Interviews
mit Radioleuten und Radiomachern

»Es hat wirklich irre Spaß gemacht...«
Birgit Hahn im Gespräch über Radioleidenschaft, Rundfunkanekdoten
und Reisepläne

Wer am Vormittag den erfolgreichsten Sender der Hansestadt einschaltet, kommt um sie nicht herum: Birgit Hahn bleibt mit ihrer markanten Stimme, ihrer erfrischenden und sympathischen Art, sofort im Ohr. Sie versteht es, bei der Arbeit kurzweilig und witzig zu unterhalten und auf ihre ganz eigene Art und Weise „präsent“ zu sein. Beim Interview sprudeln die Geschichten nur so aus ihr heraus. Unkompliziert, süffisant und charmant ist sie auch hier. Birgit Hahn ist nicht umsonst Hamburgs beste Radiomoderatorin.

Birgit, viele Radioleute wollen schon zu Schulzeiten gewusst haben, dass sie später unbedingt in den Medien arbeiten wollen. War es bei dir genauso?

Na ja, nicht ganz. Geboren bin ich in Neumünster, aufgewachsen aber in der Marzipanstadt Lübeck. Ich hatte beim Abitur Bio- und Chemie-Leistungskurse belegt, weiß selber nicht mehr so genau warum. Allerdings stand ich schon immer gern auf der Bühne und habe bei kleineren Theatergruppen mitgemacht. Nach der Schule bin ich zum Studieren nach Aachen gegangen - mein Vater wohnte damals am Bodensee, meine Mutter noch in Lübeck und da war das genau die Mitte, um beide besuchen zu können. 

Irgendwie muss mir die naturwissenschaftliche Phase aus der Schule noch nachgehangen haben, denn ich entschied mich für ein Chemiestudium. Oder besser für drei Semester Chemie, wovon ich aber nur im ersten wirklich anwesend war. Um 8 Uhr die erste Vorlesung, um 10 Uhr dann ins Labor war doch nicht so ganz meine Welt. In Mathe kam ich nur durch Raterei weiter, dafür kannte ich die Mensazeiten auswendig. Ich wollte vor allem mit Menschen umgehen und habe dann nebenbei für die Aachener Nachrichten erste Artikel geschrieben. Dann entschied ich mich für ein Publizistikstudium in Münster. Hier ergab sich die Gelegenheit, für die Münstersche Zeitung zu schrieben. Im Rahmen des Studiums brauchte ich aber noch einen Praktikumsplatz für sechs Wochen. Eine Kommillitonin kam aus Hamm und hatte mir empfohlen, mal beim Lokalsender Lippe Welle Hamm vorbeizuschauen. Nach drei Tagen dort waren plötzlich Moderator und Redakteur nicht da und nur zwei Praktikanten und ein Volontär im Sender. Mit zittriger Stimme stand ich dann vorm Mikro und das war meine erste Live-Sendung im Radio. Ich musste Interviews führen und ich erinnere mich auch noch genau daran, dass die Bandmaschine mal ging und mal nicht und mir somit die Arbeit noch zusätzlich erschwerte. Leider habe ich davon keinen Mitschnitt mehr. Von 1990 bis 1991 moderierte ich dann tageweise die Morningshow in Hamm von 7.00 bis 8.00 Uhr. Das hieß um 5.33 Uhr mit dem Regional Express von Münster nach Hamm zu fahren. Für die eine Stunde gab es damals übrigens 50 Mark.

Mittlerweile war die Mauer gefallen, Deutschland wiedervereinigt und du bist in die spannenden Umbruchzeiten in Schwerin geraten...

