Interviews
mit Radioleuten und Radiomachern


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Wortgewandt, reaktionsschnell, pointiert - Steffi Haiber macht unverwechselbares
Radio bei SWR 3

Wer am Vormittag zwischen 9.00 und 12.00 Uhr den „Elch-Sender“ aus Baden-Baden einschaltet, kommt an Steffi Haiber nicht vorbei. Ihre Sendung ist eine der interaktivsten im Programm von SWR 3 und hier ist sie erkennbar in ihrem Element. Spontane Hörergespräche und pointierte Wortwechsel sind Steffi Haibers große Stärke. Sie kann mit den Anrufern gut umgehen, greift deren Fähigkeiten auf, ohne die Schwächen zu ignorieren. So entstehen authentische, realitätsnahe Sendungen, die das gesamte Spektrum des menschlichen Lebens abbilden. Steffis direkte und unkomplizierte Art kommt an, ihr unschlagbarer Wortwitz hat schon so manch scheinbar ausweglose Situation gerettet. Ihr gesunder Menschenverstand und ihre Bodenständigkeit sorgen aber auch dafür, dass niemand vorgeführt wird. Mit diesem „Haiber-Style“ ist sie gleichzeitig für vielfältige Off-Air-Aktivitäten gut geeignet, deren Präsentation ebenfalls zu einem Markenzeichen der beliebten Moderatorin geworden ist.

Erste Radioerfahrungen in Heilbronn

„Als Kind war ich ein verträumter Typ und habe viel Klavier oder Orgel gespielt“, erzählt Steffi bei unserem Treffen an einem sonnigen Spätsommertag in Baden-Baden. Wir nehmen an der Seite der beeindruckenden „Trinkhalle“ draußen im Café Platz und folgen dem Namen des Gebäudes, indem wir Milchkaffee und Wasser bestellen. Ein paar Tische weiter sitzen Michael Wirbitzky und Sascha Zeus, die ihre Gags für die nächste Morgensendung besprechen. „Nicht ihr schon wieder“ sagt Steffi Haiber im Vorbeigehen mit einem breiten Grinsen und verweist süffisant darauf, dass es in der beschaulichen Kur- und Casinostadt mit ihren gut 50.000 Einwohnern eigentlich unmöglich ist, nicht auf Schritt und Tritt Kollegen vom Fremersberg zu treffen, wo der Südwestrundfunk beheimatet ist.

Steffis frühe Hörerinnerungen reichen noch in die Zeit der geteilten öffentlich-rechtlichen Radiolandschaft im Ländle zurück. Aufgewachsen in Heilbronn am Neckar, wo der Empfang beider Programme problemlos möglich war, stand sie zwischen ihrer Schwester, die SWF3 hörte und ihrer Mutter, die SDR3 aus Stuttgart bevorzugte. Schon aus geschwisterlicher Opposition heraus fand Steffi den „wilden Süden“ besser, aber auch moderativ gefiel ihr Matthias Holtmann, den sie bis heute als Radioidol verehrt, mehr als Elmar Hörig. Trotzdem stand natürlich in den jungen Jahren die Musik im Vordergrund. Ihr Großvater war Pressezeichner beim „Stern“, ihr Onkel arbeitete beim Fernsehen. So bekam Steffi Haiber früh ein Aufnahmegerät geschenkt und produzierte die üblichen Kindertapes. Sie war 16 oder 17 Jahre jung, als die Privatfunkära begann. In der Schule machten sie damals viele Späße über die „Spätzle-Sender“ mit ihrer noch unprofessionellen Anmutung. Mit dem schwäbischen Dialekt, den Steffi heute mühelos neben vielen anderen imitieren kann, konnte sie ohnehin nicht viel anfangen, da ihre Mutter aus Norddeutschland stammt.

