Radioarchiv

 Memories aus 20 Jahren RADIOJournal

»Aufruhr in Berlin« - RIAS-Leuchtzeichen
auf dem Funkhausdach ausgeschaltet

RADIOJournal 6/1998
Auf dem Dach des Deutschlandradio-Funkhauses am Hans-Rosenthal-Platz leuchtet seit einiger Zeit nur noch die Deutschlandradio-Leuchtschrift, die vier RIAS-Buchstaben wurden abgeschaltet.

Leserbrief

"... ich bin 58 Jahre alt und habe bis 1960 in Ostberlin gelebt. RIAS Berlin entstand 1946 als DIAS (Drahtfunk im amerikanischen Sektor). Eingerichtet und beaufsichtigt von den Amerikanern. Ab September 1946 wurde aus dem DIAS der RIAS. Während des Krieges mussten alle größeren Radios abgeliefert werden, damit keine Feindsender gehört werden konnten. Zum größten Teil haben die Menschen das auch getan, denn behalten und damit auffallen, bedeutete Knast, KZ oder den Tod. Es waren also (fast) nur noch Volksempfänger vorhanden. Die langten gerade mal für den Ortssender. Logischerweise hörten die Leute RIAS. Der 'Berliner Rundfunk' wurde von den Sowjets kontrolliert. 

Wir als Kinder sind mit dem RIAS zusammen groß geworden. Wir haben Radios aus den Trümmern geholt, angefangen zu basteln und aus drei 'Leichen' ein Radio gestrickt. Das RIAS-Programm bot für jeden etwas - klein und groß. 'Eine freie Stimme der freien Welt', von Propaganda verstanden die Amis was. In den DDR-Zeiten wurde der Sender zur einzigen Info-Möglichkeit. Wie gesagt, geschickt gemacht, hörten alle zu (auch die roten Socken) und wurden damit größer und älter.

Als ein Beispiel unter vielen seien die »Schlager der Woche« genannt. Überall, wo man RIAS empfangen konnte, dröhnten sie aus den offenen Fenstern. Die DDR baute dann Störsender auf, es war auch eine technische Herausforderung, trotzdem was zu hören. Heute würde man sagen: 'RIAS war in'. Über die Kurzwelle wurde er bis  nach Australien gehört, wahrscheinlich von ausgewanderten Deutschen.

Dann kam die politische Wende. Seine eigentliche Aufgabe hatte RIAS damit erfüllt, aus dieser Sicht wurde er nicht mehr gebraucht. Aber er war mehr als ein Sender, er war eine Institution geworden. Dann beschloss man, einen nationalen Hörfunk zu gründen. Darin sollten der RIAS, der Deutschlandfunk und der Deutschlandsender Kultur als Wendeerbe der Nach-DDR sich wiederfinden. Eigentlich eine gute Idee. Leider hat das nicht funktioniert. Alle Programmelemente von RIAS und DS Kultur sind verschwunden, die Kölner haben nichts geändert, nennen sich noch immer Deutschlandfunk und machen weiter wie bisher. In Berlin soll ein Programm gefahren werden, das den Landesrundfunkanstalten keine Hörer wegnimmt, angeblich stände das im Staatsvertrag. Davon steht nichts im Originaltext. Der [damalige] Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen, hat gesagt, er würde den Vertrag heute nicht mehr unterschreiben. Als Grund nannte er das schlechte Programm aus Berlin. Ich gebe ihm recht." 

Norbert Lembke
www.riasberlin.de 

Aus RADIOJournal 7/1998

• Eine der drei RIAS-Leuchtschriften, die das denkmalgeschützte Deutschlandradio-Funkhaus in Berlin-Schöneberg schmücken, wurde abmontiert und dem Alliierten Museum leihweise als Exponat zur Verfügung gestellt. Das Museum öffnete am 27. Juni 1998, dem 50. Jahrestag der Berliner Luftbrücke, seine Pforten. (RADIOJournal 6/1998)