Interviews
mit Radioleuten und Radiomachern


Foto: © RADIO PSR

„Miss Peggy“ als Markenzeichen - 
Sachsens Radioglücksschwein Peggy Schmidt im Gespräch

Sie ist die Nachmittagspersonality im sächsischen Radio: Mit Charme, Wortwitz und dem richtigen Gespür für die Themen des Tages und die aktuellsten Alltags-Anekdoten präsentiert Peggy Schmidt montags bis freitags von 15 bis 19 Uhr ihre »Drive Time-Show« bei RADIO PSR. Dabei agiert die Leipzigerin als „Miss Peggy“. Selbst bildhübsch und alles andere als dick und rund, kann sie sich den süffisanten Vergleich mit dem vollgefutterten Schwein aus der Muppet-Show gut gefallen lassen. Nach zwei Jahren on air ist „Miss Peggy“ dank Peggy Schmidts Persönlichkeit zum sächsischen Radiomarkenzeichen geworden.

Peggy, dein Weg zum Radio war keineswegs vorgezeichnet. Bis dahin hast du schon einige andere Dinge gemacht...

Das stimmt. Ich hatte aber auch immer das Glück, dass mich alle haben machen lassen und ich mich in den jeweiligen Bereichen entfalten konnte. So bin ich letztendlich zum Radio gekommen, so hab’ ich meine Wochenkurier-Kolumne bekommen und so war es auch mit dem Modeln. Und ich habe mich auch immer über das freuen können, was ich erreicht habe. 

Meine Eltern hatten ein Restaurant und das sollte ich als Hotelfachfrau eigentlich übernehmen. Doch dann kam die Wende und mir stand auf einmal die Welt offen. Für eine Modelagentur kam ich viel herum – ob nun Paris oder Portugal – und hab’ eine Menge gesehen. Ich stand schon als 14-Jährige auf dem Laufsteg, hatte mich damals mit meinen 1,73 Metern ganz frech beim Verlag für die Frau beworben und wurde prompt genommen. 

Um die Wende herum hatte ich meine erste kurze Begegnung mit den elektronischen Medien und dem Job als Moderatorin. Im „Ostseestudio Rostock“ hab’ ich dann für eine halbe Stunde Fernsehen gemacht. Auch ein kleiner Schauspielausflug zu GZSZ fand in dieser Zeit statt. Dann hatte ich überlegt, Heilpraktikerin zu werden und ein richtig teures, privat finanziertes Studium dafür begonnen. Ende ’94 war in dann von der Modelzeit ein bisschen frustriert und fand – wie es der Zufall so wollte - eine Zeitungsseite im Mülleimer, auf der eine PSR-Stellenanzeige abgedruckt war. 

Und so bist du quasi mit dem Sprung ins kalte Wasser zum Radio gekommen...

Genau. „RADIO PSR sucht eine Moderatorin - Trauen Sie sich, auch wenn Sie keine Erfahrung haben“ lautete der Anzeigentext. Die Bewerbungsfrist war schon fast abgelaufen und mein Brief trudelte als einer der letzten von 500 Bewerbungen im Leipziger Funkhaus ein. Natürlich hatte ich nicht damit gerechnet, schon drei Tage später zu einer Sprechprobe eingeladen zu werden. Gesucht wurde eine Wetterfee für die Morningshow und ich hatte meine ersten Tests damals mit Thomas Böttcher, der gemeinsam mit Uwe Fischer am Morgen moderierte. Programmchef Jürgen Vogel drückte mir gleich ein Buch über die Grundzüge des Radios in die Hand und meinte, „nach Weihnachten sehen wir uns wieder“. Über die Feiertage hab’ ich die Radio-Bibel verschlungen und dabei zum ersten Mal festgestellt, dass „Donut“ nicht nur etwas zum Essen ist... 

Jürgen Vogel hat mich dann Anfang 1995 zu einem 3-Tage-Crash-Kurs zur BCI nach Nürnberg geschickt, wo ich mir vor lauter Anstrengung gleich meine Brücke zerbissen hab’. Zurück mit dem Aircheck, meinte der Programmchef „Das klingt ja ganz nett, setzen Sie sich ins Produktionsstudio, in drei Wochen komme ich aus dem Urlaub zurück und höre mir das Ergebnis an“. Also bin ich ins Studio, hab’ den Kollegen nebenan genervt und mich in die neue Technik einweisen lassen. Und dann hieß es: „Haben Sie morgen Nacht Zeit, für zwei Stunden steht auch ein Kollege dahinter, der im Notfall eingreifen kann.“ So bin ich ins regelmäßige Nachtprogramm gerutscht, anderthalb Jahre Montag bis Sonntag von 0.00 bis 6.00 Uhr. 