Nach dem Abitur 1992 fing Stephanie, die sich aber von je her gern mit der Kurzform ihres Namens anreden lässt, ein Studium an. Da sie sich mit der Fachkombination vertan hatte, legte sie nach einem Semester eine Pause ein. „Eigentlich wollte ich dann zur Zeitung, musste aber feststellen, dass die Heilbronner Stimme nur Praktika von einem Monat anbot, während beim Radio Zeiten zwischen einem Vierteljahr und einem halben üblich waren.“ Also bewarb sich Steffi bei Radio Regional. Ihr Vorstellungsgespräch kam einem Siegeszug gleich. „Wo sind Sie geboren?“, fragte der Chef und auf ihre Antwort „in Heilbronn“ setzte er nach: „Wie haben Sie Ihr Hochdeutsch gerettet?“ Klar, dass sie ein halbjähriges Praktikum bekam und sich mit „unglaublichem Arbeitseifer“ in das Abenteuer Radio stürzte. Direkt im Anschluss wurde Steffi Haiber ein zweijähriges Volontariat angeboten, das sie nach einem Jahr bei der Zeitung fortsetzte, als die Zwangsfusion zwischen Radio Regional und Radio Ton erfolgte.

Solides Handwerk gelernt

„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ hieß es früher gern. Der Kern des Sprichworts, nämlich dass eine gute Ausbildung zunächst auch immer mit Anstrengungen verbunden ist, bewahrheitete sich auch bei Steffi Haiber. Noch heute profitiert sie von den Grundlagen, die sie sich damals gelegt hat. „Die Chefs waren sehr streng, was ein solides Handwerkszeug anbetraf. Andererseits war ich so schon früh in den Regionalnachrichten zu hören und durfte vielfältige Beiträge mit Inhalt machen.“ Bei politischen Themen, etwa wenn sie einen Gemeinderat zur Haushaltsberatung besuchte, kam ihr der familiäre Hintergrund zur Hilfe. Schließlich war ihr Vater 24 Jahre lang Bürgermeister in Untergruppenbach, einer Gemeinde in der Nähe von Heilbronn. Für Seminare im Presserecht wurde Steffi Haiber auf die Uni Hohenheim geschickt. Jeweils drei Stunden Magazin am Vor- und Nachmittag bei Radio Regional wollten erstmal bestückt werden. „Ich fuhr zu zwei bis drei Terminen am Tag und war immer gründlich vorbereitet. Man durfte sich nicht blamieren, schließlich waren auch die SDR-Leute bei den Pressekonferenzen mit dabei, die die Privatfunkkollegen etwas herablassend betrachteten. Da musste man um jedes Interview kämpfen“, erinnert sich Steffi. „Wir wurden auch gut gedrillt, wann Reportageelemente Sinn machen und wann man besser einen Beitrag im Funkhaus fertigstellt.“ Sie lernte den „Herzschlag-Rhythmus der Umfrage“ und wie man „O-Ton-Collagen“ bastelt, um eine Geschichte nur anhand ausgewählter Originaltöne zu erzählen. „Vor allem habe ich gelernt unglaublich schnell zu sein. Man brauchte ein gutes Zeitmanagement und musste den Fahrweg mit einrechnen. Die Texte habe ich zum Teil schon immer vor dem Termin geschrieben und die Fragen passgenau auf die O-Töne formuliert. Noch heute möchte ich am liebsten alles machen und schreibe auch die Anmoderation für die Beiträge selbst.“

Moderieren lernte Steffi im Technikerfahrbetrieb bei Radio Regional während ihres Volos. So war sie umfassend ausgebildet und hatte das breitest mögliche handwerkliche Rüstzeug erworben. Schließlich landete Steffi Haiber bei Radio Ton in Bad Mergentheim und arbeitete dort für die Regionalnachrichten, ehe sie zu Radio Regenbogen nach Mannheim wechselte. Hier war sie als Reporterin unterwegs und ebenfalls für die News vor der Haustür zuständig. Ihre Bewährungsprobe hatte die leidenschaftliche Journalistin während einer anderthalb Tage dauernden großen Geiselnahme, die sie souverän meisterte und dafür ein Lob von ihrem neuen Chef bekam.