Für ein weiteres Praktikum fragte mich eine Kommilitonin, ob ich es schon mal im Osten probiert hätte. So kam ich ins Schweriner Funkhaus, das nicht mehr richtig DDR-Rundfunk war aber auch noch nicht richtig zum NDR gehörte. Gewohnt haben wir damals im VEB Hoch- und Tiefbauheim Greven. In diesem Sommer 1991 bin ich mit dem Diensttrabbi übers Land gedüst, nachdem ich die „RMV-Trabbifahrprüfung“ bestanden hatte. Das waren acht wilde Wochen. Es gab zwei Schreibmaschinen für acht Leute und nur zwei Telefonleitungen aus dem Gebäude. Einer hatte immer die „Null“ gewählt und dann in die Runde gefragt, wer mal dringend telefonieren muss. Es hat wirklich irre Spaß gemacht. Nach einem halben Jahr Studium in Glasgow war ich in den Semesterferien immer in Schwerin, um als freie Mitarbeiterin mein Studium zu finanzieren. Gewohnt habe ich auf einen Wohnwagenplatz oder in einem Bootshaus, in dem früher DDR-Bonzen drin waren. 

Und deine Magisterarbeit hast du auch gleich über deine Schweriner Zeit geschrieben...

„Von RMV 1 zu NDR 1 Radio Mecklenburg-Vorpommern“ war der Titel der Arbeit. Ich habe dafür in Schwerin und Rostock recherchiert, wo sich ein alter Heizungskeller als eine wahre Goldgrube entpuppte. In zwei Stunden habe ich alles an Material kopiert, was ich kriegen konnte. In meiner Zeit bis 1995 war NDR 1 Radio MV ein reines Serviceradio, bei dem Land und Leute sowie speziell für die Ostdeutschen wichtige Themen wie Rente, Arbeitslosigkeit oder Versicherungen im Vordergrund standen. So bin ich viel im Land rumgekommen.

Dann bist du schließlich bei ffn in der beschaulichen Isernhagener Villa gelandet. Was ist dir aus dieser Zeit noch in Erinnerung?

Ende 1995 bekam ich von radio ffn Post, dass meine Bewerbung um ein Volontariat erfolgreich war. Gerade als ich angefangen hatte, wurde Rainer Cabanis neuer Programmdirektor. Mit dem Auto war es eine halbe Stunde von Hannover raus nach Isernhagen. Ein wirklich einmaliges Erlebnis. Es konnte durchaus vorkommen, dass mittags ein Reh durchs Studiofenster guckte. Nach einem Jahr stand der Umzug von ffn in die Stiftstraße in Hannover an. Am 31. März 1996 war meine erste Moderation in der Nacht.

An eine – damals allerdings weniger witzige - Geschichte aus der ffn-Zeit erinnere ich mich noch genau: Zum Start einer Tournee vom legendären Frühstyx Radio war ich mit dem Satellitenwagen in Hannovers Innenstadt unterwegs. Ich habe die Sat-Schüssel dann soweit rausgezogen, dass sich das Gestänge verbog und ich mit heraushängender Sat-Schüssel im Schritttempo zurück zum Sender fahren musste. Das war mein letzter Einsatz mit diesem Gerät. Danach bin ich nie mehr mitgefahren. 

Weiter ging es für mich am Nachmittag und als die Morningshow umstrukturiert wurde, war ich wieder früh an der Reihe. Zuerst in der Doppelmoderation mit Jens-Peter Beiersdorf und später mit Peter Imhof. Nach dem Ende meines Volontariats bin ich noch ein halbes Jahr als fest angestellte Redakteurin für die Unterhaltung (zum Beispiel Kino) geblieben. Dann bekam ich einen Anruf von Radio Hamburg-Programmdirektor Thomas Walde, der mich fragte, ob ich mich nicht mal bei ihm bewerben wolle. So musste ich mir ein Konzept für die Vormittagssendung überlegen, da es noch zwei Mitbewerber gab. Nach einem Kurzgespräch mit Thomas Walde und der damaligen Chefredakteurin Petra Bocken sowie der Empfehlung von Rick Demarest, dem damaligen Berater für ffn und Radio Hamburg, war klar, dass ich in die Hansestadt gehe.

In den letzten sechs Jahren warst du bei Radio Hamburg schon mit einigen Sendungen auf verschiedenen Programmplätzen zu hören. Was waren für dich die Highlights in dieser Zeit?