Das war eine stressige Zeit. Früh nach der Sendung hab ich geduscht, bin anschließend zur Heilpraktikerschule und gemodelt hab’ ich auch noch nebenbei. Irgendwann musste ich Prioritäten setzen, da ich sonst in beiden Bereichen nicht wirklich gut gewesen wäre. Also hab’ ich die Schule abgebrochen, um mich voll und ganz auf’s Radio konzentrieren zu können. Dort wechselten nun auch die Sendeschienen, mal war ich am Tag, mal am Wochenende zu hören. 

Dann wurde der Nachmittag zu deiner PSR-Sendezeit und du hast auch einen Ausflug ins Fernsehen gewagt. Welches Medium gefällt dir besser?

Mein Bereich ist ganz klar das Radio, wenngleich ich die Fernseherfahrung auch nicht missen möchte. Es hatte sich halt so ergeben. Zuerst bekam ich die Nachmittagssendung von 13.00 bis 16.00 Uhr bei RADIO PSR, damals noch eine Zeitschiene mit richtigen, klassischen Beiträgen, die sich an das einstündige politikorientierte Mittagsmagazin von 12.00 bis 13.00 Uhr anschloss. Meine wichtigsten Radioerfahrungen, die auch heute noch gelten, hab’ ich in dieser Zeit gemacht: Oberste Priorität ist nachwievor sich kurz zu fassen, auf den Punkt zu moderieren und wenn nichts zu sagen ist, lieber die Klappe halten als unnötige Informationen geben. Infos kann man natürlich auch mit Pointen verpacken ­ eine Sache, die mir sehr entgegenkommt. 

Das Schöne und Spannende beim Radio ist ja, dass man jeden Tag bei Null anfängt. Nichts ist wie am Vortag, keine Vorlage kann man wiederverwenden, Originalität und Wortwitz sind immer wieder auf’s Neue gefragt. 

Beim Fernsehen ist doch alles viel länger vorbereitet und aufwendiger. Über eine Agentur in Berlin bin ich zur Co-Moderation von »Mein Morgen« bei RTL gekommen. Dort war ich mit Tipps und Trends für die Moderubrik zuständig und als Off-Air-Reporterin unterwegs. Das war eine wertvolle Erfahrung. Wenn du 16 bis 17 Stunden draußen drehst, damit nachher ein popeliger 3-Minuten-Beitrag entsteht, weißt du die Spontanität des Radios dann durchaus zu schätzen. Das Live-Fernsehprojekt war mir dennoch wichtig, wenngleich die Zeit auch wieder ganz schön stressig war. Samstags bis mittwochs hab’ ich vormittags von 9.00 bis 12.00 bei RADIO PSR gesendet, donnerstags und freitags war ich in Köln, um für »Mein Morgen« die Beiträge abzudrehen. 

Wieder voll und ganz beim Radio, kam die Personalisierung von Peggy Schmidt zum Radioglücksschwein „Miss Peggy“. Wessen Idee steckte hinter dem originellen Einfall?

Ende 2000 wurde bei RADIO PSR eine einprägsame Idee für ein neues Drive-Time-Format am Nachmittag gesucht. Für mich war ohnehin klar, dass die Morningshow nicht mein Ding ist. Nicht nur von der Tageszeit her. Als Böttcher und Fischer damals Hals über Kopf gingen, hatte ich zusammen mit Steffen Lukas für drei Monate die Morningshow übernommen. 

Also war eine Nachmittagsshow schon viel eher geeignet für mich, zumal ich mit dieser Sendestrecke einige Erfahrungen hatte. Die Redaktion überlegte hin und her, wie man den Vornamen Peggy vom Allerweltsnachnamen Schmidt entkoppeln könnte und so entstand irgendwann „Miss Peggy“. 

Der Name ist mittlerweile zum richtigen Synonym geworden, auch im Funkhaus werde ich von vielen so genannt. Sogar im Auslandsurlaub wurde ich mal mit „Welcome Miss Peggy“ angequatscht. Ich war richtig erschrocken, woher die mich kannten, dann stellte sich heraus, dass sie nur meinen Vornamen gelesen hatten und mich entsprechend begrüßten. 

Ich mache den Spaß gerne mit zumal eventuelle Ähnlichkeiten mit dem rosaroten Muppet-Borstenvieh ja wohl eher nicht auszumachen sind, oder? Jedenfalls wollte ich eine Sendung, in die man sein Herz investieren darf, um dem Ganzen eine Richtung zu geben. Die hab’ ich ja auch bekommen und sie macht mir seit nunmehr zwei Jahren auch richtigen Spaß. Nebenher mache ich übrigens noch Gartenbeiträge für RADIO PSR.

Erzähl’ uns mal noch ein paar prägende Erinnerungen oder Anekdoten aus deinen bisher acht Radiojahren...