Off Air Moderation im leeren Raum

Eine ganz neue Herausforderung folgte für Steffi mit ihrer ersten Bühnenmoderation auf dem Mannheimer Maimarkt. Auf dem Gelände befand sich die Discothek „Broadway“, wo sie ihren ersten Auftritt hatte. „Es war morgens um 10.00 Uhr, draußen war ein schöner Tag, aber ich stand drinnen in der dunklen Disco, sah auf graue Betonwände und sollte Karaoke machen. Es kostete mich erstmal Überwindung, in einen leeren Raum hinein zu moderieren, aber ich musste ihn ja füllen. Schließlich kamen vor allem die Betrunkenen und ich habe mit dem Mut der Verzweiflung Situationskomik gemacht.“

Nach dieser Feuertaufe bekam Steffi Haiber ihre Moderationszusage bei Radio Regenbogen, verbunden mit einem Jahr im Probestudio, zusätzlich zu den normalen Schichten. Dabei stellte sie fest, dass ihr das Üben im Trockenbetrieb gar nicht liegt. „Ich kann nicht gut sein, wenn es nicht gilt. Auch heute laufe ich nur unter Live-Bedingungen zur Höchstform auf.“ Die letzten anderthalb Jahre war Steffi dann on air und moderierte zunächst am Sonntagmorgen zwischen 6.00 und 9.00 Uhr sowie die »Partyline« gemeinsam mit Michael Hassinger. Zu jener Zeit hatte sie noch keinen ausgeprägten Moderationsstil, entwickelte allerdings schon Fähigkeiten, die heute ihr Markenzeichen sind.

„Ich bin kein Aufschreibtyp sondern lieber spontan und pointiert. Damals gab es wenig Resonanz in Form von Hörerreaktionen, höchstens mal ein wütendes Fax. Also hab’ ich so weitergemacht, wie ich es für richtig hielt.“

Ihre schönste Zeit bei Radio Regenbogen hatte Steffi Haiber während der gemeinsamen Moderation der »Nachmittagsshow« mit Lars Michael Storm, der heute bei SWR 1 Rheinland-Pfalz in Mainz zu hören ist. „Wir lieben uns heiß und innig, haben einfach eine ähnliche Philosophie vom Radiomachen. So spielten wir uns immer gegenseitig die Bälle zu und es war nie langweilig“, bekommt Steffi noch heute leuchtende Augen.

Wechsel nach Baden-Baden

Im August 1998 fusionierten SDR und SWF zu einer gemeinsamen Anstalt. Die neue Popwelle SWR3 in Baden-Baden suchte Moderatoren und frische Stimmen. Ein Kollege bei Radio Regenbogen animierte Steffi Haiber, sich bei SWR3 zu bewerben. Im Januar 1999 fing sie auch direkt und ohne die eigentlich übliche Probewoche auf dem Fremersberg an und landete zunächst in der »Aktuell«-Redaktion. Dann stand »Up« zwischen 4.00 und 6.00 Uhr im Dienstplan und Steffis erste SWR3-Sendung war auch gleich die erste „Abhöre“, die in einer Stehkonferenz mit vielen Kollegen kritisch ausgewertet wurde. Bald darauf folgte der Sprung in die Morningshow, wo sie gemeinsam mit Gregor Glöckner die Hörer in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und darüber hinaus weckte.

