Interviews
mit Radioleuten und Radiomachern


Foto: © hr

»Moderation ist Herzenssache«
Britta Wiegand über ihre Lebenseinstellung, vielfältige Berufserfahrung und schöne Hörererlebnisse

Wer Britta Wiegand einmal im ARD-Nachtexpress hört, wenn der Hessische Rundfunk an der Reihe ist und sie für hr4 dann ausnahmsweise im Frankfurter Funkhaus moderiert, spürt sofort  ihre fröhliche, lebensbejahende Einstellung und die Freude am Radio machen. Nichts ist schwieriger, als die Hörer nachts mit netten Anekdoten und freundlicher Plauderei wach zu halten. Britta Wiegand schafft das meisterhaft. Natürlich nicht nur wenn es dunkel ist. Auch im Tagesprogramm von hr4, das aus Kassel gesendet wird, ist sie eine gern gehörte Stimme, die mit ihrer positiven Energie und dem spürbaren Interesse an ihren Hörern angenehm auffällt.

Bei ihren Fernsehmoderationen zeigt Britta Wiegand dann, dass bei ihr Stimme, Ausstrahlung und Talent zusammenfallen. Mit dieser Kombination ist sie ein Glücksgriff für die Medienlandschaft. Dass sie sich für andere Menschen interessiert und dafür Zeit nimmt, zeigt Britta Wiegand auch bei unserem Gespräch. Nachdem sie am Vormittag bei hr4 in Kassel moderiert hat, macht sie auf dem Heimweg nach Aschaffenburg nur für diesen Termin noch extra einen Abstecher nach Frankfurt.

Mit 17 zum Lokalradio

Die erste Gemeinsamkeit ist schnell entdeckt. Britta Wiegand ist auch eine gebürtige Berlinerin, wohnte bis zu ihrem sechsten Lebensjahr direkt in der City-West der damals noch durch die Mauer geteilten Stadt. Hier am Kurfürstendamm Ecke Uhlandstraße lernte sie als kleines Mädchen das pulsierende Leben einer Metropole kennen. Später zog Britta dann mit ihrer Familie ins beschaulichere, aber schöne Aschaffenburg, wo sie bereits mit 17 Jahren erste Radioerfahrungen sammeln konnte. Auch das hat sie ihrer Spontaneität zu verdanken. „Ich erinnere mich noch genau daran: Es war ein wunderschöner Tag, die Sonne schien, als ich mit meiner Mutter durch Aschaffenburg gelaufen bin. Da stand an einem Haus, dass hier der erste private Rundfunksender in Bayern entsteht. Ich habe dann gleich dort angerufen und gesagt, dass ich mitmachen möchte. Erstaunt fragte man mich: ‚Sind Sie denn Moderatorin?’ Das war ich nun nicht, muss aber so überzeugend gewesen sein, dass ich doch dort anfangen konnte.“

Bei Radio Primavera lernte Britta Wiegand von der Pike auf ihr - nicht nur journalistisches - Handwerk. „Der große Vorteil eines Lokalsenders ist, dass man dort das erforderliche Verständnis für alle Abteilungen bekommt. Ich habe auch Redaktion, Organisation und Verkauf kennen gelernt. Wir haben uns gemeinsam Werbespots überlegt und den Kunden verkauft oder ich konnte vielfältige Veranstaltungen präsentieren“, blickt Britta auf diese wunderbaren Radiojahre zurück.

In dieser Zeit hatte sie mit heute zum Teil überregional bekannten Kollegen wie Jochen Bendel, Johannes Scherer oder Dirk Rohrbach zu tun. Ein gut harmonierendes Team eben, dem die Freude an den neuen Möglichkeiten des lokalen Privatradios anzuhören war. Seit dieser Zeit ist Britta Wiegand in ihrer Heimat bekannt wie der sprichwörtlich bunte Hund. „Durch die lange Radiozeit hat man natürlich einen kleinen Promi-Status. Noch heute werde ich immer mal wieder angesprochen, einige Leute hören mir auch mittlerweile bei hr4 zu.“

Einkaufsradio gestartet

Nach acht Jahren bei Radio Primavera ging Britta Wiegand mit Thomas Koschwitz neue Radiowege. Die zwei  hoben den Mitarbeiter- und Einkaufssender „Radio 01“ aus der Taufe, der nach einem Brainstorming für diese damals noch neue Rundfunkform entstand und damit auch den Grundstein für einen heute selbstverständlichen Bestandteil der externen Unternehmenskommunikation legte. Anschließend zog es Britta Wiegand zum ersten Mal vor die Kamera. Beim für den Großraum Würzburg / Schweinfurt / Aschaffenburg sendenden Lokalfernsehsender TV Touring präsentierte sie fast vier Jahre live über 2500 Nachrichtensendungen. „Nachdem ich so lange Radio gemacht hatte, war das eine willkommene Abwechslung, die mir auch Sicherheit im Umgang mit der Kamera gegeben hat. Zu den Zuschauern gab es eine sehr enge Bindung und man hatte wirklich das Gefühl, bei ihnen direkt im Wohnzimmer gewesen zu sein“, erinnert sich Britta Wiegand. „Und so haben sie mich auch oft auf der Straße begrüßt“.

