahlen“. Mit diesem Satz begann seinerzeit die Pressemitteilung des Hessischen Rundfunks (hr) - und die Geschichte der Kulturwelle hr2. Das erste Radioprogramm des Hessischen Rundfunks, damals noch „Radio Frankfurt, Sender der Amerikanischen Militärregierung“, sendete nach dem Krieg zum ersten Mal am 1. Juni 1945 aus provisorischen Studios in Bad Nauheim, bevor die Redaktion am 15. Februar 1946 in die notdürftig wiederhergerichteten Frankfurter Rundfunkgebäude in der Eschersheimer Landstraße zurückkehrte. Am 2. Oktober 1948 verabschiedete der Hessische Landtag das „Gesetz über den Hessischen Rundfunk“, Geburtsstunde des hr als Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Frankfurt am Main. 

Eine technische Neuerung sollte den Weg für das zweite Radioprogramm ebnen. Bereits am 15. März 1950 wurde auf dem Feldberg im Taunus der erste UKW-Sender des hr in Betrieb genommen. Zunächst sollten nach den Worten des damaligen Intendanten Eberhard Beckmann „außer einigen kleineren Darbietungen“ keine eigenen Produktionen über die Ultrakurzwelle ausgestrahlt werden. Man setzte auf Wiederholungen und eine Programmgestaltung, die es dem Hörer erlauben sollte, in der Hauptsendezeit „zwischen ernsten und unterhaltenden Darbietungen“ auszuwählen. Während beispielsweise am 15. Oktober 1950 im ersten Programm um 20.00 Uhr die Sendung »Zauber der Melodie« mit einem „Reigen schöner Klänge“ die Hörer unterhielt, lief im zweiten Programm das Hörspiel "Einer zahlt seine Schuld" von Axel Eggebrecht. Die Stunde zwischen 19.00 und 20.00 Uhr war der "Stimme Amerikas" vorbehalten, mit Broadway-Melodien, „landwirtschaftlicher Unterhaltung“, Kulturberichten, Gesprächssendungen und anderen Themen aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Mit der Einführung eines zweiten Programms startete jeden Abend vor den 19.00 Uhr-Nachrichten auch eine „neuartige Kinderfunksendung“.

Ein Meilenstein bei der Entwicklung von hr2 war die erstmalige Ausstrahlung stereophoner Sendungen am 21. März 1965, ein Quantensprung in der Qualität von Musikübertragungen. Im Jahr 1982 wurde der »hr2-Radiotag« geboren, der sich in den letzten Jahren zu einem Markenzeichen der Kulturwelle hr2 entwickelt hat. Zwei- bis dreimal im Jahr treten an die Stelle des gewohnten Programms ganztägige Hörspiele, Klangskulpturen, Gespräche oder Lesungen. Radio Goethe hieß das „radiophone Experiment“ dieser Art, das am 21. März 1982 "Goethe für Hörer von sieben bis Mitternacht" präsentierte. 1996 wurde die Kulturwelle noch einmal gründlich überarbeitet: Sie erhielt ein neues Programmschema mit Angeboten, die einen breitgefächerten Kulturbegriff widerspiegeln und auch jüngere Hörer anziehen.

„Vielfalt in Kultur“ lautet im Jahr 2000 der Slogan der Kulturwelle hr2. Ihre Säulen sind klassische Kultur und Musik, aber sie bietet auch Raum für Neue Musik, Jazz, Weltmusik und Crossover, für die aktuelle Kulturszene, für Literatur und Wissenschaft, Philosophie, Bildung, für ein vielfältiges Kinderprogramm, für Hörspiel und Feature, Radiokunst und Experiment. Abgesehen von den Radiotagen macht hr2 seine Hörerinnen und Hörer regelmäßig zu Pfingsten und Weihnachten ein besonderes Angebot. Mehrtägige Programmschwerpunkte beschäftigen sich mit Themen wie Phoesie, Märchen oder - wie für Dezember 2000 geplant - Familiengeschichten.

Im Bild oben: hr2-Radiotag am 28. November 1999, 8.00 bis 24.00 Uhr: "Unter dem Gras darüber" - Hörspiel von Inge Kurtz und Jürgen Geers.

Foto: © hr (Andreas Gleich)
www.hr2-kultur.de

Aus RADIOJournal 11/2000