Nach einer Krankheit, in deren Folge sich Steffi Haiber wieder mit viel Selbstdisziplin und Ehrgeiz ihren Platz hinter dem Mikrofon zurückeroberte, kehrte sie 2001 zunächst für die Nachtmoderation ins SWR3-Studio zurück. Ein Jahr später vollzog sich der Wechsel in den »Club« zwischen 19.00 und 22.00 Uhr, ehe Steffi in der Vormittagssendung »Bis Zwölf« ihre interaktive Ader ausleben konnte. Es folgte die Geburt ihrer heute fünfjährigen Tochter. Nach der Babypause war die alte Sendestrecke jedoch nicht mehr frei und Steffi übernahm wieder »Luna« zwischen Mitternacht und vier Uhr. „Die Nachtmoderation habe ich geliebt und mich gefreut wie ein Schneekönig, hier sehr frei agieren zu können. Ich liebe Musik, mag Menschen und mache gern Witze. All das war hier möglich.“
Gerade zu Zeiten, wo die meisten Leute schlafen, hat man besonders treue Hörer. Ob es der Fernfahrer ist, der über leere Autobahnen düst, oder der Pförtner bei einem Betrieb - auch für sie ist das Gespräch mit der SWR 3-Moderatorin eine gelungene Abwechslung. Und Steffi Haiber versteht es, die Geschichten, die das Leben schreibt, aus den Anrufern herauszukitzeln.

Emotionaler und persönlicher Stil

So gesehen ist der typische „Haiber-Style“ oft ein untrügliches Gespür für die jeweilige Situation, ein Wittern des kommenden Gesprächsfadens, der natürlich bei einem kleinen Mädchen, das anruft, ganz anders weiter gesponnen wird als bei einem selbstbewussten Geschäftsmann. „Ich bin wie ein Segeltuch, mache Herz und Ohren auf, lausche intuitiv und nehme auch wahr, was gerade im Hintergrund passiert. Mir ist es wichtig, dabei Emotionen rauszukitzeln“, erzählt Steffi, „auch vor ernsten Themen wie Tod, Verlust und Angst habe ich keine Scheu. Man muss nur immer wieder auf’s Neue den richtigen
Ton treffen.“

Ihre Lebenserfahrung hilft ihr auch mit nicht planbaren Situationen umzugehen. Sie meidet schon deshalb keine Themen, weil sie sich über jedes verschenkte Gespräch ärgert, wo die Vielschichtigkeit des jeweiligen Anrufers unentdeckt bleibt. „Man muss sich immer überlegen, was man auch zwischen den Zeilen heraushört. Natürlich ist es meine Aufgabe, an der richtigen Stelle abzubremsen, denn viele Menschen wissen gar nicht, in welche Gefahr sie sich begeben, wenn sie unbedarft bestimmte Dinge im Radio erzählen, die dann einem sehr großen Kreis zugänglich werden.“ Ihre Arbeit vergleicht Steffi mit der eines Kochs. „Ich komme in die Küche und kriege diese Töpfe und jene Zutaten, was man daraus macht, schmeckt aber von Fall zu Fall völlig unterschiedlich. So ist das auch im Studio.
Trotz aller Vorgaben vom Chef kann man doch im eigenen Stil moderieren.“

Situationskomik und lustige Versprecher

Spontaneität bedeutet aber auch ein Agieren ohne Netz und doppelten Boden. So erinnert sie Steffi Haiber noch gut an die peinlichste Sportmoderation ihres Lebens. Es geschah während der Winterolympiade in Salt Lake City, als während der »Club«-Sendung sehr schnell über einen Biathlonwettbewerb berichtet werden sollte. „Als Einleitung sagte ich: ‚Im Wald bei Salt Lake City ist es ganz gefährlich, da sind die Leute mit Pfeil und Bogen unterwegs’. Die Reaktionen folgten natürlich auf dem Fuße und alle Lämpchen auf der Studio-Hotline glühten.“ Während einer Anmoderation zur Champignons League machte sie statt Bayern München Borussia Dortmund zur teilnehmenden Mannschaft. „Ich ahnte dann schon, dass etwas passiert war und meldete mich gleich mit ‚Irgendetwas scheint falsch zu sein. Habe ich Borussia Dortmund gesagt?’ - Der Anrufer antwortete gleich wie aus der Pistole geschossen ‚Ja, aber nur zwölf Mal.’ Sowas gehört dazu. Wie heißt es so schön: No risk, no fun.“