Tierisches Fernsehvergnügen

Nach ihrem bewährten Motto „Ruf doch mal an“, ging Britta auch zu einem Casting für die »Teletipps« bei 3sat. Groß war die Freude, als Heike Maurer  im Jahr 2000 anrief und ihr schließlich die Moderation der »Teletipps vom Tierarzt« zusagte. Alle sechs Wochen ist sie nun in Mainz beim ZDF, um drei Sendungen aufzuzeichnen. Ausgestrahlt wird der Ratgeber rund um Tierpflege und Tierhaltung jeden zweiten Sonntag um 17.30 Uhr bei 3sat. Eine weitere Fernsehsendung kam bald hinzu. Nach zwei Castings wurde Britta Wiegand für mehrere Jahre auch das Gesicht der Sendung »Service Gesundheit«, die im hessen fernsehen ausgestrahlt wurde. Dass es geklappt hat, freute Britta natürlich. Sie ergreift neue Chancen gern, ohne ihnen aber krampfhaft hinterher zu jagen. „Wie es kommt, kommt es. Ich habe mich nie irre machen lassen und bin immer entspannt an die Moderation herangegangen. Das hat sich meistens ausgezahlt.“

Gerade bei der Gesundheitssendung erkannte Britta Wiegand schnell, wie Experten außerhalb ihres eigentlichen Arbeitsplatzes agieren, wenn eine Kamera mit im Spiel ist. „Es gab Professoren, die kamen als weiße Eminenz, wurden dann aber schnell unsicher und konnten beinahe nicht das Thema rüberbringen, zu dem sie eigentlich eingeladen waren. Da ist es dann Aufgabe des Moderators, ihnen mentale Kraft zu geben, sie menschlich zu halten und unerwartete Pausen oder ‚Hänger’ sympathisch zu überbrücken.“ Auch als Lockvogel für die „Versteckte Kamera“ war Britta Wiegand bereits auf dem Bildschirm zu sehen. Doch ihrer Radioleidenschaft wurde sie in dieser Zeit nicht untreu.


Foto: Autogrammkarte hr3

Nach einer erneuten Rückkehr zu Radio Primavera kam sie im Jahr 2000 zu hr3, wo sie  »Kuschelrock« und die Frühsendungen am Samstag und Sonntag moderierte oder auch  in der ARD-Popnacht zu hören war. Jörg Bombach, der hr3-Programmchef, empfahl  Britta Wiegand sich doch mal bei hr4 vorzustellen, da er wusste dass sie den Schlager liebt und auch den engen Kontakt zum Hörer. „Man könnte das auch als ‚wegloben’ bezeichnen“, erzählt sie lachend. „Heute bin ich ihm aber sehr dankbar, für diesen richtungsweisenden Schubs. Ich bin dann überfallartig zum dortigen Programmchef Rainer Götze ins Büro und habe ihm gesagt, wenn er jemanden gebrauchen kann, soll er an mich denken. Man musste schon selbst die Sendungen fahren können und ich hatte keine Berührungsängste.“

Angekommen bei hr4

Seitdem Britta Wiegand beim Landesprogramm des Hessischen Rundfunks moderiert, genießt sie ihre Arbeit dort in vollen Zügen. Und das gleich im doppelten Sinn. Zum einen ist die Bahncard 100-Inhaberin oft auf der Schiene, fährt von Aschaffenburg mit Umsteigen in Hanau nach Kassel, ist dort drei Stunden für eine Sendung vor Ort und düst dann wieder zurück nach Hause. Zum anderen fühlt sich Britta Wiegand bei hr4 hörbar wohl. „Hier darf es menscheln, das gefällt mir wirklich gut. Die Hörerbindung ist enorm und ganz eng. Das merkt man bei den Veranstaltungen, die mich wirklich motivieren. Hier wird man persönlich begrüßt und es gibt so viele wunderbare Begegnungen.“ Das gibt Kraft und Energie für viele weitere Sendungen. „Ich kann mir vorstellen, bei hr4 lange zu bleiben, wenn ich darf“, bekennt Britta Wiegand. Zumal sie die deutschsprachige Musik auch wirklich mag. „Wer sagt denn, dass deutsche Titel schmalzig sind. Wenn man die englischen Songs mal übersetzen würde, merkt man, dass sie auch nicht mehr  Inhalt haben.“