Zu Anfang war die Idee, dass ich in der Sendung »VipMäc« die Hörer am Party- und Promileben Hamburgs teilhaben lasse. Das hat aber aus zeitlichen Gründen nicht so richtig funktioniert. Es war ja nicht nur damit getan, dass ich vormittags moderierte sondern es musste auch noch eine Menge vorproduziert werden und vor allem war ich dadurch jeden Abend auf der Piste. Ganz schön anstrengend. Kuriose Aktionen hatten wir viele. So haben wir Hamburgs netteste Sekretärin gesucht, Drachen steigen vorm Studio veranstaltet - eben Stadt und Leute am Programm teilhaben lassen. Und man merkt dann sehr schnell, hey, die Leute hören einen wirklich. So sagte ich mal on air „das einzige, was ich am Singleleben hasse, ist die Flaschen in den dritten Stock hochzuschleppen“ und prompt kamen eine Menge Anrufe von hilfsbereiten Hörern. 


"3 Mega-Kerls mit BH" (August 1998)

Besonders Spaß machen mir die Promi-Interviews - zum Beispiel mit The Beautiful South oder Lionel Richie. Bei Seal wusste ich, dass er seine Interviews immer auf dem Hotelbett gibt. Nach einer sehr netten Stunde auf dem Hotelbett gab er mir einen Kuss auf die Wange und ich bin prompt rot geworden. Die Sendeschiene hat dann zwischenzeitlich gewechselt und ich war eine Zeit lang gemeinsam mit Jan Bastick am Nachmittag zu hören. Mittlerweile bin ich wieder in der angestammten Zeit von 10.00 bis 14.00 Uhr auf Sendung. Außerdem gebe ich den Volontären Fahrtraining im Studio. 

Du bist ein absoluter Reisefan und viel unterwegs...

Das stimmt. Wenn ich nicht gerade im schönen Hamburg bin, zieht es mich nach Australien, New York, Lanzarote, Mallorca, Schottland, Frankreich, London, Südafrika oder die Bahamas, um nur einige meiner letzten Reiseziele zu nennen. Ich bin gerne unterwegs und liebe es, woanders Land und Leute kennen zu lernen. 

Stefan Förster
Fotos: © Radio Hamburg
www.radiohamburg.de

Aus RADIOJournal 10/2004 



»... Kuriose Aktionen hatten wir viele. So haben wir Hamburgs netteste Sekretärin gesucht, Drachen steigen vorm Studio veranstaltet - eben Stadt und Leute am Programm teilhaben lassen. Und man merkt dann sehr schnell, hey, die Leute hören einen wirklich. So sagte ich mal on air 'das einzige, was ich am Singleleben hasse, ist die Flaschen
in den dritten Stock hochzuschleppen' und prompt kamen eine Menge Anrufe von hilfsbereiten Hörern...«
 




»... In diesem Sommer 1991 bin ich mit dem Diensttrabbi übers Land gedüst, nachdem ich die 'RMV-Trabbifahrprüfung' bestanden hatte. Das waren acht wilde Wochen. Es gab zwei Schreibmaschinen für acht Leute und nur zwei Telefonleitungen aus dem Gebäude. Einer hatte immer die 'Null' gewählt und dann in die Runde gefragt, wer mal dringend telefonieren muss. Es hat wirklich irre Spaß gemacht.
Nach einem halben Jahr Studium in Glasgow war ich in den Semester-ferien immer in Schwerin, um als freie Mitarbeiterin mein Studium zu finanzieren. Gewohnt habe ich auf einen Wohnwagenplatz oder in einem Boots-haus, in dem früher DDR-Bonzen drin waren...« 




• 2005 wurde Birgit Hahn
mit dem RADIOJournal-Rundfunkpreis in der Kategorie "Umgang mit den Hörern" im Rahmen der Charity Aktion »Radio Hamburg - Hörer
helfen Kindern« ausgezeichnet.
www.rundfunkpreis.net



Birgit Hahn
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