Glückliche Schiene am Vormittag

Neben der Nachtsendung moderierte Steffi Haiber auch mitunter die Musiksendung »Intensiv« zwischen 22.00 Uhr und Mitternacht sowie „als Aushilfskellnerin“ das frühmorgendliche »Up«, ehe sie wieder in den geliebten Vormittag zurückkehren konnte. „Für mich als allein erziehende Mama ist das zeitlich eine glückliche Schiene. Ich kann zwischen dem wortgewaltigen Morgen und dem Mittag viel Musik spielen, darf aber auch über ein Tagesthema mit den Leuten reden.“ Darüber hinaus ist Steffi auch in der ein oder anderen Sendung am Wochenende zu hören, macht Reportagen für das SWR 3-Programm, wurde als weibliche Stationvoice eingesetzt und ist in ihren moderationsfreien Wochen in der Musikredaktion tätig. Für den Vormittag greift sie auf einen Themenpool zurück, der Anfang der Woche für die Durchplanung derselben verwendet wird. Der jeweilige Redakteur ist gleichzeitig Producer der Sendung, mit dem sich Steffi dann auch aus dem Studio heraus verständigen muss, wenn sie etwa bestimmte Elemente verändern oder aus dem Sendeplan rausschmeißen will. Während die Musik läuft fischt sie nach den Erlebnissen der Anrufer. „Ich fühle mich als Angler, ziehe die Geschichten der Leute an Land, die ich nicht in der Warteschleife hängen lassen kann. Die Kunst ist es dann, am Peak rauszugehen - nicht zu früh, um eine Pointe zu verschenken und nicht zu spät, wo es langweilig wird.“

Der Umgang mit den Hörern macht Steffi Haiber unglaublich Spaß. „Jeder ist für irgendetwas ein Freak, ich bin halt ein Menschenfreak.“ Besonders gut kann sie mit Kindern umgehen, die für viele Moderatoren als ein rotes Tuch gelten, da sie nicht steuerbar sind. „Meine Tochter hat mich weicher gemacht, ich bin auch für die Kleinen viel zugänglicher geworden“, sagt Steffi.

Nicht immer läuft alles nach Plan. Es kommt auch schon mal vor, dass während des Showopeners das eigentlich geplante Thema der Sendung umgeschmissen wird. „Wir hatten mal im Verkehrsfunk einen Megastau bei Stuttgart, den wir dann zum Beispiel ganz spontan aufgegriffen haben. Die Stausteher bekamen bei SWR3 Musikwünsche erfüllt und eine Hörerin, die als Au Pair dringend ihren Flieger bekommen musste, berichtete am Telefon, wie sie mit ihrem Koffer entlang der Autobahn lief.“ Dass sie mitunter auch mal etwas vom eigentlichen Thema abschweift, gibt die wortgewaltige Steffi unumwunden zu. „Wenn ich einmal los galoppiere, muss man mich wieder mit
dem Lasso einfangen.“

Hohe Identifikation mit dem Sender

Alles, was Steffi Haiber bei SWR3 macht, tut sie mit einem hohen Anspruch an sich selbst und im Bewusstsein, dass sie mit ihrer Arbeit Teil des gesamten Senders ist. Das gilt für ihre Arbeit in der Musikredaktion, wo sie nicht in der Planung eingesetzt ist sondern musikjournalistische Beiträge macht, die sie in Abstimmung mit dem jeweiligen Musikredakteur produziert. „Ich bin eine Perfektionistin im Beitragsbau und erst dann zufrieden, wenn alles stimmt - von der Struktur des Beitrags bis zum Satzbau.“