Auf dem iPod im Zug hört sie Howard Carpendale („meine erste Platte die ich mir je gekauft habe ist von ihm“) oder Michelle („die neue CD von ihr ist richtig klasse“). Schon bei Radio Primavera hat Britta der hohe Deutschanteil in der Musik gefallen. „Man sollte sich auch ein bisschen mit der Musik auskennen, die man spielt.“ Jede Sendung hat für Britta Wiegand, die im gesamten Tagesprogramm zu hören ist, ihren Reiz, aber eine mag sie ganz besonders: »Wünsch dir was«. Hier läuft Musik, die oft lange nicht mehr gespielt wurde. „Man kann damit sehr viel Freude bereiten“, hat Britta erfahren, „die Familie sitzt dann vorm Radio und ich ermuntere sie, doch mal anzurufen, um was  Nettes oder Liebes zu sagen“. Das ist auch Britta Wiegands ganz persönlicher Ansatz. „Ich will den Leuten ein bisschen Sonnenschein bereiten. Die Welt ist grau genug, da braucht man keinen, der nur rummäkelt.“ Dass diese Einstellung ihr schon von außerhalb den Vorwurf zu nett zu sein einbrachte, zeigt nur zu deutlich, was doch im täglichen Miteinander im Argen liegt.

Innere Einstellung ist entscheidend

Dabei ist Britta Wiegands Grundansatz, dem Gegenüber stets höflich und respektvoll zu begegnen, ausdrücklich zur Nachahmung empfohlen. „Probleme sollte man erstmal mit sich selbst klären und seine schlechte Laune nicht an Anderen auslassen. Ich frage öfter mal die Leute direkt, ob ich sie denn geärgert habe, wenn sie mir unfreundlich begegnen. Viele sind sich gar nicht bewusst, was sie nach Außen für einen Eindruck hinterlassen.“

Über Menschen, die sich, wie ein Bekannter von ihr, schriftlich darüber beschweren, dass die Einwurfschlitze beim Briefkasten zu klein sind, kann sie nur den Kopf schütteln. Wertvolle Lebenszeit geht mit solchen Banalitäten verloren. Trotzdem: Achtung für ihr Gegenüber ist Britta Wiegand sehr wichtig. „Man sollte Leute nicht immer verurteilen, nur weil sie anders sind. Leben und leben lassen ist für mich ein wichtiger Grundsatz“, sagt die Mutter zweier Mädels, 11 und 17 Jahre alt, denen sie auch wichtige Werte mitgeben will. „Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit und Vertrauen sind die Basis jeder Familie und überhaupt von menschlichen Bindungen. Ich habe das Gefühl, dass man heute richtig viel investieren muss, um Werte überhaupt zu halten, die leider teilweise schon verloren gegangen sind.“

Während ich von der Offenheit und den grundsoliden Ansichten Britta Wiegands beeindruckt bin, wird mir klar, wie viel jeder für sich und seine Umwelt tun kann, wenn er es auch wirklich will. „Man kann viel beeinflussen“, stimmt mir Britta zu, „es reicht schon, wenn man kleinen Dingen Gutes abgewinnt oder sich freut, dass die Sonne scheint. Ich sage mir auch immer zu Motivation: Du kannst immer hinfallen, musst aber auch wieder aufstehen. Bei Schicksalsschlägen sollte man sich vor Augen führen, dass es Menschen gibt, die noch schlechter dran sind.“

Was die Freundlichkeit angeht, hat Britta Wiegand auch bei so manchen Prominenten, denen sie begegnete, Starallüren ausgemacht oder unmögliche Dinge erlebt. „Wenn solche Leute dann sehr unfreundlich oder patzig zu ihren Fans sind, frage ich mich immer, warum sie nicht eine Grundfreundlichkeit gegenüber ihrem Arbeitgeber - dem Publikum - bewahren. Ich verdiene doch auch nur mein Geld, wenn ich nett und umgänglich bei den Hörern ankomme. Und von einigen Promis, wie zum Beispiel Whitney Houston, kaufe ich, seitdem ich sie kennen gelernt habe, definitiv keine CD mehr.“

