Radioarchiv

 Memories aus 20 Jahren RADIOJournal

Die Abschaltung
aller UKW-Sender
wird eine Illusion bleiben...

Gast-Editorial von Dr. Horst Fangerau - [ehemaliger] Geschäftsführer von Radio RPR

Aus übergeordneten Gesichtspunkten, die ganz nie deutlich gemacht wurden, haben die Politik und die mit ihr verbundenen Landesmedienanstalten beschlossen, dass Digital Audio Broadcasting (DAB) das Rundfunksystem des 21. Jahrhunderts für den Hörfunk sein solle.

Es mag sein, dass man industriepolitisch die deutsche und europäische elektronische Industrie fördern wollte, da die Verbraucher nach Einstellung des analogen Betriebes zur Anschaffung neuer Rundfunkgeräte gezwungen sind. Zu befürchten ist allerdings, dass dieses industriepolitische Ziel zu einem Konjunkturprogramm für den fernen Osten werden wird.

Obwohl in einigen Bundesländern schon der Regelbetrieb von DAB aufgenommen wurde, ist die Industrie noch nicht in der Lage, ausreichende Gerätemengen anzubieten, die die Verbraucher - wenn sie denn ein Bedürfnis nach DAB hätten - erwerben könnten.

Die ersten Schritte in die Einführung von DAB nach dem Versuchsbetrieb können nur als dilettantisch und desaströs bezeichnet werden; den Programmveranstaltern wird zugemutet, unter hohen Kosten ein Verbreitungssystem im Parallelbetrieb zu UKW zu nutzen, das die Hörer gar nicht erreichen kann. Damit können etwaige Programmvorteile von DAB nicht erfolgversprechend kommuniziert werden. Der Netzaufbau nach den bisherigen Planungen geht viel zu langsam voran und behindert dadurch den Aufbau eines Bedarfs bei den zukünftigen Hörern von DAB.

Zudem führt die unterschiedliche Behandlung von privaten Hörfunkveranstaltern und öffentlich-rechtlichen Anbietern zu einer nicht hinnehmbaren Wettbewerbsverzerrung. Zwar haben die Medienanstalten den privaten Veranstaltern Förderung der Gebühren der Netzbetreiber zugesagt, allerdings zeitlich befristet und in einigen Bundesländern nicht in voller Höhe. In anderen Bundesländern werden private Veranstalter sogar von einer Förderung ausgeschlossen, weil ihre wirtschaftliche Situation - so das Argument - ja befriedigend sei und man ihnen deshalb zusätzlich Kosten in Millionenhöhe zumuten könne. 

Den öffentlich-rechtlichen Anstalten werden die zusätzlichen Kosten über eine Erhöhung der Rundfunkgebühr erstattet. Diese Wettbewerbsverzerrung wird in einigen Bundesländern noch dadurch verschärft, dass öffentlich-rechtliche Rundfunkanbieter auch an den Netzbetreibergesellschaften beteiligt sind. Hier werden mit öffentlichen Mitteln Gesellschaften finanziert, die der Gewinnerzielung dienen. Dort, wo die Landesmedienanstalten DAB fördern, wird so ein Teil des „Kabelgroschens“ an die öffentlich-rechtlichen Veranstalter zurückgeführt. Dort, wo nicht gefördert wird, werden die privaten Veranstalter indirekt von den öffentlich-rechtlichen Anstalten „gemolken“. 

Auch die absurd hohen Gebühren der RegTP (Regierungsbehörde für Telekommunikation und Post) behindern den Aufbau des DAB-Netzes, da sie durch die Bindung von Finanzmitteln in Millionenhöhe den Ausbau des Sendernetzes verhindern.

Alles in allem steht die Durchsetzung von DAB in der Bundesrepublik unter einem schlechten Stern. Die beabsichtigte Abschaltung aller UKW-Sender in Zehn-Jahres-Frist wird eine Illusion bleiben.

Foto: © RPR

RPR-Geschäftsführer Dr. Horst Fangerau verstorben: Der Geschäftsführer von Radio RPR, Dr. Horst Fangerau, ist am Sonntag, den 14. Oktober 2001 im 58. Lebensjahr nach kurzer schwerer Krankheit verstorben. Dr. Horst Fangerau, Träger des rheinland-pfälzischen Landesverdienstordens, war seit 1986 für den privaten Hörfunkanbieter Radio RPR tätig. Der aus der freien Hansestadt Bremen stammende Wirtschaftswissenschaftler führte in den letzten 12 Jahren als Geschäftsführer das Unternehmen zur Marktführerschaft in Rheinland-Pfalz. Heute zählt das Unternehmen zu den erfolgreichsten Privatradios in Deutschland. Durch Dr. Horst Fangerau’s unternehmerisches Denken hat sich der wirtschaftliche Erfolg von Radio RPR bald eingestellt. Insbesondere legte er bei beiden Programmen auf die regionale Kompetenz und die Sender/Hörernähe großen Wert. Wichtige Impulse gab er durch seine Tätigkeit als Beiratsvorsitzender der Radio Marketing Service GmbH in Hamburg dem gesamten deutschen Hörfunkmarkt. Es war für ihn selbstverständlich, sich außerhalb des Hörfunks auch sozial zu engagieren. So wurde auf seine Initiative hin der Verein „RPR Hilft e.V.” gegründet. Dieser Verein hat sich insbesondere um die Erdbebenopfer der Türkei verdient gemacht. In der Stadt Yalova befindet sich zur Zeit ein Kinder- und Jugendzentrum für die Opfer in Bau. Vor seiner beruflichen Karriere war Dr. Horst Fangerau als Wirtschaftswissenschaftler an der Uni Göttingen tätig. Im Nachgang war er in leitenden Positionen bei den Firmen Blaupunkt und Körting beschäftigt. Bevor er vor 15 Jahren zum Privatradio wechselte, war Dr. Fangerau von 1983 bis 1986 Geschäftsführer der Fernsehproduktionsgesellschaft Rotavision, die regionale Programme für RTL und SAT.1 produzierte. Sein leidenschaftlicher Einsatz prägte den privaten Hörfunk in Deutschland. Der frühe Tod bedeutet für Mitarbeiter und die Medienlandschaft einen großen Verlust. (RADIOJournal 11/2001)