Hohe Identifikation mit dem eigenen Sender bedeutet auch, zum Teil deutlich länger zu bleiben, als das erforderlich ist. Während einer »Intensiv«-Sendung 2008 gab es eine schwere Unwetterwarnung für den Zollern-Alb-Kreis, die Bewohner sollten die oberen Stockwerke ihrer Häuser aufsuchen und man musste mit dem Schlimmsten rechnen. Sofort schmiss Steffi Haiber die Musiksendung um, blieb auch die ganze Nacht im Sender, um die aktuellen Informationen für das Programm aufzubereiten und ging erst morgens um halb Sechs nach Hause, als der nächste Redakteur kam. Überhaupt beherzigte Steffi immer, dass eine reine Musikmoderation gerade nachts sterbenslangweilig ist. Auch an ganz normalen Tagen stellte sie eine These auf, die Anrufer zum Widerspruch reizt, um Dynamik in die Sendung zu bekommen. „Wie jemand, der 100 Mal vom Turm gesprungen ist und weiß, dass da unten Wasser ist, ist mir klar, welches Thema trägt.“

Immer nah bei den Hörern

Mittlerweile hat das Wetter umgeschlagen, der Himmel ist grau geworden und es schüttet aus Kannen. Die Kellner haben längst gewechselt. Wir sitzen noch immer trocken unter den Sonnenschirmen vor der „Trinkhalle“ und Steffi kommt nochmal auf ein lustiges Erlebnis zu sprechen. In einer »CLUB-Dancenight« hatte sie einen Hörer auf dem Sender, der Hochzeitsgrüße übermitteln wollte. „Während mir die Namen des Anrufers, des Trauzeugen und desjenigen, der geheiratet hat, durch den Kopf gingen, dachte ich, die kennst du doch. Ich war auch so unvorsichtig, das mitzuteilen. Der Anrufer antwortete prompt: ‚Wir waren zusammen in der 5. Klasse und ich war in dich verliebt.’ Dazu muss man wissen, dass ich nur dieses eine Schuljahr auf dieser Schule war. Also blieb mir nur die Flucht nach vorn und ich sagte dann: ‚Das ist ja der Albtraum für jeden Radiomoderator, es ruft jemand aus der Vergangenheit an und erzählt irgendwelche schlimmen Sachen. Aber du bist doch sicher Gentleman und schweigst. Ich möchte noch erwähnen, es war in der 5. Klasse und alles platonisch.’ Hinterher haben wir uns noch per Mail ausgetauscht.“

Überhaupt, die Höreranfragen. Steffi beantwortet sie alle, wenn nicht in der Sendung, dann hinterher. Telefonanrufe schneidet sie im off-air-recording mit, um sie dann pointengerecht aufbereitet verwenden zu können. „Ich arbeite aber auch gern mit Mails. Die werden dann vorgelesen, was aufgrund des kurzen, prägnanten Stils oft sehr unterhaltsam ist“, bekennt Steffi Haiber. Sie hält auch nichts davon, bestimmte Reaktionen zu bevorraten und später zu verwenden. „Die Eichhörnchenmentalität ist nicht meine. Was reinkommt, muss auch gleich wieder rausgehen. Das Radio lebt nun mal von Schnelligkeit und Aktualität.“

Über die Jahre hat Steffi festgestellt, dass viele Anrufe auch eine soziale Funktion erfüllen, die man nicht unterschätzen sollte. „Durch die heutige Zeit sind die Leute zu einsam oder oft zu lange alleine unterwegs. Der Mensch ist eigentlich ein Herdentier und braucht jemanden um sich herum. Daher sind Themen immer gut, die Menschen zusammenbringen.“

Lieb gewonnene Kollegen

Schöne Erinnerungen an Off-Air-Moderationen, etwa 2002 beim New Pop Festival oder bei Halloween-Partys und Partynächten, hat Steffi viele. „Jeder Ort ist anders, überall ist auch das Publikum individuell. Man kann keine Reaktion vorwegnehmen. Draußen sein ist etwas ganz anderes als im Radiostudio zu moderieren. Endlich Hörer, die man auch sehen und anfassen kann. Völlig unmöglich, sich vorher einen Plan zu machen. Deswegen einfach: Rauf auf die Bühne, rein in die Menge und das Partytier rauslassen. Und immer wieder fasziniert sein von der Tatsache, dass die einen besonders gut tanzen, die anderen wiederum besonders gut mitgröhlen können.“

In lebhafter Erinnerung ist Steffi Haiber auch die „Arena of Sound“ geblieben, die sie vor 80.000 Leuten in Stuttgart gemeinsam mit Matthias Holtmann präsentierte. Überhaupt, die Kollegen. Von ihnen hat sie viel gelernt und sie will gern Moderatorin im Sinne von moderat sein. Bei ihr gibt es auch keine negative Musikkritik, die bestimmte Gruppen oder Songs herunterputzt. Sie würde das als Entwertung des Programms empfinden.