Gern gesehen auf Veranstaltungen

Im Schnitt drei Mal in der Woche moderiert Britta Wiegand bei hr4 in Kassel, acht Mal im Jahr kommt der ARD-Nachtexpress hinzu. „Der ist eine gute Schule, weil man ganz anders auf die Hörer eingehen muss. Nachts sind nur die Leute dabei, die wirklich wach bleiben müssen. Bus- und Taxifahrer zum Beispiel. Die hören dann aber auch viel bewusster zu.“

Überhaupt ist Britta Wiegand die Kommunikation mit ihren Hörern sehr wichtig. Ob sie mit ihnen Ausflüge macht oder in der hr4-Sendung »Mein Verein« zum Teil skurrile Hobbies kennen lernt - stets will sie wissen, was die Menschen können, wo ihre Fähigkeiten, Wünsche und Begabungen liegen. Kommunikation ist dabei aber keine Einbahnstraße. „Die Leute fragen mich viel, ich sie aber auch.“

Nach 21 Jahren beim Radio hat Britta Wiegand im Grunde jede mögliche Situation erlebt. „Da ich bei Primavera gleich Live-Sendungen moderieren konnte, habe ich schnell Erfahrungen gesammelt, welche Situationen auftreten können. Und man lernt natürlich auf den Punkt zu kommen und Überflüssiges weg zu lassen.“

Auch die Lokalfernsehzeit war für Britta eine gute Schule. „Mit dem Präsentieren der Nachrichten war es ja nicht getan. Man ist zugleich Aufnahmeleiter und sein eigener Kameramann, hat auch Konzepte gemacht, was die Zuschauer sehen wollen.“ Auch vor der Kamera sind diejenigen, die live moderieren können, im Vorteil, findet Britta Wiegand. „Mit dem Teleprompter verliert man. Wer sich nur darauf verlässt, kann nachher nicht rausgehen und geht bei Veranstaltungen unter.“

Besonders erfreut ist Britta auch über die Resonanz im Rahmen der Aktionen zu 20 Jahre hr4. Ein eigener Song zum Jubiläum ist entstanden, bei dem sie mitgesungen hat, ein Video wurde für’s hr-fernsehen produziert.

„Der Song hat mir großen Spaß gemacht, das ist ein richtiger Ohrwurm geworden. Die Resonanz der Hörer ist klasse“, freut sich Britta Wiegand, die auch sonst gern unterwegs ist und bei Veranstaltungen aller Art auf der Bühne steht.

So wird sie durch ihre Erfahrungen im Gesundheitsbereich viel in dieser Branche für Moderationen gewünscht. Aber die Eröffnung der ICE-Strecke zwischen Frankfurt/Main und Köln moderierte sie ebenso souverän wie den Marathon in Berlin oder den Internationalen Tranplantationspreis in Frankfurt. Wichtig ist ihr dabei, dass für die Vorbereitung ausreichend Zeit bleibt. „Ich möchte nur das machen, wovon ich auch inhaltlich überzeugt bin. Wenn ich mich für eine Eventmoderation entscheide, soll das eine runde Sache werden, von der beide Seiten etwas haben. Moderation ist für mich Herzenssache.“

Stefan Förster
Aus RADIOJournal 2/2007 

»...Hier darf es menscheln, das gefällt mir wirklich gut. Die Hörerbindung ist enorm und ganz eng. Das
merkt man bei den Veranstaltungen, die mich wirklich motivieren. Hier wird man persönlich begrüßt und es gibt so viele wunderbare Begegnungen ... Wer sagt denn, dass deutsche Titel schmalzig sind. Wenn man die englischen Songs mal übersetzen würde, merkt man, dass sie auch nicht mehr  Inhalt haben ... Ich kann mir vorstellen, bei hr4 lange zu bleiben, wenn ich darf...«



Foto: © Britta Wiegand

»... Wie es kommt, kommt es. Ich habe mich nie irre machen lassen und bin immer entspannt an die Moderation herangegangen. Das
hat sich meistens ausgezahlt...«



Foto: © Britta Wiegand

»... Wünsch dir was. Hier läuft Musik, die oft lange nicht mehr gespielt wurde. Man kann damit sehr viel Freude bereiten, die Familie sitzt dann vorm Radio und ich ermuntere sie, doch mal anzurufen, um was  Nettes oder Liebes zu sagen. Ich will den Leuten ein bisschen Sonnenschein bereiten. Die Welt ist grau genug, da braucht man keinen, der nur rummäkelt...«

www.moderationen.de



Foto: © hr (Alexander Heinrichs)

• Britta Wiegand moderiert die Sendung »Mein Verein in hr4« von 15.00 bis 17.00 Uhr in der hr4 jeden Sonntag live hessische Vereine vorstellt.

www.hr4.de