Ich kann eigentlich nur das bestätigen, was ich in meiner Wochenkurier-Kolumne, wo es auf süffisante Art und Weise auch um die Pop-Stars und Sternchen geht, immer schreibe: Die wirklichen Stars sind extrem nett und wissen ihrem Image auch bei Interviews gerecht zu werden. Die B- oder C-Stars benehmen sich dagegen oftmals daneben und sind nicht diszipliniert genug, um auf wenige Fragen ordentlich zu antworten. Gern erinnere ich mich an eine Sendung mit Otto Waalkes, wo wir uns gegenseitig im Schnellsprechen übertroffen haben. Die Hörer verstanden wahrscheinlich kein Wort, aber uns hat’s großen Spaß gemacht. 

David Hasselhoff kam mal ins Studio und fasste mir ­ während ich gerade moderiert hatte ­ von hinten an die Brüste. Wahrscheinlich hatte er schon etwas getrunken, ich hab’ mich auf jeden Fall furchtbar erschrocken. An lustige Abstürze, abgeschaltete Sendestudios und inszenierte Pannen erinnert man sich natürlich auch gern. 

Unser Haustechniker „Samson“ hat mal während ich auf der Toilette war, auf die Hausleitung umgestellt. Für mich war nur zu hören, dass die Musik aus der Rotation auf einmal ausgeht und Volksmusik zu hören ist. Ich bin wie eine Wilde zurück ins Studio gerast und hab’ erst dort dann festgestellt, dass ich auf die Schippe genommen wurde. 

Peggy, zum Schluss sollten wir auch deine Leidenschaft für Hörbücher nicht unerwähnt lassen. Was kannst du unseren Lesern denn aus diesem Segment empfehlen?

Ich hab’ als Radiomensch für das gesprochene Wort eine Menge übrig. Besonders auf langen Autonbahnfahrten lege ich gerne ein paar Hörbücher ein um mich von den faszinierenden Geschichten fesseln zu lassen. Unheimlich gern höre ich alles, was der vor kurzem verstorbene Gerd Westphal gelesen hat, zum Beispiel „Das Parfum“ von Patrick Süsskind. Auch das große Mann-Epos „Die Buddenbrocks“ oder „Siddhartha“ von Hermann Hesse kann ich nur empfehlen. Und zur Belustigung ist natürlich Dieter Bohlens-Hörbuch ganz prima. Ausschnitte davon kann ich dann immer süffisant verpackt für meine Sendung verwenden.

Stefan Förster
Aus RADIOJournal 2/2003
 

»... 'RADIO PSR sucht eine Moderatorin - Trauen Sie sich, auch wenn Sie keine Erfahrung haben' lautete der Anzeigentext. Die Bewerbungsfrist war schon fast abgelaufen und mein Brief trudelte als einer der letzten von 500 Bewerbungen im Leipziger Funkhaus ein. Natürlich hatte ich nicht damit gerechnet, schon drei Tage später zu einer Sprechprobe eingeladen zu werden. Gesucht wurde eine Wetterfee für die Morningshow und ich hatte meine ersten Tests damals mit Thomas Böttcher, der gemeinsam mit Uwe Fischer am Morgen moderierte. Programmchef Jürgen Vogel drückte mir gleich ein Buch über die Grundzüge des Radios in die Hand und meinte, 'nach Weihnachten sehen wir uns wieder'. Über die Feiertage hab’ ich die Radio-Bibel verschlungen und dabei zum ersten Mal festgestellt, dass 'Donut' nicht nur etwas zum Essen ist...«



»... Zuerst bekam ich
die Nachmittagssendung von 13.00 bis 16.00 Uhr bei RADIO PSR, damals noch eine Zeitschiene mit richtigen, klassischen Beiträgen, die sich an das einstündige politikorientierte Mittagsmagazin von 12.00 bis 13.00 Uhr anschloss. Meine wichtigsten Radioerfahrungen, die auch heute noch gelten, hab’ ich in dieser Zeit gemacht: Oberste Priorität ist nachwievor sich kurz zu fassen, auf den Punkt zu moderieren und wenn nichts zu sagen ist, lieber die Klappe halten als unnötige Informationen geben. Infos kann man natürlich auch mit Pointen verpacken ­ eine Sache, die mir sehr entgegenkommt...« 




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eine Menge übrig. Besonders auf langen Autonbahnfahrten lege ich gerne ein paar Hörbücher ein um mich von den faszinierenden Geschichten fesseln zu lassen. Unheimlich gern höre ich alles, was der vor kurzem verstorbene Gerd Westphal gelesen hat, zum Beispiel 'Das Parfum' von Patrick Süsskind. Auch das
große Mann-Epos 'Die Buddenbrocks' oder 'Siddhartha' von Hermann Hesse kann ich nur empfehlen. Und zur Belustigung ist natürlich Dieter Bohlens-Hörbuch ganz prima. Ausschnitte davon kann ich dann immer süffisant verpackt für meine Sendung verwenden...«




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• »Mit Miss Peggy auf der Arbeit« heißt ihre aktuelle Sendung von 10.00 bis 14.00 Uhr (Montag bis Freitag) bei RADIO PSR.

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