Gern macht Steffi, die mit ihrem vielfältigen Dialektportfolio dafür bestens geeignet ist, auch Comedy jedweder Art. „Das hat schon bei Radio Regenbogen begonnen, wo ich eigene Texte schrieb und verschiedene Rollen sprach. Bei SWR3 kann ich das in vielfältiger Art und Weise fortsetzen.“

Da Steffi nie selbstzufrieden ist, hinterfragt sie ihre Arbeit jeden Tag auf’s Neue. Sie freut sich über das Lob eines Moderationskollegen „Haiber, du hast es“ und ist Lars Michael Storm dankbar, der „an mich von Anfang an geglaubt hat“. Von Steffi Tücking hat sie ebenso viel gelernt wie von Kai Karsten oder Zeus und Wirbitzky. Die beiden sind übrigens längst aufgebrochen, als wir merken, wie schnell die Zeit vergangen ist. „Sag mal, wird es schon dunkel?“ fragt Steffi ganz ungläubig. Und der Blick auf die Uhr bestätigt, es ist kurz vor 20.00 Uhr.

Geschlagene fünf Stunden haben wir geplaudert und keine Minute davon war langweilig. Der Gesprächsfaden riss auch nicht ab.
Das zeigt, dass Steffi Haiber privat genauso ist wie im Radio: Kommunikativ und spontan, vertrauensvoll und bodenständig, direkt und auf den Punkt schlagfertig. Ihre größte Begabung
sieht sie ja im Umgang mit Menschen. Dem kann man nicht widersprechen.

Stefan Förster
Aus RADIOJournal 1/2010 

»...Die Nachtmoderation habe ich geliebt und mich gefreut wie ein Schneekönig, hier sehr frei agieren zu können. Ich liebe Musik, mag Menschen und mache gern Witze. All das war hier möglich.« Gerade
zu Zeiten, wo die meisten Leute schlafen, hat man besonders
treue Hörer. Ob es der Fernfahrer ist, der über leere Autobahnen düst, oder der Pförtner bei einem Betrieb - auch
für sie ist das Gespräch mit der SWR3-Moderatorin eine gelungene Abwechslung. Und Steffi Haiber versteht es, die Geschichten, die das Leben schreibt, aus
den Anrufern herauszukitzeln ...
'Man muss sich immer überlegen, was man auch zwischen den Zeilen heraushört. Natürlich ist es meine Aufgabe, an der richtigen Stelle abzubremsen, denn
viele Menschen wissen gar nicht, in welche Gefahr sie sich begeben, wenn sie unbedarft bestimmte Dinge im Radio erzählen, die dann einem sehr großen Kreis zugänglich werden'...«



Foto: © SWR (Alexander Kluge)

Stephanie Haiber prägte von 1995 bis 2012 als Moderatorin das Programm von SWR3. Seit 2012 steht die Journalistin auch vor der Kamera. Im SWR Fernsehen moderiert sie nicht nur die Nachrichtensendung »Landesschau aktuell Baden-Württemberg«, sondern präsentiert an der Seite von Clemens Bratzler auch die Wahlsendungen des SWR.
Ab 3. November 2014 moderieren Stephanie Haiber und Dieter Fritz das neue ausführliche Nachrichten-magazin für das Land im
SWR Fernsehen in Baden-Württemberg (montags bis freitags von 19.30 bis 20.00 Uhr). www.swr.de/bw