Interviews
mit Radioleuten und Radiomachern

»Wir sind noch hungrig« - ANTENNE THÜRINGEN Geschäftsführer Hans-Jürgen Kratz über eine Dekade Privatradio im Freistaat

Herr Kratz, 10 Jahre Antenne Thüringen stehen am 1. Februar 2003 ins Haus. Sie sind mit Ihrem Sender wie die anderen Privaten der ersten Generation in den neuen Ländern Marktführer in Ihrem Verbreitungsgebiet, stehen auch sonst gut da. Wie würden Sie die Marktposition der Antenne nach einer Dekade in Thüringen einschätzen? Was ist gut gelaufen, wo liegt noch Potenzial?

Wenn man sich die MA anguckt, sind wir zum achten Mal hintereinander Marktführer. 1995 waren wir das zunächst bei den 14 bis 49-Jährigen, ein Jahr später schon absolut. In dieser Zeit ist einiges passiert: MDR 1 hat relauncht, die Landeswelle hat mehrfach ihr Programm umgestellt, MDR JUMP ist neu auf den Markt getreten. Wir können zufrieden und auch stolz sein, unter diesen Bedingungen die Marktführerschaft behalten zu haben. 

Es ist klar, dass der Markt enger wird. Aber wer keine Aufgaben hat, wird leicht satt - insofern sind wir noch hungrig und unser Ziel ist, die Marktführerschaft in den nächsten Jahren weiter zu verteidigen. Ich bin sehr optimistisch, dass wir das auch hinkriegen werden. 

Was waren die Gründe, dass Antenne Thüringen sehr schnell als „der“ Sender im Land wahrgenommen wurde und auch heute noch wird? War das der schnelle Start zwei Jahre früher vor Ihrem privaten Konkurrenten, spielt der Standort Weimar eine Rolle...?

Ich könnte jetzt sagen, es war eine geniale Marketingstrategie nach Weimar zu gehen, das ist aber nicht so. Es war einfach Zufall. Als seinerzeit die Antenne startete, gab es einfach keine adäquaten Räumlichkeiten in Erfurt. Man hat sich auf Gesellschafterseite dann umgeguckt, den Bürotrakt des Hilton hier in Weimar für gut befunden und kurzerhand den Sendersitz hierher verlegt. Ich glaube aber, dass es nicht auf den Standort ankommt, sondern auf die Ausgestaltung des Programms. Die zwei Jahre Vorsprung, die wir vor der Landeswelle hatten, waren sicher eine gute Ausgangsbasis, eine gute Chance, die wir auch genutzt haben. Aber auch den JUMP-Vorgänger MDR Life haben wir in die Knie gezwungen, obwohl er vor uns da war. Der Vorteil des frühen Sendestarts ist daher nicht so groß, wie allgemein angenommen wird. 

Sie haben Ihre Lizenz vor wenigen Wochen verlängert bekommen, erneut mit der Auflage von 15 Prozent Wortanteil. Fühlen Sie sich von der TLM dadurch zu stark beengt?

In den Untersuchungen lag Antenne Thüringen mit seinem „beratenden und informierenden Wortanteil“ immer um die 15 Prozent, die wir wegen unserer für uns wichtigen regionalen Verwurzelung auch immer einhalten wollen. Die Kritik der TLM richtete sich in erster Linie an die Kollegen der Landeswelle, die mal mit 17 Prozent angetreten sind und jetzt um die 12 liegen - damit wird sicherlich bei der nächsten Lizenzverlängerung ein Problem auftreten. 

Es ist allerdings nicht so angenehm, wenn man an bestimmten quantitativen Quoten gemessen wird. Da kann man lange darüber diskutieren, ob ein Beitrag oder eine Nachrichtensendung, die man elendig lang zieht, um auf diese Quote zu kommen, mehr Sinn macht oder ob es nicht besser wäre, kurz und prägnant auf den Punkt zu kommen. Aber diese Diskussion ist müßig, wir haben die Auflagen und müssen sie einhalten. Alles in allem kommen wir mit der TLM aber gut klar, dort wird auch sehr pragmatisch gearbeitet. 

Die Entwicklung über zehn Jahre Antenne Thüringen ist von großer Kontinuität geprägt: Hat sich das Radio in den letzten zehn Jahren denn wirklich so grundlegend verändert?

Radio ist nie statisch gewesen, hat sich sowieso immer verändert. Mit etwas schnellerer Geschwindigkeit ging das in
den letzten ein, zwei Jahren. Ich kann mich noch an die Situation Mitte der 90er Jahre erinnern, wo es um die totale Formatierung des Radios ging. Man hat gemerkt, dass das auf die Dauer nicht reicht, dass man substanzieller werden muss. Research ist ein Mittel zum Zweck, aber letztendlich müssen die Radiomacher auch aus dem Bauch heraus entscheiden. Der Hörer ist bei der Musik toleranter, als wir alle glauben. Es sind aus seiner Sicht auch Nebensächlichkeiten, ob der Opener genau passt oder die Blende richtig gefahren wurde. Der Gesamteindruck muss stimmen. Der setzt sich eben aus Musik, Informationen und Moderation zusammen. Gerade letztere soll das Programm auch ein Stück unverwechselbar machen. 

Ich halte auch Hörerbindungsinstrumente wie die Antenne Thüringen-Beach-Party für wichtig. Es muss aber immer im ökonomischen Gleichgewicht bleiben. Sie kostet uns kein Geld und das ist wichtig. Unsere Hörerreisen in den Herbstferien für junge Familien mit Kindern führen wir dieses Jahr zum sechsten Mal durch. Hier fahren immer 350 bis 400 Menschen mit. Das bringt zwar keine direkte Reichweite, sorgt aber für eine emotionale Bindung an das Programm. Mit solchen Tools kann man auch eine Programmschwäche besser wegstecken.

Seit diesem Mai haben wir mit Wolfgang-Johannes Krause als unserem neuen Programmdirektor auch eine der gerade in strategischen, langfristigen Überlegungen profiliertesten Radioleute bei uns im Haus. Das Programm ist ein bisschen anders, frischer geworden. 

Stefan Förster
Aus RADIOJournal 12/2002
 


Foto: © ANTENNE THÜRINGEN

»... Radio ist nie statisch gewesen, hat sich sowieso immer verändert. Mit etwas schnellerer Geschwindigkeit ging das in den letzten ein, zwei Jahren. Ich kann mich noch an die Situation Mitte der 90er Jahre erinnern, wo es um die totale Formatierung des Radios ging. Man hat gemerkt, dass das auf die Dauer nicht reicht, dass man substanzieller werden muss. Research ist ein Mittel zum Zweck, aber letztendlich müssen die Radiomacher auch aus dem Bauch heraus entscheiden...«



»... Der Hörer ist bei der Musik toleranter, als wir alle glauben. Es sind aus seiner Sicht auch Nebensächlichkeiten, ob der Opener genau passt oder die Blende richtig gefahren wurde. Der Gesamteindruck muss stimmen. Der setzt sich eben aus Musik, Informationen und Moderation zusammen. Gerade letztere soll das Programm auch ein Stück unverwechselbar machen...« 

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