»Nachwirkung«
Radio kann mehr

Programmrubrik: 
hr-info
»50 Jahre Gastarbeiter
aus Italien« 
Riccardo Mastrocola

Wer Eva Zaher in ihrem Büro im Frankfurter Funkhaus besucht, erlebt eine Aktuell-Journalistin wie sie im Buche steht. Während sie gerade telefoniert und dabei eine eMail schreibt, begrüßt sie freundlich den Besucher. Als Leiterin des Ressorts Themen ist sie bei hr-info für eine große Bandbreite zuständig. Dazu gehört auch das Team für Wirtschaft, Soziales, Umwelt und Medien, das organisatorisch bei hr-info angedockt ist, vorwiegend auch für den Sender produziert, aber auch allen anderen Programmen im Haus und innerhalb der ARD Angebote macht.

So entstehen für hr1 viele Hintergrundstücke, Liberos in der Redaktion sind damit beschäftigt, geführte Interviews in Beiträge umzuwandeln, um sie dann dem Bedarf entsprechend zur Verfügung stellen zu können. Ebenso wie Hintergründe und Serien, die vor allem den nötigen Stoff für ein Wortradio liefern. Für ihre Arbeit sind ihr „Seriosität und Transparenz“ sehr wichtig und sie gibt ihrer Mannschaft Raum für richtig schöne und gute Beiträge. Eine Serie solcher Beiträge ist Riccardo Mastrocola gelungen, der als Planungsredakteur sonst neben seiner Tätigkeit als Reporter und Autor für die Koordination der Produktionen anderer Reporter und Hörfunkjournalisten zuständig ist.

Während Eva Zaher sich wieder in den Dienst der Aktualität stellt, zu der auch die Vorstellung von hr-info auf Veranstaltungen und Kongressen gehört, erzählt mir Riccardo Mastrocola von der Entstehung seiner Serie zum 50. Jahrestag der Gastarbeiterverträge mit Italien. „Das Thema haben viele Kollegen in der ARD aufgegriffen. Ich habe mir aber nicht wie so oft eine Struktur für eine Sendung überlegt, um dann einen bestimmten Bereich - zum Beispiel die politischen Rahmenbedingungen der damaligen Entscheidung oder
die Situation der Gastarbeiter als Ganzes - heraus zu suchen sondern mich auf fünf Italiener konzentriert, die lokale Bekanntheit besitzen und etwas zu sagen haben. Meine Idee war, die Reporter einzelne Geschichten erzählen zu lassen.“

Dass die Serie so gut gelungen sei, müsse man auch den verschiedenen Reportern zurechnen, gibt sich Riccardo Mastrocola bescheiden. Er sieht seinen Part vor allem in der Idee und Planung. „Ich habe mich mit der Vorarbeit beschäftigt, Manuskripte durchgesehen und die Personen für die einzelnen Beiträge herausgesucht. Einige Leute kannte ich schon durch Zeitungsartikel, wusste daher wo ich mich hinzuwenden hatte. So habe ich dann beim NDR in Wolfsburg oder beim Bayerischen Rundfunk in Würzburg angerufen, um von den dortigen Reportern die jeweilige Person - in Würzburg den Gründer der ersten Pizzeria in Deutschland - vorstellen zu lassen.“

Bewusst wollte sich Riccardo auf die Italiener konzentrieren, nicht auch noch die Spanier und Griechen mit einbauen, mit denen es ähnliche Verträge in zeitlicher Nähe gab. Auch seine persönlichen Wurzeln - Mastrocolas Vater ist Italiener - gaben mit den Ausschlag, sich ganz auf die eine Bevölkerungsgruppe zu konzentrieren. Dass die Serie so erfolgreich werden würde, war Riccardo zunächst gar nicht bewusst. „Man selbst sieht das ja immer sehr viel skeptischer“, berichtet er über seine Einschätzungen bei selbst verantworteten oder geplanten Beiträgen. „Schön fand ich aber von Anfang an, dass die Serie keinen Anspruch erhoben hat, die Integration oder Lebenseinstellung der jeweils portraitierten Person zu bewerten und nicht zuviel abdecken wollte. Damit übernimmt man sich dann.“

Bei seiner journalistischen Arbeit kann Riccardo Mastrocola auf eine große Bandbreite verweisen. Wenn er nicht alle fünf bis sechs Wochen als Planungsredakteur arbeitet, ist er als Reporter unterwegs, moderiert oder schreibt als Autor neue Beiträge - vor allem für hr-info. Entstanden sind aber auch längere Stücke in der Deutschlandradio Kultur-Sendereihe »Menschen und Landschaften« oder auch Produktionen für Bayern2 Radio oder WDR 5: „Ich mag es, zu dokumentieren und mich längeren Beobachtungen hinzugeben“, bekennt Riccardo Mastrocola, der im Frankfurter Vorort Kriftel aufgewachsen ist und später in Gießen Anglistik und in Nebenfächern Volkwirtschaft und Politologie studierte. Nebenbei schrieb er für das Feuilleton der Regionalzeitung und fing später beim Internationalen Audio Dienst (IAD) in Frankfurt an, einer Hörfunkagentur, die Reportagen für die ARD anbietet. Es folgte eine Bewerbung bei hr1, wo Riccardo 2002 anfing und zwei Jahre später zu hr-info wechselte. Hier kommt ihm die vielfältige Arbeit sehr zugegen. „Ich arbeite sehr gern reportierend, mache Berichte auf den Straßen, treffe dort gern die Leute.“

Sein Interesse an Umwelt- und  Themen rund um die Globalisierung kann er samstags um 20.30 Uhr und in der Wiederholung am Sonntag um 8.30 Uhr verwirklichen. Da läuft die Sendung »Umwelt und Entwicklung«, die für Riccardo Mastrocola auch eine direkte Verbindung zu seiner Reiseleidenschaft darstellt. „Ich bin gern unterwegs und nehme aus fernen Ländern Eindrücke und O-Töne
für meine Sendungen mit“, erzählt er. „Ich erinnere mich dabei an Reisen nach Westafrika und Südamerika - hier jüngst wieder Bolivien - und vor zwei Jahren war ich in Afghanistan, wo ich mit Helfergruppen durch das Land gefahren bin.“ Dass ihm einmal der Stoff für interessante Reportagen und gut gemachte Beiträge ausgehen wird, ist also nicht zu erwarten. Und das deutsche Radio profitiert davon.

Stefan Förster
Fotos: © Stefan Förster
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