Nachwuchspreis: SAEK Zwickau
»AIDS - Worüber keiner spricht«
Klasse 8a des
Peter-Breuer-Gymnasiums Zwickau, Schuljahr 2005/06
Als ich in die jetzige Klasse 9a des Peter-Breuer-Gymnasiums in Zwickau komme, erlebe ich sofort freundliche und aufgeweckte Schüler, die erwartungsvoll der kommenden Stunde entgegen sehen. Schließlich sollen sie mir und einem Kollegen aus der Lokalredaktion der Freien Presse erzählen, wie sie gemeinsam einen Hörfunkbeitrag für den Sächsischen Ausbildungs- und Erprobungskanal (SAEK) in ihrer Stadt gestaltet haben, der im Nachhinein so viel Beachtung und Anerkennung gefunden hat.
Zunächst erklärt Deutschlehrerin Sandy Zschutschke, wie es zu dieser Idee gekommen ist. „Im Deutschunterricht geht so etwas natürlich nur im Zusammenhang mit dem Lehrplan, wo - angemessen für die Altersstufe - eine Beschäftigung mit Medien vorgesehen ist.“
Da sie schon mit einer anderen Klasse ein Feature für den SAEK produziert hatte, wollte sie dies nun gern mit ihrem Deutschkurs wiederholen. Zum Thema „Wie lebt man anderswo“ wurden im Unterricht eine Reihe von Büchern vorgestellt, von denen die Wahl schließlich auf Allan Stratons „Worüber keiner spricht“ fiel. Ein packendes Werk, das sich mit der Ausbreitung von AIDS in Afrika befasst.
Dieses Buch sollte Grundlage des fünfzehnminütigen Features werden, für das Passagen des Textes von Schülern in eine radiotaugliche Fassung umgearbeitet wurden. Zur Vorbereitung fanden auch Gespräche mit Mitarbeitern der Katholischen Hilfsorganisation MISSIO statt, die mit ihrem Info-Bus in die Stadt kamen. „Dann kam Herr Schwarz vom SAEK und hat uns in vier Doppelstunden erklärt, wie Medien funktionieren“, erinnert sich Petra, „danach haben wir im Sender selbst eine Einweisung bekommen und haben die verschiedenen Aufgaben auf einzelne Schülergruppen verteilt.“
Ihre Mitschülerin Katharina berichtet von einem weiteren Besuch bei Frau Weiß von der AIDS-Hilfe, die zusätzliche Informationen zur Vorbereitung der Sendung beisteuern konnte. Danach ging es ans Schreiben der Dialoge und Redaktionstexte, andere kümmerten sich wiederum um die Musikauswahl. Stefanie, die im Stück die Wunderheilerin darstellte, erwähnt auch die umfangreichen Vorbereitungen durch den SAEK. „Uns wurde erklärt, wie man Umfragen macht oder was man bei einem Interview beachten muss. Wir waren wirklich motiviert und es hat uns viel Spaß gemacht. Sogar manchen Nachmittag haben wir im SAEK verbracht.“
Überrascht
waren viele Schüler über die vielfältigen Möglichkeiten der
klanglichen Umsetzung, erzählt Petra. „Die Musik war durchaus
ein Streitthema. Wir haben eine breite Auswahl an Geräuschen neu
aufgenommen und überlegt, was man von den vorhandenen CDs nehmen
kann.“ So entstand am Ende beim Zusammenschneiden ein breites
Feld an Geräuschen, das zum authentischen und hörenswerten
Charakter des Stückes beitrug. „Wir haben den Computer lange
nach möglichen Musikstücken durchforstet und
viel in kleineren
Gruppen diskutiert, was reinpasst“, erinnert sich Rebecca.
Ihr Mitschüler Korbinian denkt rückblickend an die Tücken des Einsprechens. „Das war ganz schön mühsam. Allein den Erzähltext von Markus haben wir drei Mal gemacht.“
Auch die Ergebnisse der Straßenumfragen zum Thema „Woran denken Sie bei AIDS?“ sollten mit verarbeitet werden. Dabei erlebten die Schüler, wie viel Unkenntnis und Oberflächlichkeit bei diesem Thema auch bei Erwachsenen anzutreffen ist.
„Die Umfragen
waren nicht so einfach“, sagt Katharina, „da sie früh gegen acht
Uhr entstanden sind, waren viele Leute in Eile und es blieben
vor allem Ältere stehen. Da merkte man dann manchmal,
das nicht
so viel Wissen vorhanden ist.“
Schwierig fand
sie es die Interviews zu filtern, um eine Auswahl zu treffen,
was man nehmen kann. „Letztendlich merkt man hier sehr deutlich,
wie viel Material man zusammentragen muss, um zum Schluss eine
Viertelstunde füllen zu können.“ Doch das Mikrofon in der Hand
auf dem Weg hinaus in das Zwickauer Alltagsleben hatte auch
seine Vorteile. „Wenn man den Leuten ein Mikro unter die Nase
hält, verliert man seine eigene Nervosität“, schätzt Kevin ein,
der die gute Zusammenarbeit der verschiedenen Gruppen, die sich
um Musik, Schnitt oder Konzeption gekümmert haben, hervorhebt.
„Das war eine Gemeinschaftsleistung der ganzen Klasse, die uns
noch mehr zusammengebracht hat.“
Ob es denn besonders mutig sei, dass sich ausgerechnet ein Katholisches Gymnasium dieses für die Amtskirche doch nicht unproblematischen Themas annehme, will ich dann von der Klasse wissen. Doch das war nie ein Problem, erfahre ich, alles lief viel unkomplizierter ab. Schließlich werde das soziale Engagement bei der Kirche groß geschrieben und auf die Art, wie man mit dem Thema umgehe, kommt es wohl auch bei der Beschäftigung mit AIDS an.
So sehr die mehrmonatige Arbeit für das Feature der Klasse auch Spaß gemacht hat, ob es jemanden später in die Medienwelt verschlagen wird, darauf will sich keiner festlegen. „Dafür ist es einfach noch zu früh“, gibt mir Petra zu verstehen. Danach geht es zum Gruppenfoto auf den Schulhof vor die efeuberankte Hauswand, die an diesem milden Spätnovembervormittag von der Sonne beschienen wird. Anschließend stiebt die Klasse zum Mittagessen auseinander. Eine angenehme und für mich interessante Stunde ist zu Ende. Aber das Feature wird sicher allen noch lange in Erinnerung bleiben.
Stefan
Förster
Foto: © Stefan Förster
www.saek.de